Erstmal vielen Dank für deine vielen Zitate.
Smaragd aus Oz hat geschrieben:
aber vielleicht lieferst Du - wenigstens mal einen einzigen - Beleg für Deine bisher in den Raum gesponnenen Behauptungen.
Gerne, und dazu zitiere ich fast aus dem von dir zitierten berühmten Urteil:
Smaragd aus Oz hat geschrieben:Hier sicherheitshalber die Begründungskette eines Gerichtes aus einem berühmten Urteil nach der 2008er Reform:
Die Vornahme einer sexuellen Handlung im Sinne des § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB setzt einen solchen Kontakt demgegenüber nicht voraus, sondern kann auch dann gegeben sein, wenn das Tatopfer etwa im Fall des so genannten Posings in einer obszönen Haltung abgebildet wird[/color] (vgl. BGHSt 43, 366 ff.; Röder a.a.O.) oder sexuelle Handlungen nur angedeutet werden. [...] Die von dem Angeklagten gefertigten Bilder erfüllen diese Voraussetzungen jedenfalls überwiegend, da ungeachtet des Umstandes, dass der Junge auf ihnen vollständig bekleidet ist, für einen unbefangenen Betrachter aufgrund der unnatürlichen Art und Weise, mit der der Junge die Gurke handhabt :shock: , jedenfalls im Fall der ersten drei aufgeführten Bilder unmittelbar deutlich wird, dass mit den Bildern ein Oralverkehr nachgestellt wird, wobei die Salatgurke jeweils als Platzhalter für ein erigiertes männliches Glied fungiert.[...]
Alles: 8 KLs 2/10
Also zitierst du aus einem Urteil, was vom BGH in genau dem wichtigen Punkt korrigiert worden ist:
Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen dreier am 12. August 2009 in der Absicht der Verbreitung angefertigter Bilder wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 3 i.V.m. § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB (Fall II.13 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und vier Monate) verurteilt hat, rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt lediglich eine Bestrafung wegen des Herstellens pornografischer Schriften nach § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB.
....
Das verleiht den Fotos die Qualität pornografischer Schriften im Sinne des § 184 Abs. 1 StGB (vgl. Laufhütte/Roggenbuck, aaO, § 184 Rn. 5 bis 8), die der Angeklagte gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 StGB hergestellt hat.
BGH, 16.03.2011 - 5 StR 581/10
Also, der Mann, der das Salatgurkenfoto hergestellt hat, hat ein
pornographisches Foto von einem Kind hergestellt. Aber er wurde nur nach
§184 verurteilt, Höchststr. 1 Jahr, nicht für die Herstellung kinderpornographischer Schriften nach
§184b (1) mit Höchststrafe 5 Jahre, bzw. wie im Urteil nach 176a .
Das bedeutet ja doch wohl, dass das Salatgurken-Bild eben
nicht als kinderpornographisch im Sinne des 184b klassifiziert wurde. Sondern lediglich als pornographisch.
OK. In den Kommentaren steht Folgendes:
Schönke Schröder, 28. Auflage, 2010
§ 184b Randnummer 3a:
Bei bloß heimlich angefertigten Nacktaufnahmen eines Kindes liegt noch keine sexuelle [korrekt: sexülle. Anm. SaO] Handlung vor. Erfasst werden als sexuelle Handlung "von" einem Kind allerdings nicht nur Fälle, in denen das Kind Handlungen an sich selbst vornimmt, sondern auch Fälle, in denen es sexuell aufreizend posiert (BT-Drs. 16/3439 S. 9; ....); auf einen Körperkontakt kommt es schon nach dem Wortlaut nicht mehr an.
16/3439 bezieht sich allerdings auf den Entwurf, der in der Form gar nicht durchgekommen ist. Also auf gar kein offiziell zu Recht gewordenes Dokument.
Nomoskommentar, 3. Auflage, 2010
Da das obige BGH-Urteil vom 16.03.2011 ist, können beide Kommentare das noch gar nicht berücksichtigt haben.
Also mal auseinanderklamüsern was wir real haben:
1.) Da war die Absicht der Regierung, Posing-Bilder zu kriminalisieren.
2.) Die ursprüngliche Formulierung würde dies auch erreichen, allerdings nur wenn man ein Posieren als sexuelle Handlung klassifiziert. Diese Absichtserklärung erklärt ausreichend die von dir zitierten Quellen,
3.) In der modifizierten (und dann auch angenommenen) Version wurde dies wieder durch einen Hinweis auf §176 (1) ergänzt. Dies ist nur sinnvoll, wenn dieser Paragraph beschreibt, um was es genau geht.
4.) Ich sehe einen zumindest potentiellen Widerspruch zwischen §176 (1) und "von, an oder vor Kindern", weil ein einzelnes onanierendes Kind zwar als sexuelle Handlung von einem Kind betrachtet werden kann, aber nicht unter §176 (1) fällt, auf den nun einmal nach Gesetzestext verwiesen wird. Da aber so ein Verweis nun einmal dazu da ist, etwaige Verständnisprobleme aufzuklären, müsste hier der Verweis das sein, was entscheidend ist. Ein formal-logischer Widerspruch besteht sowohl beim allein onanierenden als auch bei mehreren onanierenden, solange sie sich gegenseitig nicht berühren, da beides nicht unter §176 (1) fällt. Die Kids würden nur gegen §176 (4) verstoßen.
5.) Wir haben das BGH-Urteil, nach dem das Salatgurken-Bild nicht unter §184b verurteilt wurde, und das obwohl es als pornographisch klassifiziert wurde.
6.) Ein Präzedenzfall wo ein Bild eines onanierenden Kindes bis nach oben durch unter §184b fällt hab ich bisher nicht gefunden.
Ich fasse das Ganze mal unter unklar zusammen. Und wenn irgendjemand wegen Besitz von einzelnen onanierender Nackedeis einen Prozess kriegt, würde ich seinem Rechtsanwalt empfehlen, das bis ganz nach oben durchzutesten.
In jedem Fall hätten wir, aufgrund des Widerspruchs, einen für die Kompetenz des Gesetzgebers sehr peinlichen Fall: Eine Unfähigkeit, eindeutige Gesetze auch nur zu formulieren.