Hallo Madicken,
Madicken hat geschrieben:Voll "Funktionstüchtig" ? Welche Funktion soll sie wohl/denn ausüben ?
Eine ganz normale Ehefrau zu sein. in dieser funktion hat sie nicht nur pflichten, sondern auch Rechte, und zwar so viele, dass ihr Mann sie vllt. bald sogar wieder los werden will.
Vielleicht gibt es schlimmere Schicksale als das ihre, aber die von aussen zu stellende Frage lautet für mich trotzdem :
Hat man sie gefragt ? War es ihr Wunsch, mit einem Greis werden vermählt zu werden ?
Frag mal irgendeinen Arbeiter im Billiglohnjob, ob er sich das ausgesucht hat.
Das Leben ist oftmals kein Wunschkonzert, sondern von Sachzwängen diktiert.
Mit einem wirtschaftlich abgesicherten Ehemann hat sie es jedenfalls besser erwischt, als in einer armen Töpferfamilie zu bleiben.
Sollte aber auch für das Mädchen gelten. Ob sie gefragt wurde, worauf sie Lust hat ?
Denk dran: Das ist eine fiktive Handlung, ein fotzokratischer Propagandafilm.
Wessen Interessen dient dieser Film und die Stimmung die er verbreiten soll?
Das gilt es zu fragen, um die illegitimen Herrschaftsformen bloßzustellen.
Wie die Leute Jahrhunderte lang in ihren Dörfern in vorindustrieller Zeit gelebt haben, soll darin nicht etwa unter diesem Gesichtspunkt kritisiert werden, sondern es wird der westlichen Zivilisation in einer europäischen Großstadt wie Istanbul entgegengestellt als ein unrechtmäßiger Zustand. Moral der Geschichte: Im Dorf in Ostanatolien lebt man nicht so toll. Aber ändern will man das nicht, denn das kostet. Also prügelt man auf die Bevölkerung der armen Gegenden herunter nach dem Motto: Selber Schuld, die sind so arm, weil sie nicht der Konsum- und Freizeitgesellschaft des Westens ngeschlossen sind.
OK, dann wird die Ehe eben anulliert und die Frau geht zu ihrer Familie zurück, wird für allerlei Hilfsarbeiten eingespannt und wenn sie großes Glück hat, darf sie irgendwann doch noch fürn Euro pro Stunde irgendwo anders spülen, waschen, kochen...
Auch wenn dieser alte Mann nicht brutal (wie in dem Beitrag unterstellt) sein sollte, es bleibt doch eine "von Oben" und patriarchal bestimmte Zwangsheirat. Auch wenn wir dagegen nix tun können, entspricht so etwas zumindest nicht meinen Vorstellungen (und wohl auch nicht den Deinen?).
Wie in anderen Kulturen die Leute ihr Leben organisieren, da halte ich mich für gewöhnlich heraus. Das Problem liegt hier, direkt vor der Haustür, vor unseren Füßen und wartet darauf, zertreten zu werden: Es heißt Sexismus, Rassismus, Ageismus, Fotzokratie.
Bevor ich anfange mich über die Gebräuche sonstwo aufzuregen, handele ich lieber aktiv, um erst mal hier aufzuräumen. Denn die Blindheit gegenüber diesem alltäglichen Unrecht hier bei uns legitimiert nicht zur Kritik am anderen.
Sakura