von Sascha » 21.11.2011, 19:59
Denker hat geschrieben:@Sascha
Mal angenommen, Du trennst wirklich so, wie Du es darstellst, dann vertrittst Du hier vehement einen Standpunkt, der möglicherweise im RL gar nicht Deiner Meinung entspricht? Du diskutierst beharrlich und interessanterweise oftmals sehr kontrovers zu anderer Leute Meinung, obwohl Du im RL ganz anders denkst? (Oder auch nicht?)
So würde ich es nicht sagen. Ich vertrete die Ansicht, dass Gerechtigkeit zwar subjektive Aspekte hat, aber trotzdem im wesentlichen objektiv ist. Es hängt zwar von meinen Wünschen ab, was gut für mich ist, aber trotzdem gibt es objektivierbare ethische Prinzipien.
Diese Prinzipien verteidige ich. Auch wenn ich bei vielen konkreten Anwendungen dieser Prinzipien gar kein persönliches Interesse daran habe. Oder sogar darunter leiden würde.
Beispielsweise bin ich Libertärer, weil dies meiner allgemeinen Theorie der Gerechtigkeit entspricht. Konkret hätte ich aber durchaus ein Problem, wenn morgen die rein libertäre Welt anbrechen würde - da wäre ja HartzIV weg und ich müsste mir wohl Arbeit suchen.
Aber so ist das nun einmal - meine allgemeine Theorie der Gerechtigkeit liefert mir keine Begründung für Steuern und deren Verteilung in Form von HartzIV. (In meinem persönlichen Fall sehe ich dies als Entschädigung für das mir vom Staat angetane Unrecht, habe deswegen also kein schlechtes Gewissen.)
Die meisten hier im Forum teilen mit ihren Beiträgen nicht nur Fakten und Argumente mit, sondern in die Beiträge fließen natürlich auch ihre ganz persönlichen Meinungen mit ein.
Die fließen bei mir durchaus auch mal mit ein, aber ich bemühe mich schon ganz gezielt und bewusst, bei meiner Theorie der Gerechtigkeit nicht in die Falle zu tappen, all das, was ich gerne hätte, als gerecht zu betrachten und alles andere als Unrecht. Ich möchte schon, wenn ich das, was mir passiert ist, als Unrecht bezeichne, dies aus generellen Prinzipien als Unrecht ableiten können.
Und das heißt dann aber auch, diese generellen Prinzipien auch dann zu akzeptieren, wenn andere sie gegen mich verwenden. Oder wenn es darum geht, ob auch anderen Menschen, die ich womöglich gar nicht leiden kann, Unrecht getan wird.
Genau das macht ja die Authentizität dieses Forums aus. Schließlich schreibt man doch in Foren, um sich eine Meinung zu bilden oder seine Meinung bestätigt zu bekommen oder um festzustellen, wie weit man von der Meinung anderer entfernt ist.
Nein, ich nicht. Es interessiert mich nicht, wie weit meine Meinung von der anderer entfernt ist. Es ist ja geradezu das Ideal des Wissenschaftlers, Neues zu finden, und damit ist der glücklichste Moment im Leben des Wissenschaftlers der, in dem er allein ist mit seiner neuen Idee, weil er sie gerade eben gefunden hat. Die dann, natürlich, am besten auch alle anderen überzeugt. Aber das ist dann schon der Abspann, das eigentliche happy end ist die neue Idee selbst.
Wenn Du im RL Dich anders verhalten solltest als es hier im GLF nach Deinen Äußerungen den Anschein hat - wo bleibt denn dann die Ehrlichkeit?
Es geht doch nicht um Ehrlichkeit, es geht darum, dass einige Spekulationen über mein Verhalten im RL einfach ungerechtfertigt waren.
Die Spekulationen selbst sind nachvollziehbar - es ist durchaus ein typisches Verhalten für angegriffene Außenseiter, nur das zu verteidigen, was sie selbst machen, und nicht mal davon alles, während man sich von dem, was man selbst nicht macht, ganz emotional und empört distanziert, um wenigstens teilweise einen Konsens mit den Angreifern zu finden. Also kann man oft genug auch zurückschließen - in Wirklichkeit wird der noch ein bisschen mehr machen, als er hier verteidigt, aber kaum weniger.
Aber das ist eben etwas, was ich nicht tue. Ich verteidige nicht mich persönlich, sondern die allgemeinen Ideen, die ich vertrete. Und die Frage der Ehrlichkeit reduziert sich darauf, ob ich nach diesen Prinzipien auch lebe.
Nur, wieviel kann man schon aus den allgemeinen Prinzipien auf das konkrete Leben schließen?
Wie sehr (oder wie wenig) muss man denn dann Dein Geschriebenes zur eigenen Meinungsbildung als wichtig erachten?
Wenn Du Dir Deine Meinung nach dem Umfrageprinzip bildest, also immer der Mehrheitsmeinung folgen willst, dann solltest du mich besser als Gegenindikator nehmen. Denn Ideen, die schon Mehrheitsmeinung sind, verteidige ich nur selten. (Ist dann meistens Verteidigung der Wissenschaft gegen Pseudowissenschaft.)
Ich bin für die interessant, die in ihrer Meinung den besseren inhaltlichen Argumenten folgen wollen, auch wenn dies dazu führt, dass man (zumindest auch mal) in der Minderheit ist.
Auch wenn Du es anders darstellst, genau das wird für Dich nicht unwichtig sein!
Unwichtig keineswegs. Ich bin der Überzeugung, dass die Gruppe derer, die man mit Argumenten überzeugen kann, die langfristig wichtigere Gruppe ist.
Der Durchschnittsmensch entspricht natürlich niemals diesen beiden Extremen - es gibt immer auch Argumente, die auch der Herdenmensch zur Kenntnis nimmt, und auch ich selbst folge in so manchen für mich unwichtigen Sachen der Mehrheitsmeinung. Wenn man es schafft, die zu überzeugen, die Argumente akzeptieren, verbreitet man damit die Argumente. Wenn ich dich von einem Argument überzeuge, verbreitest du es weiter, an Leute, die auch an Argumenten interessiert sind, auch wenn du mich verachtest.
Allerdings war diese Hoffnung früher mal doch sehr viel größer. Ich glaube heute nicht mehr daran, dass dies in einer Mediendemokratie noch hilft. Das demokratische System ist eine Fehlkonstruktion, in der sich leider auch langfristig die besseren Argumente nicht durchsetzen, und sie muss deshalb abgeschafft werden, und durch ein System ersetzt werden, welches diesen Konstruktionsfehler nicht hat.
Aber in dieser besseren, libertären Gesellschaft wäre meiner Meinung nach genau die Art der Argumentation, die ich betreibe, notwendig. Um die Meinungsführer zu überzeugen.
Dass ich auch augenblicklich argumentiere, hat inzwischen wohl mehr damit zu tun, dass es mir auch Spaß macht. (Und was auch nicht ganz unwesentlich ist: Je extremer die Position, desto intellektuell interessanter ist die Aufgabe, sie zu verteidigen.) Wer aber jetzt daraus schließt, ich würde nur extreme Positionen zum Spaß verteidigen, hat das jetzt gründlich missverstanden. Ich verteidige immer nur Positionen, die ich nach bestem Wissen und Gewissen für richtig halte, weil die IMHO besseren Argumente für sie sprechen.
[quote="Denker"]@Sascha
Mal angenommen, Du trennst wirklich so, wie Du es darstellst, dann vertrittst Du hier vehement einen Standpunkt, der möglicherweise im RL gar nicht Deiner Meinung entspricht? Du diskutierst beharrlich und interessanterweise oftmals sehr kontrovers zu anderer Leute [b]Meinung[/b], obwohl Du im RL ganz anders denkst? (Oder auch nicht?) [/quote]
So würde ich es nicht sagen. Ich vertrete die Ansicht, dass Gerechtigkeit zwar subjektive Aspekte hat, aber trotzdem im wesentlichen objektiv ist. Es hängt zwar von meinen Wünschen ab, was gut für mich ist, aber trotzdem gibt es objektivierbare ethische Prinzipien.
Diese Prinzipien verteidige ich. Auch wenn ich bei vielen konkreten Anwendungen dieser Prinzipien gar kein persönliches Interesse daran habe. Oder sogar darunter leiden würde.
Beispielsweise bin ich Libertärer, weil dies meiner allgemeinen Theorie der Gerechtigkeit entspricht. Konkret hätte ich aber durchaus ein Problem, wenn morgen die rein libertäre Welt anbrechen würde - da wäre ja HartzIV weg und ich müsste mir wohl Arbeit suchen.
Aber so ist das nun einmal - meine allgemeine Theorie der Gerechtigkeit liefert mir keine Begründung für Steuern und deren Verteilung in Form von HartzIV. (In meinem persönlichen Fall sehe ich dies als Entschädigung für das mir vom Staat angetane Unrecht, habe deswegen also kein schlechtes Gewissen.)
[quote]Die meisten hier im Forum teilen mit ihren Beiträgen nicht nur Fakten und Argumente mit, sondern in die Beiträge fließen natürlich auch ihre ganz persönlichen Meinungen mit ein.[/quote]
Die fließen bei mir durchaus auch mal mit ein, aber ich bemühe mich schon ganz gezielt und bewusst, bei meiner Theorie der Gerechtigkeit nicht in die Falle zu tappen, all das, was ich gerne hätte, als gerecht zu betrachten und alles andere als Unrecht. Ich möchte schon, wenn ich das, was mir passiert ist, als Unrecht bezeichne, dies aus generellen Prinzipien als Unrecht ableiten können.
Und das heißt dann aber auch, diese generellen Prinzipien auch dann zu akzeptieren, wenn andere sie gegen mich verwenden. Oder wenn es darum geht, ob auch anderen Menschen, die ich womöglich gar nicht leiden kann, Unrecht getan wird.
[quote]Genau das macht ja die [b]Authentizität[/b] dieses Forums aus. Schließlich schreibt man doch in Foren, um sich eine Meinung zu bilden oder seine Meinung bestätigt zu bekommen oder um festzustellen, wie weit man von der Meinung anderer entfernt ist.[/quote]
Nein, ich nicht. Es interessiert mich nicht, wie weit meine Meinung von der anderer entfernt ist. Es ist ja geradezu das Ideal des Wissenschaftlers, Neues zu finden, und damit ist der glücklichste Moment im Leben des Wissenschaftlers der, in dem er allein ist mit seiner neuen Idee, weil er sie gerade eben gefunden hat. Die dann, natürlich, am besten auch alle anderen überzeugt. Aber das ist dann schon der Abspann, das eigentliche happy end ist die neue Idee selbst.
[quote]Wenn Du im RL Dich anders verhalten solltest als es hier im GLF nach Deinen Äußerungen den Anschein hat - wo bleibt denn dann die Ehrlichkeit? [/quote]
Es geht doch nicht um Ehrlichkeit, es geht darum, dass einige Spekulationen über mein Verhalten im RL einfach ungerechtfertigt waren.
Die Spekulationen selbst sind nachvollziehbar - es ist durchaus ein typisches Verhalten für angegriffene Außenseiter, nur das zu verteidigen, was sie selbst machen, und nicht mal davon alles, während man sich von dem, was man selbst nicht macht, ganz emotional und empört distanziert, um wenigstens teilweise einen Konsens mit den Angreifern zu finden. Also kann man oft genug auch zurückschließen - in Wirklichkeit wird der noch ein bisschen mehr machen, als er hier verteidigt, aber kaum weniger.
Aber das ist eben etwas, was ich nicht tue. Ich verteidige nicht mich persönlich, sondern die allgemeinen Ideen, die ich vertrete. Und die Frage der Ehrlichkeit reduziert sich darauf, ob ich nach diesen Prinzipien auch lebe.
Nur, wieviel kann man schon aus den allgemeinen Prinzipien auf das konkrete Leben schließen?
[quote]Wie sehr (oder wie wenig) muss man denn dann Dein Geschriebenes zur eigenen [b]Meinungs[/b]bildung als wichtig erachten? [/quote]
Wenn Du Dir Deine Meinung nach dem Umfrageprinzip bildest, also immer der Mehrheitsmeinung folgen willst, dann solltest du mich besser als Gegenindikator nehmen. Denn Ideen, die schon Mehrheitsmeinung sind, verteidige ich nur selten. (Ist dann meistens Verteidigung der Wissenschaft gegen Pseudowissenschaft.)
Ich bin für die interessant, die in ihrer Meinung den besseren inhaltlichen Argumenten folgen wollen, auch wenn dies dazu führt, dass man (zumindest auch mal) in der Minderheit ist.
[quote]Auch wenn Du es anders darstellst, genau [b]das[/b] wird für Dich nicht unwichtig sein![/quote]
Unwichtig keineswegs. Ich bin der Überzeugung, dass die Gruppe derer, die man mit Argumenten überzeugen kann, die langfristig wichtigere Gruppe ist.
Der Durchschnittsmensch entspricht natürlich niemals diesen beiden Extremen - es gibt immer auch Argumente, die auch der Herdenmensch zur Kenntnis nimmt, und auch ich selbst folge in so manchen für mich unwichtigen Sachen der Mehrheitsmeinung. Wenn man es schafft, die zu überzeugen, die Argumente akzeptieren, verbreitet man damit die Argumente. Wenn ich dich von einem Argument überzeuge, verbreitest du es weiter, an Leute, die auch an Argumenten interessiert sind, auch wenn du mich verachtest.
Allerdings war diese Hoffnung früher mal doch sehr viel größer. Ich glaube heute nicht mehr daran, dass dies in einer Mediendemokratie noch hilft. Das demokratische System ist eine Fehlkonstruktion, in der sich leider auch langfristig die besseren Argumente nicht durchsetzen, und sie muss deshalb abgeschafft werden, und durch ein System ersetzt werden, welches diesen Konstruktionsfehler nicht hat.
Aber in dieser besseren, libertären Gesellschaft wäre meiner Meinung nach genau die Art der Argumentation, die ich betreibe, notwendig. Um die Meinungsführer zu überzeugen.
Dass ich auch augenblicklich argumentiere, hat inzwischen wohl mehr damit zu tun, dass es mir auch Spaß macht. (Und was auch nicht ganz unwesentlich ist: Je extremer die Position, desto intellektuell interessanter ist die Aufgabe, sie zu verteidigen.) Wer aber jetzt daraus schließt, ich würde nur extreme Positionen zum Spaß verteidigen, hat das jetzt gründlich missverstanden. Ich verteidige immer nur Positionen, die ich nach bestem Wissen und Gewissen für richtig halte, weil die IMHO besseren Argumente für sie sprechen.