Noch so einer hat geschrieben:
Aber dazu wäre ein Basiswissen über die Entstehung von Gesetzen in unserem Land auch Voraussetzung.
Es geht ja in dieser Frage darum, ob es sich bei diesen Gesetzen um Unrecht handelt.
Ich brauche kein Wissen über die Entstehung der Nürnberger Gesetze, um diese Gesetze als Unrecht abzulehnen.
Und genauso brauche ich auch kein Wissen über die Entstehung von Kipogesetzen, um diese Gesetze als Unrecht abzulehnen.
Gerecht sind Gesetze nur, wenn derjenige, der bestraft wird, Schuld auf sich geladen hat. Und diese Schuld kann gerade nicht darin bestehen, dass das Gesetz übertreten wurde, sondern die Tat muss darüber hinaus Unrechtscharakter haben - alles andere wäre ja ein Zirkelschluss.
Und die Schuld, also der Unrechtscharakter der Tat selbst, muss in angemessenem Verhältnis zur angedrohten Strafe stehen.
Nun kann man sicher rational rechtfertigen, wenn manchmal ein Verbot nicht die Unrechtshandlung selbst, sondern schon etwas im Vorfeld angesiedelt wird. Aber das muss dann eben auch durch eine entsprechend mildere Bestrafung ausgeglichen werden: Wenn man Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit verbietet, weil dies zu Unfällen führen kann, ist ja nicht das Fahren das Unrecht, sondern der möglicherweise dadurch verschuldete Unfall. Die überhöhte Geschwindigkeit zu verbietet bestraft schon etwas im Vorfeld des eigentlichen Unrecht, die Strafe ist deswegen aber auch geringer als wenn man damit einen Unfall verschuldet. Wie erheblich diese Strafminderung sein muss, hängt erheblich davon ab, wie wahrscheinlich das Eintreten des Schadens ist, wenn die Gefährdung vorliegt.
Weitaus kritischer ist, wenn nur ins Vorfeld verlagert wird, und das nur, damit man weniger beweisen muss. Also: Unrecht wäre nur eine Tat, die aber schwer nachzuweisen ist (sagen wir Kauf von Kipo), während man etwas anderes (Besitz von Kipo) leichter nachweisen kann. Damit man also Käufer auch bestrafen kann, (weil die ja angeblich den Markt fördern) verbietet man Besitz, und bestraft Leute gleich mit, die gar nichts gekauft haben, und somit das angebliche Unrecht gar nicht begangen haben.
Hier wird in jedem Fall das Übermaßverbot verletzt, denn es gibt hier einen geringeren Eingriff: Die Beweislastumkehr. Also, verboten wäre Kauf, und Besitz gilt als ausreichendes Indiz für Kauf, kann man aber nachweisen, dass man es anders (also nicht durch Kauf) erworben hat, ist man unschuldig. Und in jedem Fall müsste natürlich auch hier die Strafe geringer sein, im Verhältnis der Wahrscheinlichkeit, dass man die eigentliche Unrechtstat begangen hat, wenn einem die Vorfeldtat nachgewiesen werden kann.
Solche Vorfeldvorverlegung findet beim Kipobesitz aber nun schon in so gehäufter Art statt, dass es nur noch lachhaft ist.
Schon einvernehmlicher Sex mit Kids ist ein doppeltes Vorfelddelikt - ein Gefährdungsdelikt, bei dem nicht mal die konkrete Gefährdung von irgendwas nachgewiesen ist, nichtmal dass statistisch eine solche Gefährdung besteht ist nachgewiesen.
Das Besitzverbot ist nun wiederum mehrfaches Vorfelddelikt. Es könnte sein, dass man den Besitz durch Kauf erworben hat (Wahrscheinlichkeit heute gegen 0% bei Gigabytes an kostenlosem Kipo im Netz), und dadurch den Verkäufer zu weiterer Herstellungen anreizt, die er so nicht begehen würde (höchst implausibel, da das meiste für den Privatgebrauch hergestellt wird).
Also müsste die angemessene Strafe doppelt reduziert werden, und das erheblich (wegen der jeweils geringen Plausibilität). Dann kommt noch ein drittes Element des Vorfelds hinzu, nämlich Besitz statt Beschaffung, zwecks leichterer Bestrafung. Und das im Verhältnis nicht zum Missbrauch selbst, sondern lediglich zu einer geringfügigen Förderung (in Höhe der Bezahlung) des Missbrauchs, also auch nur einer Vorfeldtat zum eigentlichen Missbrauch, der, wie schon erwähnt, auch noch mal im doppelten Sinne Vorfeldtatbestand ist.
Damit ist Kipobesitz 5-facher Vorfeldtatbestand zu einer Körperverletzung einer einzelnen Person. Davon sind mehrere der Vorfeld-Verschiebungen extrem unplausibel.
Und was gibt es dafür? Haftstrafe! Für Geschwindigkeitsüberschreitung - eine direkte Gefährdung sogar des Lebens anderer Menschen - gibt es hingegen lediglich Geldbußen.
Dass deutsche Strafrechtswissenschaft sicherlich einiges anders sieht - sie vertritt schließlich die Interessen des Staates, und zu diesem Interesse gehört es nun einmal, dass auch staatliche Unrechtsgesetze durchgesetzt werden können. Insofern ist das Wort solcher Professoren keine Offenbarung für mich, die ich unkritisch hinnehmen würde.