Ein Rechtsanwalt, der noch im Dutroux-Prozess zwei Opfer vertreten hatte, wurde in Lüttich (Belgien) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Er soll im Zeitraum von 2005 – 2008 insgesamt 7.500 kinderpornographische Bilder angesehen haben. Wenn ich die Nachrichten dazu richtig interpretiere, handelt es sich hier nicht um eine Bewährungsstrafe – die Strafe wird also (sobald das Urteil rechtskräftig wird) im Gefängnis zu verbüßen sein. Eine harte Strafe, wie ich finde, zumal er nur auf diesen Seiten surfte und keine Dateien (wie manch anderer) gehortet hat. Richter und Staatsanwaltschaft gehen dabei scheinbar davon aus, dass Bilder im Browser-Cache und im Arbeitsspeicher bereits als “Besitz” gewertet werden müssen. Auch in Deutschland ist das mittlerweile gängige Rechtspraxis.
Interessant finde, ich dass mal wieder Jemand wegen Kinderpornographie (oder in anderen Fällen eben wegen sexuellen Missbrauch) verurteilt wurde, der einst in der öffentlichkeit gerade dagegen angekämpft hatte. Erinnern möchte ich hier nur stellvertretend den "worldpedophilehunter" (oder "raider666", wie auch immer er sich nannte, Realname: Günter B.), der jahrelang "gegen Pädophilie" und Kindesmissbrauch kämpfte und letztes Jahr wegen ebensolchen mehrfachen sexuellen Kindesmissbrauch verurteilt wurde und nun wohl lebenslänglich im Gefängnis verbringt. Oder an einen Kölner Staatsanwalt, der versuchte, sich mit einem 13-jährigen Mädchen zu verabreden (bereits der Versuch ist strafbar nach den §§ 176 ff. StGB - wie der Staatsanwalt eigentlich wissen müsste).
In den Artikeln über den Prozess erscheinen Medientypisch Begrifflichkeiten wie “Kinderschänder”, “Pädophil” etc. Das Ansehen der Bilder mag moralisch zu verurteilen sein und es ist auch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte, aber deswegen wurde noch lange kein Kind geschändet und es heißt auch nicht zwangsläufig, dass man deswegen pädophil ist. Auch Marc Dutroux war nicht pädophil, wie die frankfurter Allgemeine 2004 schrieb:
Der Artikel zum aktuellen Kinderpornographie-Urteil des Rechtsanwaltes zweier Dutroux-Opfer:Doch die Assoziierung von Marc Dutroux, dem Mann, der zur Zeit in Belgien angeklagt ist, sechs Mädchen entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben, mit Pädophilie ist ein gedanklicher Kurzschluss. Denn Marc Dutroux war nie pädophil. Basierend auf mehreren psychologischen und psychiatrischen Gutachten kamen die Ankläger im Prozess gegen Dutroux schon vor Jahren zu dem Schluß, dass der bärtige Wallone seine Sexualität keineswegs auf Minderjährige fixierte. Er war mehrfach verheiratet, betrieb mit seinen Ehefrauen gewöhnliche Sexualpraktiken und entschloß sich vor allem deshalb, Kinder zu entführen, weil das schneller ging, als junge Mädchen zu verführen und weil sie leichter zu manipulieren waren als Erwachsene. Nur vier seiner Opfer waren Kinder, alle anderen waren Mädchen an der Grenze zum Erwachsenenalter oder Erwachsene. Wäre Dutroux pädophil, könnte ihm das vor Gericht sogar als mildernder Umstand angerechnet werden – doch darauf hat sich der Mann nie berufen. „Mit sowas habe ich nichts zu tun”, beharrte er schon zu Anfang des Prozesses.
Dutroux-Opferanwalt muss ins Gefängnis
Quelle:Er galt als Symbol im Kampf gegen Kindesmissbrauch. Nun wurde Victor H., der die Eltern zweier Opfer des Kinderschänders Marc Dutroux vertreten hatte, selbst verurteilt – wegen Besitzes von Kinderporno-Fotos.
Vor sechs Jahren vertrat Victor H. die Eltern zweier Opfer des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux. Nun wurde der Anwalt selbst verurteilt – wegen Besitzes von kinderpornografischen Bildern. Ein Gericht in Lüttich entschied an diesem Donnerstag, dass der Jurist für das Vergehen zehn Monate ins Gefängnis muss.
Der Mann, der als Symbolfigur des Kampfes gegen Kindesmissbrauch galt, hatte sich demnach zwischen 2005 und 2008 etwa 7500 Bilder kinderpornographischen Inhalts angesehen.
Die Anwälte von Victor H. machten geltend, er habe lediglich die “Vorschauen” konsultiert und nicht die eigentlichen Bilder heruntergeladen. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht, ließ den Mann aber nach Angaben belgischer Medien zunächst auf freiem Fuß. Er kann das Urteil anfechten.
Victor H. hatte in einem Prozess gegen Dutroux die Eltern von Julie und Mélissa vertreten, zweier acht Jahre alter Mädchen, die 1996 tot in einem Haus des Kinderschänders gefunden worden waren. Das Verfahren, bei dem es auch um weitere Fälle ging, endete 2004 mit der Verurteilung Dutroux’ zu lebenslanger Haft. Ihm wurde unter anderem die Entführung von Julie und Mélissa, deren Missbrauch und eine Mitschuld an ihrem Verhungern in seinem Kellerverlies nachgewiesen.
Die Enthüllungen über die angeblichen eigenen pädophilen Neigungen des Anwalts schockierten Belgien. Der Sohn von Victor H. griff seinen Vater deswegen im Frühjahr 2009 mit einem Messer an und verletzte ihn schwer.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/pro ... -1.1012063