Sascha hat geschrieben:Aber das ist für uns vielleicht sogar ganz gut. Denn dadurch haben wir jemanden von der anderen Seite, der die wohl wichtigste Lüge, die wichtigste Falschinformation über die realen Fakten, als Mythos entlarvt.
Guckst du hier:
viewtopic.php?f=3&t=4808&hilit=clancy
Clancy's Erkenntnisse sind schon dermassen durch den Dreck gezogen worden, dass sie nichts mehr mit der ganzen Sache zu tun haben möchte. Ich denk, das Buch wird nicht mal übersetzt werden.
Sascha hat geschrieben:Pech nur dass das Schlechtsein ja über den Traumamythos begründet wird und, wenn man von der religiösen Variante absieht, in der das verführte Kind dafür selbst in der Hölle schmoren muss, gar nicht anders begründet werden kann.
Stimmt teilweise, greift aber m.E. zu kurz. Es gibt noch andere Begründungen für das „Schlechtsein“. ZB. Individualität und Recht auf Selbstbestimmung: Auch ohne Trauma-Mythos-Begründung wird ein Kind, das mit Erwachsenen in sexuelle Interaktionen einstimmt, noch immer als Opfer bewertet, gegen dessen Recht auf die Chance zur Selbstbestimmung verstossen worden ist. Das hängt natürlich mit der (nicht unbegründeten) Ansicht zusammen, dass Kinder gemeinhin als schwächer, weniger informiert, nur eingeschränkt entscheidungsfähig wahrgenommen werden. In vielen Bereichen (Sexualität, Politik, Konflikten in der Familie) wird deshalb die Entscheidungsgewalt an die Erwachsenen übertragen. M.E. Ist diese Ansicht teilweise mehr, teilweise weniger begründet.
Darüberhinaus spielt auch das Verhältnis Kindheit-Erwachsensein eine Rolle, welches natürlich durch die psychologischen Erkenntnisse der letzten 100 Jahre seit Freud geprägt worden ist: Eine *verpfuschte* Kindheit (0-12/14/16 Jahre) gilt ja als im Allgemeinen als etwas, das irreversibel (gut, diese Ansicht bzgl. Irreversibilität ist wiederum teilweise vom Trauma-Mythos kontaminiert, darüberhinaus steckt die Resilienzforschung noch in den Kinderschuhen) ist und sich auf die Lebensqualtität als Erwachsener (immerhin 18-ca.73 Jahre) empfindlich überträgt. Wird man in einer frühen, entscheidenen.(weil weichenstellenden) Lebensphase zum „Opfer degradiert“, hat man als Kind (als man nicht dafür konnte) Dinge erlebt, für die man dann 50+ Jahre als Erwachsener geradestehen muss. Das ist natürlich lächerlich angesichts der Viezahl von Dingen, die man als Kind nun mal so erleben kann, und die einen halt prägen und mit denen man klarkommen muss: Tod von Verwandten, Trennung, Gewalt in der Familie, Vati ist n Säufer, Mutti hat zuhause nix zu melden, Krankheit, Scheidung, Mobbing, uws.usf....Nichtsdestotrotz ist das Verhältnis entscheidend, welches zur scheinbar rationalen Schlussfolgerung führt: Lieber Kinder 12, 14 Jahre lang überbehüten, statt ein "gänzlich verpfuschtes Erwachsenleben" zu riskieren.
Zur Opfer-Thematk von gesellschaftlicher Perspektive aus ist ggw. feststellbar, dass die Ansicht „einmal Opfer, immer Opfer“ den Diskurs dominierend prägt. Wehrt man sich als „Opfer“, bzw, entschliesst man sich, als „Opfer“ eine aktive Stimme zu haben, wird das von der Gesellschaft üblicherweise nicht goutiert. Siehe dazu den Fall Polanski, wo über die Äusserungen der mittlerweilen erwachsenen Frau, welche Polanski nicht mehr verurteilt sehen möchte, weil das die Dinge wieder „heraufholen“ würde (und damit fast schon explizit formuliert, dass hauptsächlich das gesellschaftliche und mediale Interesse an dem Fall schädigenden Einfluss bewirkt) fast schon genüsslich hinweggegangen wird. Die Gesellschaft möchte gern die Stimme für die Opfer übernehmen, fast schon, weil sie Opfern eine Art Stockholm-Syndrom attestiert und diese für unzurechnungsfähig hält. Ausserdem gäbe es bei Opfern, die sich nicht mehr als solche anerkennen, das Problem, dass es dann auch keine Täter mehr gäbe, und wo solln dann all die angestauten Aggressionen hin, wenn man keinen Sündenbock mehr hat. (gut, gibt’s wenigstens noch die pösen Muslime). Das sieht man auch beim Fall Kampusch, die so bizarre Dinge von sich gibt wie „er hat mich nie vergewaltigt“ und es tatsächlich gewagt hat, nicht schon vorher schon zu fliehen. Dazu kommt, dass sie sogar noch SPRECHEN kann: Sie erfüllt einfach nicht die Erwartungen, die die Gesellschaft an Opfer stellt, und weil der Psycho, der sie entführt hat, nunmal schon tot ist, werden mehr oder weniger rücksichtlos die Angriffe nun gegenüber Kampusch, diesem Nicht-Opfer, geführt.
Bin etwas abgewichen, wollt nur sagen: Als Kind ist man potentiell (in den Augen der Gesellschaft) immer Opfer, und die Leute sprechen zwar gern für Opfer, allerdings nicht mit deren Stimme (weil Opfer ja unzurechnungsfähig sind), sondern mit der fürsorglichen Stimme des scheinbar informierten Erwachsenen, der schon weiss, was Sache ist. Deshalb ist nicht nur der Trauma-Mythos verantwortlich für die Schlechtigkeit, sondern eben auch der ganze Opfer- bzw. Selbstbestimmungsdiskurs. Opfer zu sein ist und hat etwas schlechtes zu sein.
Natürlich hat auch der Gleichstellungsdiskurs seine Spuren in den letzen 30 Jahren hinterlassen: Pädophile, die mit Mädchen rumfummeln, stehen stellvertretend für Generationen von Männern, welche Frauen möglichst früh in das von Machos erwünschte Rollenverständnis hineinbiegen, also schon möglichst früh beginnen, Frauen in die Rolle der sexuellen Dienerin, der allgemein Unterlegenen, hineinzumanövrieren. Als politische korrekte, warmduschende Gesellschaft hat man sowas natürlich zu unterbinden. Einmal Liebesdienerin, immer Liebesdienderin, wohin käme man da mit den Errungenschaften der Emanzipationsbewegung! Also auch dieser Diskurs führt zur Bewertung: Sex mit Mädchen haben ist schlecht. Und Sex mit Jungs habe ist auch schlecht, weil es diese zu Mädchen macht.
Sascha hat geschrieben:Hier ist allerdings zu beachten, dass Clancy die, die ihre einvernehmlichen Erlebnisse nicht umbewerten, gar nicht sprechen kann - sie sind ihr ja nicht bekannt.
Einverstanden. Allerdings gilt auch zu beachten, dass Clancy ihren Aufruf, an der Studie/Befragung teilzunehmen, in Zeitungen publiziert und relativ offen gestaltet hat. Es hätten sich m.E. durchaus auch solche melden können, welche ihre Erlebnisse nicht umbewertet bzw. auch im Nachhinein positiv bewertet haben. Vielleicht hat Clancy diese aber auch als Fakes abgetan, oder wollte diese, um die wissenschaftliche Untersuchung nicht durch solche Ungeheuerlichkeiten zu gefährden, nicht in die Studie einfliessen lassen. Andererseits ist es aber natürlich auch sinnlos, bei einer Studie, welche sich damit beschäftigt, wie der Schaden bei sexueller Interaktion entsteht, Leute zu fragen, bei denen kein Schaden entstanden ist. Naja, vielleicht hat sie auch eiinfach mitbekommen, wie mit Rind et al umgegangen worden ist... Ich hoffe immer noch auf die Entdeckung dieser dunklen Materie und hoffe darauf, dass sie kein Pädengespinst ist.