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naylee
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Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von naylee »

Kostenlos zum herunterladen hier: https://www.campus.de/e-books/wissenschaft/soziologie/kontrolle_und_selbstbestimmung-18602.html


Ich habe nur mal grob durchgeblättert und anhand des Inhaltsverzeichnisses einige Textstellen durchgelesen. Das Buch ist eben eine Doktorarbeit und keine populärwissenschaftliche Literatur, entsprechend sperrig liest es sich auch. Der ehemalige GLFer Ovid hätte sicher seine Freude daran gehabt.

Seite 123 hat geschrieben: Innerhalb des Pädophilen zirkulieren zahlreiche Gefühle. In der öffentlichen Assoziation werden ihm Lust, Aufregung und Ekel zugewiesen, die zwischen sexuellem Begehren und Gewalt mäandern.
Selbstzeugnisse wie autobiographische Romane und Dokumente der Selbsthilfe stellen demgegenüber emotive Ausdrücke von Liebe, Scham und Schmerz in den Vordergrund. Diese Empfindungen scheinen den Pädophilen zu prägen. Sie erfüllen sein Erleben, prägen sein Sein und sind gerade deshalb verdächtig: Jede emotionale Regung wird daraufhin befragt, ob sie einem übergriffigen Verhalten Vorschub leistet. Sie wird als ›falsch‹ und ›krank‹, als Perversion von ›Liebe‹ und ›Zuneigung‹ verortet. Und sie wird als Angriff auf die Natur und das soziale Gefüge kritisiert. All diesen Verhandlungen ist gemein, dass sie von einer emotionalen Aufladung ausgehen: Die Pädophilie erscheint emotional durchzogen und mehr als überladen durch Empfindungen. Es ist ein ›Zuviel‹ des Emotionalen, anhand dessen die Pädophilie problematisiert wird.

Liebe, Scham und Schmerz scheinen den Pädophilen zu prägen. Die Scham war früher einmal bei mir, nun ist sie völlig verflogen. Aber wird deshalb so ziemlich jede Regung befragt, ob sie übergriffigem Verhalten Vorschub leistet? Die Frage kann ich mir schlecht beantworten. Sicher, ich spüre sehr genau, wenn mich ein Mädchen anmacht. Ich genieße die Situation und versuche sie so lange wie möglich auszureizen. Wenn ich mit mehreren Mädchen in der Hängematte liege, dann weiß ich genau warum ich das tue und was ich genau empfinde. Ich bin mir auch darüber bewusst, in diesem Moment die Weichen stellen zu können zwischen "Berührung ist in Ordnung" und "verboten". Insofern denke ich auch darüber nach, ob die derzeitige Situation ein übergriffiges Verhalten meinerseits begünstigen könnte. Genau genommen denke ich nicht darüber nach, ich weiß es schon vorher.

Sollte sich diese Fragen aber nicht jeder Mensch, egal ob Mann oder Frau stellen, wenn er einem anderen Menschen körperlich nahe kommt? Sicher haben wir als Pädophile da eine andere Verantwortung, da bei uns auch das Moment der "Überrumpelung" und der "Manipulation" eine viel größere Rolle spielt als bei Erwachsenen.

Der nächste Satz im obigen Zitat, die Pädophilie wird als krank und als pervers verortet - ich nehme an, der beschreibt hier Selbstzuschreibungen von Pädophilen - bezieht sich wohl ganz klar auf das Klientel von Patienten bei KTW. Es beschreibt, und hier denke ich verallgemeinern zu können, nicht die Selbstwahrnehmung von Pädophilen, die Frieden mit sich selbst gefunden haben.
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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naylee
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von naylee »

Seite 77 hat geschrieben:
Im Zentrum der pädophilen Ontologie steht die sexuelle Kontrolle. Die therapeutischen Konzepte und die Interviewten legen dar, inwiefern eine Pädophilie
systematisch übergriffig macht und wie Gewalt verhindert werden kann – und
rufen dies als beständige Frage auf: Bin ich ein Monster? Wie kann und darf ich
leben? Wer will ich sein – für mich selbst und gegenüber Kindern? Sie diskutieren, inwiefern die Verhaltenskontrolle (ir-)relevant ist, und zielen auf eine Begrenzung sexueller Gewalt. Als übergeordnete Aufgabe suchen sie nach Wegen,
Übergriffe zu verhindern und Handeln anders zu gestalten. Erst damit scheint
für sie ein pädophiles Leben überhaupt denkbar und anerkennbar.
Puh. Echt jetzt? Dass die sexuelle Kontrolle im Zentrum der therapeutischen Intervention steht, ist klar. Auch sollte die sexuelle Kontrolle im Zentrum des reflektierten Handelns des Pädophilen stehen. Also Kontrolle nicht im Sinne von "ich darf sie nicht ficken", sondern eher als das Bewusstwerden der eigenen Handlungen unter Berücksichtigung der Unterschiede kindlicher und erwachsener Sexualität. Macht eine Pädophilie deshalb systematisch übergriffig? Wohl eher nicht. Es ist wohl eher das Strafrecht, welches hier eine Übergriffigkeit auf sehr niedriger Ebene festlegt und daher das System des "Übergriffigen" erst schafft. Was wäre, wenn es erlaubt wäre sich gegenseitig an den Genitalien zu streicheln, solange alle beteiligten Partner, also Kinder und Erwachsene, dem zustimmen? Dann wäre das Streicheln der Genitalien eines Kindes kein Übergriff. Da aber bereits eine Berührung als Übergriff gedeutet werden kann, steht der Pädophile ständig mit dem juristischen Begriff des "Übergriffes" im Austausch, woraus auch eine systematische Übergriffigkeit abgeleitet werden muss. Natürlich fällt damit auch der Sprung zum Begriff der "sexuellen Gewalt" nicht schwer und natürlich muss der Pädophile dann nach Wegen suchen, um "Übergriffe zu Verhindern und Handeln anders zu gestalten".

Man stelle sich nun ein Land vor, in dem heterosexuelle Handlungen unter solch kritischen und gewalt-basierenden Beschränkungen stehen würden: Es gäbe wohl nur Täter und Patienten, die sich selbst verurteilen müssten für ihre Handlungen und für ihre Gedanken. Würden erotisch konnotierte Berührungen zwischen Erwachsenen kriminalisiert werden, dann wäre das Schlagwort der "sexuellen Gewalt" wohl nicht mehr als eine Floskel.


Seite 77 hat geschrieben: Diese beiden Ebenen des Seins und der Verhinderung von Gewalt überschneiden sich im Subjekt des sexuell kontrollierten Pädophilen. Er erkennt sich in einem pädophilen Sein und verhindert zugleich ein übergriffiges Handeln. Und mehr noch verbindet er diese Aspekte, wenn er sich über ein Sein identifiziert und davon ausgehend ein Handeln reguliert: Er entwirft eine pädophile Existenz, die gerade nicht übergriffig ist. Es ist seine Selbsterkenntnis als pädophil, die ihn motiviert, in sich zu intervenieren. Über unterschiedliche Wege der Identifikation und der Selbstbearbeitung übersetzt er beständig ineinander, wer er ist und
wie er handelt.
Es stimmt, erst in der Auseinandersetzung mit mir selbst kann ich erkennen, wie einige meiner sexuellen Wünsche von den Wünschen der Kinder abweichen. Kaum ein 10-jähriges Mädchen würde wohl auf die Idee kommen sich von einem Finger oder Penis penetrieren zu lassen. Gleichwohl werde ich mir aber in der Auseinandersetzung mit meiner Pädophilie darüber bewusst, welche Übereinstimmungen von kindlicher Sexualität und pädophiler Sexualität es gibt. Wohl kaum ein heterosexueller Mann wird derart viel und gerne kuscheln wollen, oder schon beim Gedanken an Petting in höchste sexuelle Erregung fallen. Doch bin ich deshalb ein "sexuell kontrollierter Pädophiler"? Bin ich nicht viel eher ein reflektierter Pädophiler? Ein präsenter Pädophiler? Einer, der sich der Präsenz seiner Pädophilie bewusst ist? Dafür braucht es keiner Kontrolle und keiner inneren Kontrollmechanismen. Dafür braucht es einfach nur Verständnis und ein offenes Ohr von Seiten der Gesellschaft.

Es ist unbedingt wichtig, sich mit seiner Pädophilie auseinanderzusetzen, mit sich selber ins Reine zu kommen und Sicherheit zu erfahren. Sicherheit im Sozialen und Emotionalen. Mit dem Verschwinden der Pädophilie aus dem öffentlichen Diskus wird sich dadurch ein entscheidender Rückschritt ergeben und dem Kinderschutz wird damit nichts Gutes getan. Das könnte passieren, wenn man versucht die Pädophilie zu "unnormalisieren"
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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naylee
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von naylee »

Seite 195 hat geschrieben: Für Achim bestehen weder sexuelle ›Vorstellungen‹ noch ein entsprechender
›Wunsch‹, wenn er mit dem geliebten Mädchen interagiert. Es habe sich weder
die ›Frage‹ nach der Sexualisierung ihrer Beziehung ›ergeben‹, noch möchte
er ›mehr‹. Explizit grenzt er in seinem Denken die Sexualisierung des heiligen
Kindes von der ›Verbundenheit‹ ab. Weiter kann Achim sich hinsichtlich sexueller Kontakte nicht vorstellen, »dass das Befriedigung ist«. Sexuelle Handlungen lassen sich für ihn nur auf »tatsächlich ne perverse Art und Weise« begründen und stellen eine Kränkung seines Erlebens dar. Das heilige Kind zu sexualisieren, als Objekt zu profanieren, es seinen Wünschen zu unterstellen und zu schädigen, ist für ihn ausgeschlossen: »Da kann man sich ja eigentlich nur scheiße fühlen oder möchte sich eigentlich aufhängen«. Sich dem ›heiligen‹ Kind sexuell zu nähern bedeutet für ihn, sich selbst zu zerstören. Die Sexualisierung des Kindes beendet für Achim seine Integrität
als Subjekt, gerade weil er dadurch die Beziehung zu diesem zerstören würde.
Okay. In Teilen kann ich hier mitgehen. Wenn ich mit einem geliebten Mädchen zusammen bin, dann steht das Sexuelle für mich auch hinten an. Ich spüre zwar ihre Attraktivität, bin wie verzaubert von ihren Berührungen und empfinde ein Prickeln zwischen uns, doch der Wunsch nach dem Vollzug sexueller Handlungen steht da sehr im Hintergrund. Auch hinterher und zu anderen Zeiten nehme ich sie in meinen Fantasien nicht als "Objekt" um mir selbst Befriedigung zu verschaffen.

Aber deshalb nehme ich sie doch nicht komplett asexuell wahr. Ist Achim hier ein Sonderfall, oder bin ich es? Oder macht sich Achim einfach nur etwas vor? Die Sexualität eines Menschen nimmt man immer wahr, bei jeder kurzen Begegnung im Kaufhaus, beim Vorbeiziehen eines Geruches, beim Hören einer Stimme. All unsere Wahrnehmung ist darauf ausgelegt, einen anderen Menschen sexuell zu bewerten. Das läuft unterbewusst ab, ist aber dennoch spürbar. Oder bin ich hier verkehrt?

Für Achim lassen sich sexuelle Handlungen nur "auf perverse Art und Weise begünden" und sie führen zwangsläufig zu Schaden am Kind. Vielleicht hat Achim einfach nur geflunkert, als er sagte, er hätte keine sexuellen Vorstellungen im Beisein eines Kindes? Vielleicht hat er sie nämlich gehabt, aber nur nicht als solche erkannt? Für mich sind sexuelle Handlungen weit mehr, als jemanden zu penetrieren und damit im Falle eines Kindes sehr wahrscheinlich Schaden zuzufügen. Sexuelle Handlungen sind: Umarmungen, Kuscheln, Küsse, verliebte Blicke, Berührungen und Streicheln, ganz dicht beieinander sitzen. Die Annahme, diese Handlungen würden Schaden verursachen, ist schlicht und ergreifend Unsinn.

Sexuelle Handlungen sind auch das Streicheln der Genitalien, Oralverkehr, sich aneinander reiben usw. Hierbei kann ein Schaden entstehen, muss aber nicht. Es kommt wohl ganz auf das Kind und auf die Ausgestaltung der Situation an. Natürlich kann das in einer solchen Arbeit nicht diskutiert werden, da schon allein mit der Erwähnung einer solchen Frage die komplette Arbeit diskreditiert werden würde.
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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cortejador
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von cortejador »

Du kannst mich jetzt Sven, Oli, Hendrick, Rasmus oder vielleicht auch Toni nennen.
Verehrer
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von Verehrer »

das ganze ist natürlich nicht repäsentaiv. es beleuchtet einen Ausschnitt, nicht mehr.
was total vergessen wurde, ist die Verunsicherung, durch die öffentliche Interpätation der Pädophilie.
9424APZFS
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cortejador
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von cortejador »

ja sollte man vielleicht die ganze Menschheit beleuchten?
Immer nur negativ zu sehen, nicht en vogue, ist das die Lösung?
Ich habe Folke kennengelernt als durchaus sympathischen Typen. Und ihm geholfen zu haben in seiner Doktorarbeit, das bestärkt mich wiederum sehr.
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Karamello
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Re: Kontrolle und Selbstbestimmung (Doktorarbeit von Folke Brodersen)

Beitrag von Karamello »

Wer oder was ist bitte "der Pädophile"? Gibt es den so wie "den Juden" oder "den Schwarzen"?
Oder sind wir eher vergleichbar mit "dem Orangutan" oder "dem Schimpansen", der fasziniert von einem Forscher wegen seiner großen Ähnlichkeit zum Menschen in seinem Verhalten analysiert wird?
:herz: Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, das Mädchen ist die Krönung des Menschen. :herz:
Die Verbote gegen Puppenkinder, Geschichten und harmlose Bilder sind staatliches Unrecht und Willkür. Lasst uns gemeinsam für eine würdevolle, menschliche Sexualität einstehen :!:
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