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Sascha
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Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Sascha »

Ich denke, dexter hat ein Thema angeschnitten, was doch aus dem bisherigen Kontext der Diskussion rausfällt, aber interessant ist. Daher denke ich, dass es besser ist, das zu separieren.

Es ist gewissermaßen Metaethik, also die Frage, wie, mit welchen Methoden ethische Fragen überhaupt betrachtet und gelöst werden können.

Daher beginne ich mal mit einem fast-fullquote:
Während du davon ausgehst, dass falsche Theorien den Schaden bewirken (und man dafür nicht verantwortlich gemacht werden kann, weil man nicht wissen kann, dass die Theorie falsch ist), bin ich der Meinung, dass es (bezüglich des Schadens und damit für die ethischen Wertung des Handelns) nicht entscheidend ist, welche Theorie vertreten wird, sondern, dass es entscheidend ist, welche Handlungsmaximen man innerhalb dieser Theorie anwendet. Und ich bin überzeugt davon, dass jeder zwischen richtigen und falschen Handlungsmaximen unterscheiden kann. Dabei geht es nicht um ein a priori, sondern einfach darum, dass der Mensch Mensch bleibt, an Menschliches gebunden ist, mit Menschen verbunden und damit immer Teil einer Gemeinschaft ist. Die aus solchen emotionalen Banden abzuleitenden, gemeinhin als positiv und produktiv gewerteten und dadurch in fundamentaler Hinsichcht als gültig bzw. erstrebenswert zu erklärenden Prinzipien wie Loyalität, (Nächsten)Lliebe, Zuneigung, Freundschaft und Schutz, (im Gegensatz zu Hass, Verrat, Zufügen von Schaden, Egosimus und Mangel an gegenseitigem Respekt) können (und sollten) durchaus als Universalien angesehen werden, welche es vermögen, jede noch so quere oder "falsche" Theorie zu durchdringen. Diesen positiven Affekten und Emotionen (in Wahrheit sind sie noch viel mehr als das) ist durchaus der Status ethischer Prinzipien beizumessen, weil sie in sich erstrebenswert sind. Ich sehe aber schon ein, dass du nicht so siehst, diese gerne im diffus-metaphysichen Bereich der Gefühle belassen möchtest, vermutlich, weil man ja nicht gegenüber Gefühlen zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern gerade erst gegenüber ethischen Prinzipien. Erst aus diesen ergeben sich ja Verpflichtungen. Und ich glaube, dass es ja das ist, was du vermeiden möchtest: Nächstenliebe als ehtisches Prinzip in dein theoretisches Gefüge einzubauen.
Ich habe kein Problem mit Gefühlen, sondern mit moralischem Relativismus, der sich auf die Irrationalität von Gefühlen beruft. Ich habe das Gefühl, einvernehmlicher Sex mit Kids ist völlig ok. Anti X hat hingegen das Gefühl, das jemand, der den Pimmel eines Kindes auf einem Bild auch nur ansieht, eine perverse Sau ist, die man vergasen sollte. Und nun? Es gibt keine rationalen Argumente gegen Gefühle, also ist das eine so gut wie das andere, und, naja, das Gefühl der Mehrheit gibt halt den Ausschlag und definiert gewissermaßen, was gerade gerecht ist.

Das passt mir offen gesagt nicht. Bei mir, klar, zuallererst mal deswegen, weil ich in diesem Beispiel halt einer der ersten Kandidaten für das nächste Auschwitz bin. Aber eigentlich sollte es jedem klar sein, dass ein solcher irrationaler Gefühls-Gerechtigkeitsbegriff einfach schon deshalb schlecht ist, weil er in einem neuen Auschwitz enden wird, egal wer nun gerade dort das nächste Opfer ist.

Denn der Schutz der Gemeinschaft, des Nächsten, vor Feinden, vor dem Bösen, ist ja genauso ein positives Gefühl wie Loyalität, (Nächsten)Lliebe, Zuneigung, und Freundschaft, du hast ja selbst "Schutz" mit dazugezählt. Und wenn das Böse hinreichend schlimm ist, ist Auschwitz nichts als Notwehr. Und was hinreichend schlimm ist, ist ja wiederum nur ein Gefühl.

Was tun gegen diese Irrationalität der Gefühle? Ich denke, wir müssen rationale Methoden finden, ethische Thesen zu kritisieren. Gefühle wie die oben beschriebenen müssen kritisierbar sein, es kann nicht sein, dass wir uns einfach mit unbegründeten, unbegründbaren Gefühlen abfinden müssen.

Sicher, rationale Ethik ist heute leider noch keine allzu hoch entwickelte Wissenschaft. Wir sind eher in der Lage dessen, der unter der Lampe seinen verlorenen Schlüssel sucht, weil er dort wenigstens was sehen kann. Diese Lampe sind eben die rationalen Prinzipien.

Aber ganz so hilflos sind wir doch nicht. Wir können Prinzipien aufstellen, und dann versuchen, sie in den verschiedensten Situationen anzuwenden, und dort mit unseren Gefühlen vergleichen. Und wenn es da sehr große Konflikte gibt, dann taugen die vorgeschlagenen Prinzipien nichts. Bei dieser Methode spielen die Gefühle durchaus eine Rolle für die Begründung der Prinzipien.

Dann gibt es zur Bewertung von Prinzipien auch solche allgemeinen wissenschaftlichen Ideen wie Einfachheit, Allgemeinheit, Erklärungskraft, ethischer Gehalt.

Wenn aber Prinzipien diese Überprüfung hinter sich haben, dann können wir sie in konkreten Situationen anwenden, und damit die konkreten Gefühle, die verschiedene Leute in diesen Situationen haben, rational kritisieren.

Dass ich mich selbst in meinen ethischen Gedankengängen auf Prinzipien konzentriere, ist sicherlich eine persönliche Frage. Es hat auch damit zu tun, dass mir gewisse Gefühle wie Hass und Neid ziemlich fremd sind, dass ich den ersten Stein auch dann nicht schmeißen würde, wenn ich ohne Sünde wäre, damit, dass ich sowieso Wissenschaftler bin und rationales Denken einfach mag.

Aber es bedeutet keineswegs, dass ich Gefühle als irrelevant ansehe, vermeiden möchte, dass Gefühle in meinen Konstruktionen keine Rolle spielen. Sie sind wichtig, um verschiedene Vorschläge für ethische Prinzipien zu kritisieren. Ich habe ja letzten Endes auch mit dem Gefühl argumentiert, es sei richtig, die Wahrheit zu sagen. Und damit Prinzipien kritisiert, aus denen folgen würde, dass man in bestimmten Situationen lügen müsste.

Vielleicht ein Bild: Gefühle sind so etwas wie die Steine, die wir brauchen, um ein Haus zu bauen. Und die rationalen Prinzipien so etwas wie Zement, der das Ganze zusammenhält. Gefühle ohne rationale Prinzipien sind wie ein Haus, was jeden Moment über uns zusammenstürzen kann.
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Perma
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Perma »

Sascha hat geschrieben:Aber ganz so hilflos sind wir doch nicht. Wir können Prinzipien aufstellen, und dann versuchen, sie in den verschiedensten Situationen anzuwenden, und dort mit unseren Gefühlen vergleichen.
Das stimmt denke ich, so prinzipiell. Wie will man aber nun ein Prinzip überprüfen, daß sich aufgrund eines schlechten Gefühls einer Prüfung entzieht?

Da die überwiegende Mehrheit z.B. bei der Diskussion um einvernehmlichen Sex mit Kindern eher das Kotzen kommt, ist diese wohl nicht daran interessiert, überhaupt in Erwägung zu ziehen, dieses Gefühl und das Prinzip einvernehmlichen Sex mit Kindern abzulehnen könnte unter Umständen nicht ganz richtig sein.

Diese Gruppe ist nun auch nicht gereade daran interessiert, sich irgendwie rational damit zu beschäftigen, weil das Gefühl, was sie haben, so dermaßen schlecht ist, daß alles andere gar nicht wahrgenommen wird.
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Ovid
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Ovid »

Gefühle sind ja allgemein noch sehr vage. Ich würde da trennen in affektive, primitive Emotionen und "ethische" Gefühle, die einen dazu veranlassen sich ein umfassenderes komplexeres Urteil zu bilden.
Beispiel: Wenn ein Kind weint, dann werden allgemein affektive Emotionen des Mitleids ausgelöst. In der Regel versucht man diesem Zustand zu beenden.
Wenn das Kind allerdings eine Impfung erhält, dann wird das primitive Gefühl vom "ethischen" Gefühl übertrumpft. Denn man weiss, dass die Impfung gut für das Kind ist.

Zweiteres ist sicher rational fundiert (Saschas Zement).

Das hilft aber oftmals nicht, denn die menschliche ratio wird immer dann getäuscht, wenn man Sachverhalte beurteilen muss, die einen Menschen direkt betreffen. Und da kann jeder nicht anders, als sich selbst als Maß der Dinge zu nehmen.

Man sehe sich beispielsweise diesen Vater an:
http://girlloverforum.net/forum/viewtop ... f=7&t=8322

Er ist davon überzeugt seiner Tochter etwas Gutes zu tun. Auch als sie weinte...war er sich sicher, dass sie nur etwas Ansporn brauchte. So wie die Impfung bei einem Arzt.
Auch, so ist der Vater überzeugt, mache sie das ganze tatsächlich "einvernehmlich", denn er hat sie ja gefragt. Und so sehr es jedem Zuschauer direkt ins Auge sticht, dass sie das über sich ergehen lässt nur um die Erwartungen ihres Vaters zu erfüllen, ist der Vater sich sicher richtig und gut für seine Tochter zu handeln.

Das zeigt ganz gut die Grenzen unserer Moralfähigkeit auf. Wir greifen leider immer nur indirekt auf unsere Rationalität zu. Verwaschen durch den menschlichen Eigenbezug. "Schließlich dreht sich die Welt ja doch um uns". Zumindest nach unserem Gefühl.
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Sascha
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Sascha »

Perma hat geschrieben:Da die überwiegende Mehrheit z.B. bei der Diskussion um einvernehmlichen Sex mit Kindern eher das Kotzen kommt, ist diese wohl nicht daran interessiert, überhaupt in Erwägung zu ziehen, dieses Gefühl und das Prinzip einvernehmlichen Sex mit Kindern abzulehnen könnte unter Umständen nicht ganz richtig sein.
Trotzdem können wir ethisch argumentieren, indem wir allgemeinere ethische Prinzipien, die sich in vielen anderen Fragen bewährt haben, anführen, und zeigen, dass der heutige Zustand schlimm und ungerecht ist.

Sicherlich, Argumente helfen immer nur bei denen, die bereit sind, Argumente anzuhören und drauf einzugehen. Und das sind heute leider nur wenige.
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Perma »

Wir können sicherlich eine ganze Menge Argumente anführen. Ich stelle mir nur dabei die Frage, wie man erreicht, daß die Argumente nicht ignoriert sondern gehört und vor allem verstanden werden.

Wenn mir mein Gefühl und vielleicht sogar mein Wissen sagt, daß es nicht richtig sein kann und dem Kind schadet, gewaltsam in seine Intimsphäre einzudringen, dann kann das Vorgehen der staatlichen Gewalt, der Gesellschaft und auch Eltern nicht richtig sein.

Auf der anderen Seite, sagt denen ihr Gefühl, daß es nicht richtig sein, daß ein Kind Sex mit einem Erwachsenen hat und ihm das schaden muß.

Die Mißbrauchs-Hyterie ist doch schon eine selbsterfüllende Prophezeiung geworden, meiner Meinung nach jedenfalls. Man redet so lange auf das Kind ein, bis es davon überzeugt ist, daß es mißbraucht worden ist und natürlich kann die Ursache dafür nur sein, daß es tatsächlich mißbraucht worden ist.

Vielleicht liege ich auch völlig falsch und habe eine gravierende Wahrnehmungsverzerrung.

Wo ist aber nun die Basis, auf der man sich sachlich und mit Argumenten, die verifizierbar sind, über die ethischen Prinzipien diskutieren kann?

Da es immerhin um das Kind geht, was wir und die schätzen und vorgeben zu lieben, sollte da nicht vordergründig das relevant sein, was das Kind denkt und fühlt. Manche Kinder sollen sogar in der Lage sein, sich mit Worten zu artikulieren. Man muß dann natürlich zuhören und zuhören wollen.

Wäre das Grundprinzip Was Du nicht willst, was man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu eine Basis für eine Diskussion? Wie würde man selbst empfinden, wenn irgendwer die eigene Intimsphäre eindringen würde, egal ob durch wen?

Vielleicht sollte man einfach bei Null anfangen und sich die Frage stellen, was das Kind eigentlich denkt, fühlt und will, welche Bedürfnisse es hat. Anstatt immer nur über das Kind zu reden, dazu übergehen mit ihm reden. Das Kind wartet vielleicht nur darauf, das man das tut. Vielleicht ist alles doch auch ganz einfach.

So, ich weiß nun nicht mehr weiter, kann jemand helfen?
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Follower of Mara
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Follower of Mara »

Sascha hat geschrieben:
Was tun gegen diese Irrationalität der Gefühle? Ich denke, wir müssen rationale Methoden finden, ethische Thesen zu kritisieren. Gefühle wie die oben beschriebenen müssen kritisierbar sein, es kann nicht sein, dass wir uns einfach mit unbegründeten, unbegründbaren Gefühlen abfinden müssen.
[...]
Dann gibt es zur Bewertung von Prinzipien auch solche allgemeinen wissenschaftlichen Ideen wie Einfachheit, Allgemeinheit, Erklärungskraft, ethischer Gehalt.
Erklärungskraft? Was soll denn durch die Prinzipien erklärt werden? Unsere Gefühle und Intuitionen?
Und was genau ist ethischer Gehalt? Die Menge aller Sachverhalte, die durch die Prinzipien positiv bzw. negativ bewertet werden?
So wie es für mich aussieht, sind das doch alles rein formale Anforderungen. Auch absurdeste Theorien können diese Kriterien erfüllen. Und wie will man sich dann zwischen diesen verschiedenen Theorien entscheiden, wennn nicht mittels Gefühlen und ähnlichen Dingen? Prinzipien verlagern die Diskussion nur auf eine Meta-Ebene. Es hat also auch Vorteile, sich direkt auf Gefühle zu berufen: Es ist ehrlicher und jeder kann mitreden.
Man kann auch rational dafür argumentieren, dass man Pädophile vergasen/kastrieren/whatever sollte. Dass die, die so etwas fordern, das in der Regel nicht tun, liegt eher an deren Absichten, Bildung, Intelligenz, Charakter oder ähnlichem.
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Quarz »

I*like*the*dawn hat geschrieben: ...
So wie es für mich aussieht, sind das doch alles rein formale Anforderungen.
So eine formale Anforderung wäre z. B., dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. (Egal ob es jetzt ein geschriebenes Gesetz ist oder nur ein Moralisches.)
I*like*the*dawn hat geschrieben: Auch absurdeste Theorien können diese Kriterien erfüllen. Und wie will man sich dann zwischen diesen verschiedenen Theorien entscheiden, wennn nicht mittels Gefühlen und ähnlichen Dingen? Prinzipien verlagern die Diskussion nur auf eine Meta-Ebene. Es hat also auch Vorteile, sich direkt auf Gefühle zu berufen: Es ist ehrlicher und jeder kann mitreden.
Man kann auch rational dafür argumentieren, dass man Pädophile vergasen/kastrieren/whatever sollte.
Pädophilen sprechen viele Leute das Menschsein ab, und tun ganz offen und ehrlich ihren Hass kund.
Solange diejenigen nicht an die Vernunft glauben, wirst du auch nicht mit ihnen diskutieren können. (Du willst doch nicht etwa ihre wahren und tiefen Gefühle wegmanipulieren ;-) )
I*like*the*dawn hat geschrieben: Dass die, die so etwas fordern, das in der Regel nicht tun, liegt eher an deren Absichten, Bildung, Intelligenz, Charakter oder ähnlichem.
Intelligenz beinhaltet eine rationale Haltung. Diese verbietet es z. B. Pädophile von Diskussionen auszuschließen - was ja unter den Stichworten
"Täterdenken" und "kognitive Verzerrung" ganz einfach geht.
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Follower of Mara
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Follower of Mara »

Quarz hat geschrieben: So eine formale Anforderung wäre z. B., dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. (Egal ob es jetzt ein geschriebenes Gesetz ist oder nur ein Moralisches.)
Nein, das ist schon eine sehr vorraussetzungs- und inhaltsreiche Position, über die man mit Rückgriff auf Prinzipien durchaus streiten könnte. Was ist der Mensch, der vor dem Gesetz gleich ist? Schon ein Embryo? Ein Säugling, der ohne Gehirn geboren wurde? Ein Hirntoter? Menschliches Gemüse? Was ist mit einer Kreuzung Mensch-Schimpanse? Oder einem super-intelligenten Bonobo?
Die Gleichheit der Menschen einfach zu postulieren oder gar als formales Prinzip zu verkaufen, ist dogmatisch.

Pädophilen sprechen viele Leute das Menschsein ab, und tun ganz offen und ehrlich ihren Hass kund.
Solange diejenigen nicht an die Vernunft glauben, wirst du auch nicht mit ihnen diskutieren können.
Eben, in den meisten Fällen eher ein sozial-psychologisches Problem, kein sachliches. Es wird sich auch in diesen Kreisen jemand finden, der sich auf die Spielregeln eines üblichen, rationalen Diskurses einlässt.
Intelligenz beinhaltet eine rationale Haltung. Diese verbietet es z. B. Pädophile von Diskussionen auszuschließen - was ja unter den Stichworten
"Täterdenken" und "kognitive Verzerrung" ganz einfach geht.

Das wäre zu diskutieren. Warum sollte es nicht rational für eine Gruppe sein, andere von der Diskussion auzuschließen?
Wenn ich über das dritte Reich diskutieren wollte, würde ich beispielsweise auch Horst Mahler und seine Kameraden davon ausschließen. Mit wirren Esoterikern zu diskutieren, ist zeitverschwendung. Ich finde, das ist eine rationale Haltung.
Aber das zu entscheiden, wäre wieder eine inhaltliche Frage, um die es in diesem Thread ja nicht gehen soll ;)
Quarz
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Quarz »

I*like*the*dawn hat geschrieben: Nein, das ist schon eine sehr vorraussetzungs- und inhaltsreiche Position, über die man mit Rückgriff auf Prinzipien durchaus streiten könnte. Was ist der Mensch, der vor dem Gesetz gleich ist? Schon ein Embryo? Ein Säugling, der ohne Gehirn geboren wurde? Ein Hirntoter? Menschliches Gemüse? Was ist mit einer Kreuzung Mensch-Schimpanse? Oder einem super-intelligenten Bonobo?
Ich sage, Menschen sind diejenigen vernunftbegabten Wesen, die die Menschheit bilden. Es gibt dagegen keine Bonoboheit, weil dazu der Austausch rationaler Argumente gehört.
I*like*the*dawn hat geschrieben: Die Gleichheit der Menschen einfach zu postulieren oder gar als formales Prinzip zu verkaufen, ist dogmatisch.
Die Gleichheit der Menschen ist kein Dogma, sondern Glaubenssache. Ich glaube daran, weil man Konflikte auf dieser Grundlage rational lösen kann.
I*like*the*dawn hat geschrieben: Eben, in den meisten Fällen eher ein sozial-psychologisches Problem, kein sachliches. Es wird sich auch in diesen Kreisen jemand finden, der sich auf die Spielregeln eines üblichen, rationalen Diskurses einlässt.
Warum sollte Pädophilenhasser das tun? Dazu muss er die Einstellung haben, dass er selbst sich irren kann und der andere Recht hat. Gefühle hat aber jeder für sich. Und wenn er Pädophile aufrichtig hasst, wird er höchstens noch darüber diskutieren wollen, wie man sie man besten zur Strecke bringt.
I*like*the*dawn hat geschrieben: Das wäre zu diskutieren. Warum sollte es nicht rational für eine Gruppe sein, andere von der Diskussion auzuschließen?
Wenn ich über das dritte Reich diskutieren wollte, würde ich beispielsweise auch Horst Mahler und seine Kameraden davon ausschließen. Mit wirren Esoterikern zu diskutieren, ist zeitverschwendung. Ich finde, das ist eine rationale Haltung.
Aber das zu entscheiden, wäre wieder eine inhaltliche Frage, um die es in diesem Thread ja nicht gehen soll ;)
Ich sage nicht, dass man niemals jemanden von einer Diskussion ausschließen darf (z. B. einen Störer). Aber die Grundlage einer Diskussion ist die Bereitschaft voneinander zu lernen. Wenn ich jemanden aufgrund von "Täterdenken" ausschließe, zeugt das von Dogmatismus.

Esoteriker suchen dagegen nicht nach der Wahrheit oder einer rationalen Konfliktlösung. Deshalb ist es schwierig oder unmöglich mit ihnen zu diskutieren.
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Sascha
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Sascha »

I*like*the*dawn hat geschrieben:
Sascha hat geschrieben: Dann gibt es zur Bewertung von Prinzipien auch solche allgemeinen wissenschaftlichen Ideen wie Einfachheit, Allgemeinheit, Erklärungskraft, ethischer Gehalt.
Erklärungskraft? Was soll denn durch die Prinzipien erklärt werden? Unsere Gefühle und Intuitionen?
Ja.
Und was genau ist ethischer Gehalt? Die Menge aller Sachverhalte, die durch die Prinzipien positiv bzw. negativ bewertet werden?
Ja.
So wie es für mich aussieht, sind das doch alles rein formale Anforderungen.
In gewissem Sinne schon. So ähnlich wie Logik.
Auch absurdeste Theorien können diese Kriterien erfüllen. Und wie will man sich dann zwischen diesen verschiedenen Theorien entscheiden, wennn nicht mittels Gefühlen und ähnlichen Dingen?
Die Gefühle sind auch ein Mittel. Welches uns vor den absurdesten Theorien schützt, die trotzdem alle formalen Kriterien einhalten.

Die formalen Kriterien schützen uns vor der Unbeständigkeit und Irrealität unserer Gefühle. Heute so, morgen so, oder bei dem so bei dem so, dagegen helfen formale Forderungen nach Gleichberechtigung. Fahrlässige Tötung maximal 5 Jahre, einvernehmlicher Blowjob mindestens 2 Jahre, dagegen hilft die formale Forderung nach Verhältnismäßigkeit.
Prinzipien verlagern die Diskussion nur auf eine Meta-Ebene. Es hat also auch Vorteile, sich direkt auf Gefühle zu berufen: Es ist ehrlicher und jeder kann mitreden.
Und es gibt keine rationalen Argumente mehr.
Man kann auch rational dafür argumentieren, dass man Pädophile vergasen/kastrieren/whatever sollte. Dass die, die so etwas fordern, das in der Regel nicht tun, liegt eher an deren Absichten, Bildung, Intelligenz, Charakter oder ähnlichem.
Nein, daran, dass man es bestenfalls versuchen kann, aber das wars auch schon. Die sachlichen Argumente dafür gibt es einfach nicht.
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dex
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von dex »

Spannender Beitrag, danke Sascha.


Der Vorteil von (auch irrationalen) Gefühlen ist ja, dass sie näher an der Sache dran sind. Durch Gefühle vermögen wir es, uns mit dem Einzelfall zu beschäftigen, weil wir mit diesem zu tun haben. Das heisst nicht, dass wir durch die Beruteilung des Einzelfalls mittels unserer Gefühle diesem gerecht werden müssen, aber von allgemein gehaltenen ethischen Prinzipien lässt sich das ja auch nicht sagen, weil diese ggf. gerade vor dem Einzelfall versagen können. Wir sind demnach, wie Sascha ja auch sagt, auf unsere Gefühle angewiesen, und sei es nur, um mit unserer praktischen Urteilskraft zu Ergebnissen zu gelangen, mit welchen grössere und kleinere Probleme in alltäglichen Leben gelöst werden können.
Ich denke, dass es beide Aspekte braucht: Ethische Prinzipien, die wir mit unseren Gefühlen vergleichen, aber auch Gefühle, welche wir mit ethischen Prinzipien in Übereinstimmung zu bringen versuchen. Natürlich lässt sich gegen Gefühle nicht rational argumentieren, aber gegen die (potentiell) von Gefühlen initierten Handlungen ja wohl schon, und zwar zweckgerichtet.

Dennoch kann es problematisch werden, nämlich dort, Prinzipien mit anderen Prinzipien oder Gefühlen in Widerstreit geraten, oder dort, wo Gefühle, mit anderen Gefühlen oder Prinzipien in Widerstreit geraten. Das sind aber gerade die spannenden Fälle. Einfach Lösungen sind oftmals nicht möglich, weil im Ergebnis verschiedene Situationen entstehen können, von denen keine bloss schlecht, und keine bloss gut ist. Es herrschen dann Mischverhältnisse vor, die man wiederum genauer untersuchen muss. Wenn aber schlussendlich eine Entscheidung her muss, dann denke ich, dass diese davon abhängt, was man will. Will man (bspw. als afrikanischer Volksstamm, um den Nazis mal zu entkommen) einen Volksstamm vernichten, von dem man sich bedroht fühlt, obwohl das ethische Fragen aufwirft und dies sicherlich auch mit Gefühlen im Widerstreit liegt? Oder will man Gefühle des Bedroht Seins als irrational betrachten und sich für eine ethische Herangehensweise entschliessen, obwohl der andere Volksstamm eine solche Haltung ausnützen könnte und dies womöglich auch tut - eigene Verluste also hingenommen werden müssten? Gibt es Mittelwege? Waffenstillstand, Verhandlungen, Bedingungen, die man stellen kann? Was will man kurzfristig, was will man langfristig? Will man Krieg? Will man Frieden?

Ich denke, dass hinsichtlich einer Entscheidungsfindung die Antwort in einer anderen Ethik, zb. einer teleologischen Ethik, aber auch in der Differenzierung zwischen Gefühlen, die als erstrebenswert gelten, und solchen, die als nicht erstrebenswert gelten, zu finden ist. Wenn man aus „Schutzbedürfnissen“ Juden vergast, sollte man zumindest den Vergleich zwischen den jeweils motivierenden Gefühlen anstellen: Ne Menge Schutz, ne Menge Hass und Bigotterie, wenig Nächstenliebe. Je nachdem, wohin man eine Gesellschaft führen möchte, lässt sich dann entscheiden, welchen Gefühlen man den Vorrang lassen möchte, bzw. welche schlussendlich als handlungsbestimmend aufgefasst werden.
Aktuelle Torchat:

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"Melancholia is gonna pass right in front of us.
And it's gonna be the most beautiful sight ever."


Lars von Trier
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Per
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Re: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien

Beitrag von Per »

Sascha hat geschrieben: Ethik: Gefühle oder rationale Prinzipien
Gefühle und Intellekt lässt sich trennen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ethik lässt sich somit auf beide Pfeiler aufbauen. Allerdings können sich die beiden Pfeiler im Weg behindern.
Somit ist Ethik für mich etwas, das auf Herz und Verstand aufbaut. Ähnlich wie das Wort Weisheit. Verstand ist nicht alles, auch das positive Gefühl im Handeln gehört dazu, damit es ethisch vertretbar ist.
Kindliche Magie ist etwas ganz besonderes, warum wir mit unserer besonderen Fähigkeit darauf sensibler reagieren als "Stinos", dass weiß ich nicht. Magie ist etwas geheimnisvolles und sollte geheimnisvoll bleiben. Nicht wahr? :) Luna - vielen Dank für dieses tolle Zitat.
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