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Ovid
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Ursache und Wirkung

Beitrag von Ovid »

Bisher habe ich ein Leben lang die Welt nach dem Prinzip der Ursache und zugehöriger Wirkung gesehen. Beschämt bin ich an einen Punkt angekommen, der mir auf vernichtenste Weise zeigt, dass ich falsch lag. Unserer Innerstes selbst beherbergt ein großes Es der Undefiniertheit und Ungewissheit, ein quasi quantentheoretisches Phänomen, einmal bedeutet es Welle einmal Teilchen, einmal beides.
Keiner weiß eigentlich genau, was er will, nur zu was er gemacht worden ist zu wollen und zu dürfen. Die eigene Qualia und Erlebniswelt dürfte sich für jeden unter uns als noch körniger darstellen, als die Zeit im Plankschen Wirkungsquantum, jeder strömt auf seiner Welle in alle Bereiche seines kleinen Qualia-Bewusstseins ohne Zugriff auf das seines viel größeren Unbewusstseins.
Immer nach der Suche einer Welterklärung zwischen Versimplifizierung, Verkomplizierung und Verzweiflung.
Dabei bin ich mir absolut sicher: Jeder ist schizophren zwischen seinem Ich und seinem Sexual-Ich. Der lebenslange klägliche Versuch der Verbindung beider Welten ist der absolute Motor alles seelischen Selbstzertrümmerns, aller selbstgerechten Weisheiten oder Hasskampagnen.

Ich frage mich nun eines: Wir haben sicherlich die größten Probleme mit unserer Sexualität. Auch wenn wir es irgendwann schaffen sollten uns ein funktionierendes Bild einer möglichen Erklärung zu bauen, kann diese wie jede andere nicht allgemein stimmen, denn sie ist variant und wesensunterschiedlich für jedes andere Individuum. Wir haben nur uns selbst gefunden und niemanden anderes. Wann immer wir unsere sexuelle Weisheit anderen aufbürden, dann übertragen wir dem anderen auch die große Aufgabe diese in sein Bild einzufügen.
In unserer Kindheit bleibt die Sexualität ein "Alien in uns". [1]
Und das muss so sein, und zwar aus der natürlichen Grausamkeit heraus, dass wir nie die volle Kontrolle über unsere Sexualität haben dürfen, denn das würde die natürliche Reproduktion hemmen. Die Nebenwirkung der völligen Nicht-Kontrolle ist auch die Unvorhersagbarkeit der psychischen Vereinigung beider schizophrener Parteien in uns.

Für mich habe ich gemerkt: Je mehr ich mit Kindern zusammenbin, desto weniger verlangt mein sexueller Teil eine die "viehische Befriedigung" oder orgasmische Erfüllung. Je weniger ich mit Kindern zusammenwar, desto mehr wurde mein sexueller Teil dominant, mein anderer Teil war seelenallein und verkümmerte.

Was veranlasst einen dazu sämtliche wissenschaftliche Dokumente zu verschlingen und zu argumentieren und zu schreiben und wissen und zu besserwissen und zu rechtfertigen und sich ungerecht behandelt zu fühlen und mehr zu wollen und mehr zu verlangen und unbedingt Moralsieger zu sein und zu verurteilen und ohne es zu wissen egoistischer zu sein als man sich je hätte einschätzen können, so egoistisch zu sein, dass man sich mit den falschen Blumen der Bescheidenheit schmückt ohne zu merken, dass man der größte aller Heuchler ist? Ein Manipulant, ein Besserwisser, ein Agitator.

Kann man Kinder sexuell attraktiv finden ohne Sex mit ihnen zu wollen? Ja. Kausalität ist hier undefiniert.
Ich habe kein Rätsel gelüftet, ich habe neue gefunden, ich habe nichts entdeckt ich habe umhüllt. Dinge, die umhült bleiben müssen, manchmal weit über die Kindheit hinaus. Keiner weiß, wie simpel seine eigene sexuelle Komplexität oder wie komplex seine sexuelle Simplizität ist und das ist das innerpsychisch gefährlichste, wenn man das ein oder andere Postulat an andere hinausträgt und durchsetzen will.
In sexuellen Belangen für lange Zeit auf sich allein gestellt sein [1] ist vielleicht das Wesen des Zusammenspiels des Ichs und seiner Sexualität, vlt. der einzige Grund warum es irgendwie funktionieren kann und sich einpendelt. Jeder muss seine eigene Erklärung finden. Fremde Erklärungen können Gift sein oder sich nahtlos einfügen, denn sie sind unvorraussehbar, nicht lenk- oder gar erklärbar. Denn selbst jede äußerliche gemeinschaftliche Bewertung entspringt einer aus zig verschiedenn körnigen wesensunterschiedlichen Qualias bereitgestellte Strömung eigens kreierter Information.

Allein die Existenz einer Meinungsverschiedenheit, erzeugt zwei neue Wahrheiten.

Wer sich selbst besser kennenlernen will muss sich eingestehen sich nicht zu kennen und er ist dazu verpflichtet jedem lernenden Individuum sein sexuelles Spannungsfeld mit möglichst wenig Erklärungen zu belasten und die Dinge offenzulassen, die jeder selbst füllen sollte, denn die Gefahr ist groß, obgleich sie denn immer besteht, dass die gefundene oder überlassene Erklärung ein harmonisches Zusammenspiel beider "Ichs" zernichtet. Sei es durch Ambivalenz, Erklärungsnot oder fatale Simplifizierung.

Ich bin zurück, zwar wesentlich Nichtwissender, aber unbeschwerter und glücklicher als zuvor.

[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46765839.html
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Perma
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Perma »

Hallo Ovid,

willkommen zurück.


Gruß

Perma
Bei einem Pädo wäre das nicht passiert.
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Horizonzero
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Horizonzero »

Hallo Ovid, auch von mir ein herzliches willkommen zurück. Rainer
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Sakura
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Sakura »

Hallo Ovid,

schön, Dich wieder hier zu lesen! Dein neuer Text macht mich neugierig.

Sakura
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Khenu Baal
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Khenu Baal »

Ovid hat geschrieben:Je mehr ich mit Kindern zusammenbin, desto weniger verlangt mein sexueller Teil eine die "viehische Befriedigung" oder orgasmische Erfüllung. Je weniger ich mit Kindern zusammenwar, desto mehr wurde mein sexueller Teil dominant, mein anderer Teil war seelenallein und verkümmerte.
*unterschreib*
Ovid hat geschrieben:Ich bin zurück, zwar wesentlich Nichtwissender, aber unbeschwerter und glücklicher als zuvor.
Es tut gut, Dich zu lesen. Das tröstet mich über das Nichtganzverstehen des quantenphysikalischen Teils hinweg.
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Smaragd aus Oz
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Smaragd aus Oz »

Ich habe auch nicht alles verstanden. Aber den von Khenu zitierten Abschnitt kann ich ebenfalls unterschreiben; diese beschriebene Erkenntnis fand ich beruhigend und heilend zugleich.
Ovid hat geschrieben:zurück, zwar wesentlich Nichtwissender

Wenn Du diesen Eindruck hast, bist Du wissender als diejenigen, die meinen, die Antwort gefunden zu haben.
... Und hab’s Pflücken nicht gemacht.
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Ovid
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Ovid »

Smaragd aus Oz hat geschrieben: Wenn Du diesen Eindruck hast, bist Du wissender als diejenigen, die meinen, die Antwort gefunden zu haben.
Hehe, ja. Man kann es so und so drehen. Sagen wir mal, ich habe an Meta-Wissen gewonnen und aus dessen Konsequenz erfahren weniger über das "Wissen der Dinge" zu wissen. :lol:
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Bruno
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Bruno »

Es freut mich ausgesprochen, wieder Texte von Ovid hier lesen zu dürfen.
Ich habe Ovids Texte - auch wenn ich die darin oft explizit vertretene pädosexualistische Haltung bekanntlich niemals teilen konnte - immer als wesentliche, niveauanhebende Bereicherung für das Forum erlebt.

Die im Threaderöffnungstext proklamierte Programmatik des "neuen Ovid" verspricht viel: Ich bin der letzte, der darin widersprechen würde, dass kausales Denken seine offensichtlichen Grenzen hat und haben muss. Und dies gilt freilich in allererster Linie dort, wo es sich unmittelbar auf das menschliche Individuum bezieht.

In einem Punkt möchte ich aber einhaken:
Ovid hat geschrieben:Dabei bin ich mir absolut sicher: Jeder ist schizophren zwischen seinem Ich und seinem Sexual-Ich. Der lebenslange klägliche Versuch der Verbindung beider Welten ist der absolute Motor alles seelischen Selbstzertrümmerns, aller selbstgerechten Weisheiten oder Hasskampagnen.
(Hervorhebungen von mir.)

Die Formulierung ist problematisch und wird der im Gesamttext proklamierten weiten Sichtweise nicht gerecht. Der hier suggerierte Dualismus zwischen dem individuellen Ich und dem Sexual-Ich als gewissermaßen umfassendes menschliches Erklärungsmodell ist für mich nicht haltbar und müsste vielmehr der Vorstellung eines Pluralismus von vielen Ichs weichen. Denn Sexualität alleine ist es freilich nicht, die ins individuelle Ich integriert werden muss, sie ist in Wirklichkeit nur ein kleiner Teil von so vielem.

Doch ganz unabhängig davon sei abschließend nochmals gesagt:
Ich freue ich mich darauf, wieder Texte von Ovid im Forum lesen zu dürfen! :)
Zuletzt geändert von Bruno am 18.03.2010, 00:49, insgesamt 1-mal geändert.
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clara
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von clara »

Ovid hat geschrieben:Bisher habe ich ein Leben lang die Welt nach dem Prinzip der Ursache und zugehöriger Wirkung gesehen. Beschämt bin ich an einen Punkt angekommen, der mir auf vernichtenste Weise zeigt, dass ich falsch lag. Unserer Innerstes selbst beherbergt ein großes Es der Undefiniertheit und Ungewissheit, ein quasi quantentheoretisches Phänomen, einmal bedeutet es Welle einmal Teilchen, einmal beides.
Aber warum schließt denn diese Erkenntnis denn deinen Glauben an das Prinzip von Ursache und Wirkung aus? Vermutlich bedarf es da für mich noch einer ausführlicheren Erklärung, wenn dir danach ist :) Sinn macht es für mich nur, wenn du sagst, Ursachen müssen bewusst gesetzt werden. Vielleicht hab ich es aber auch nur falsch verstanden.


Ich bewunder deine Fähigkeit so komplexe Gedanken überhaupt zu haben und diese dann auch noch teilen zu können.
Schön, dass du (wieder?) da bist!
Ich freue mich mehr von dir zu lesen und meinen Kopf ein bisschen anzustrengen, um auch vielleicht etwas von deinen Beiträgen mitnehmen zu dürfen, Denkanstöße zu bekommen, mich auseinander zu setzen.
~ wer am menschen nicht scheitern will trage den unerschütterlichen entschluss des durch-ihn-lernen-wollens wie ein schild vor sich her. ~
*christian morgenstern*
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Sally
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Sally »

Was ich an deinem Eröffnungsbeitrag richtig stark finde, ist der Stil, in dem er verfasst ist. Das nenn ich ein richtig schönes Deutsch! Ich will mal die kühne Vermutung wagen, dass du eine Vorliebe für Hugo von Hofmannsthal hast, zumindest aber allgemein für den Ästhetizismus. Treffer oder voll daneben? ;-)
Auf inhaltlicher Ebene hab ich an verschiedenen Stellen zumindest ein gewisses Bedürfnis, nachzufragen. Nun steht dieses Bedürfnis leider in einem Widerspruch zu dem subjektivistischen Ansatz, den du in deinem Beitrag proklamierst, weswegen ich es für den Augenblick bei der Frage belassen willst, ob du überhaupt gerne darüber reden würdest.

@ Bruno:
Die Formulierung ist problematisch und wird der im Gesamttext proklamierten weiten Sichtweise nicht gerecht. Der hier suggerierte Dualismus zwischen dem individuellen Ich und dem Sexual-Ich als gewissermaßen umfassendes menschliches Erklärungsmodell ist für mich nicht haltbar und müsste vielmehr der Vorstellung eines Pluralismus von vielen Ichs weichen. Denn Sexualität alleine ist es freilich nicht, die ins individuelle Ich integriert werden muss, sie ist in Wirklichkeit nur ein kleiner Teil von so vielem.
Naja, die Erklärung für diesen Dualismus liegt doch auf der Hand: Philosophen haben seit Menschengedenken nur zwei Möglichkeiten der Teilung, nämlich die Zweiteilung und die Dreiteilung. Letztere tritt grundsätzlich als eine Zweiteilung auf, deren einer Ast dann noch einmal aufgeteilt wird. Warum nicht durch vier, fünf, zehn oder n teilen? Na weil das unphilosophisch wäre. Es würde aus dem kritisch-konstruktiven Gegeneinander zweier Ansichten ein unphilosophierbares Grau von Meinungen machen ;-)

Liebe Grüße,
Motörshumway
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Ovid
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Ovid »

Hey Bruno,
Bruno hat geschrieben: Die Formulierung ist problematisch und wird der im Gesamttext proklamierten weiten Sichtweise nicht gerecht. Der hier suggerierte Dualismus zwischen dem individuellen Ich und dem Sexual-Ich als gewissermaßen umfassendes menschliches Erklärungsmodell ist für mich nicht haltbar und müsste vielmehr der Vorstellung eines Pluralismus von vielen Ichs weichen. Denn Sexualität alleine ist es freilich nicht, die ins individuelle Ich integriert werden muss, sie ist in Wirklichkeit nur ein kleiner Teil von so vielem.
Stimmt Bruno. Auch, wenn mein Fokus auf diesem speziellen Dualismus lag, darf ich alles andere nicht ausklammern. :)
Leider erweckte es den Anschein als täte ich dies. (unglücklich formuliert)
Bruno hat geschrieben: Doch ganz unabhängig davon sei abschließend nochmals gesagt:
Ich freue ich mich darauf, wieder Texte von Ovid im Forum lesen zu dürfen! :)
Danke. :')

Hi clara,
clara hat geschrieben: Aber warum schließt denn diese Erkenntnis denn deinen Glauben an das Prinzip von Ursache und Wirkung aus? Vermutlich bedarf es da für mich noch einer ausführlicheren Erklärung, wenn dir danach ist :) Sinn macht es für mich nur, wenn du sagst, Ursachen müssen bewusst gesetzt werden. Vielleicht hab ich es aber auch nur falsch verstanden.
Ich schließe es nicht vollkommen aus, aber als einziges Erklärungsmuster und Modell ist das Ursache<->Wirkung -Prinzip einfach unzureichend.
Es fühlt sich so an als würdest du Scheuklappen, die du nie zuvor bemerkt hattest, abnehmen und auf einmal ein breiteres Sprektrum des Lebens einvernehmen können. :)
clara hat geschrieben: Ich bewunder deine Fähigkeit so komplexe Gedanken überhaupt zu haben und diese dann auch noch teilen zu können.
Schön, dass du (wieder?) da bist!
Ich freue mich mehr von dir zu lesen und meinen Kopf ein bisschen anzustrengen, um auch vielleicht etwas von deinen Beiträgen mitnehmen zu dürfen, Denkanstöße zu bekommen, mich auseinander zu setzen.
Meine größte Schwierigkeit - und ich denke das wird allen so gehen - ist es die Verflechtungen und Verkrümmungen seines Gedankengestirns wörtlich abbilden zu können und zwar möglichst so, dass es ein anderer Geist möglichst unverfälscht und mit annähernd ähnlicher Qualität aufzunehmen vermag. Umso freudiger und erleichternder ist es, wenn andere diesen Text gerne lesen und selbst jede Verirrung und -wirrung zu Gunsten des Lesespaßes abschütteln.
Sally hat geschrieben:Was ich an deinem Eröffnungsbeitrag richtig stark finde, ist der Stil, in dem er verfasst ist. Das nenn ich ein richtig schönes Deutsch! Ich will mal die kühne Vermutung wagen, dass du eine Vorliebe für Hugo von Hofmannsthal hast, zumindest aber allgemein für den Ästhetizismus. Treffer oder voll daneben? ;-)
Tut mir Leid. Kenne ich nicht. :o
Aber vielleicht schubst du mich gerade in eine sehr interessante Richtung, die es auszuprobieren gilt. Alles notiert. Danke Sally. :)
Sally hat geschrieben: Auf inhaltlicher Ebene hab ich an verschiedenen Stellen zumindest ein gewisses Bedürfnis, nachzufragen. Nun steht dieses Bedürfnis leider in einem Widerspruch zu dem subjektivistischen Ansatz, den du in deinem Beitrag proklamierst, weswegen ich es für den Augenblick bei der Frage belassen willst, ob du überhaupt gerne darüber reden würdest.
Wirf den Stein! :)
Sally hat geschrieben: Naja, die Erklärung für diesen Dualismus liegt doch auf der Hand: Philosophen haben seit Menschengedenken nur zwei Möglichkeiten der Teilung, nämlich die Zweiteilung und die Dreiteilung. Letztere tritt grundsätzlich als eine Zweiteilung auf, deren einer Ast dann noch einmal aufgeteilt wird. Warum nicht durch vier, fünf, zehn oder n teilen? Na weil das unphilosophisch wäre. Es würde aus dem kritisch-konstruktiven Gegeneinander zweier Ansichten ein unphilosophierbares Grau von Meinungen machen ;-)
Genau. Wenn man das Ganze, die Gesamtheit und Alles auf einmal sagen könnte, dann hätte ich das längst getan.
Es ist sehr schade, dass man mit jedem Text so vieles vernachlässigt und zwar notwendigerweise immer mehr, als man Beachtung schenken kann.
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Sally
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Sally »

Wirf den Stein! :)
Freut mich :-) Dann will ich mich mal ins Vergnügen stürzen!
Bisher habe ich ein Leben lang die Welt nach dem Prinzip der Ursache und zugehöriger Wirkung gesehen. Beschämt bin ich an einen Punkt angekommen, der mir auf vernichtenste Weise zeigt, dass ich falsch lag. Unserer Innerstes selbst beherbergt ein großes Es der Undefiniertheit und Ungewissheit, ein quasi quantentheoretisches Phänomen, einmal bedeutet es Welle einmal Teilchen, einmal beides.
Keiner weiß eigentlich genau, was er will, nur zu was er gemacht worden ist zu wollen und zu dürfen. Die eigene Qualia und Erlebniswelt dürfte sich für jeden unter uns als noch körniger darstellen, als die Zeit im Plankschen Wirkungsquantum, jeder strömt auf seiner Welle in alle Bereiche seines kleinen Qualia-Bewusstseins ohne Zugriff auf das seines viel größeren Unbewusstseins.
Immer nach der Suche einer Welterklärung zwischen Versimplifizierung, Verkomplizierung und Verzweiflung.
Dabei bin ich mir absolut sicher: Jeder ist schizophren zwischen seinem Ich und seinem Sexual-Ich. Der lebenslange klägliche Versuch der Verbindung beider Welten ist der absolute Motor alles seelischen Selbstzertrümmerns, aller selbstgerechten Weisheiten oder Hasskampagnen.
Wenn ich deinen Beitrag im Ganzen richtig verstanden habe, dann müsste es doch genau genommen nicht heißen: "Keiner weiß eigentlich genau, was er will.", sondern: "Keiner weiß eigentlich genau, ob er weiß, was er will." Die beiden Pole der inneren Zerrissenheit, die du beschreibst, können im Widerspruch zu einander stehen oder auch nicht. Die Schwierigkeit liegt darin, dass ihr Verhältnis zu einander dem Menschen uneinsichtig ist. Bin ich so weit auf dem richtigen Pfad, dir zu folgen?
Wenn du dann behauptest, jeder habe ein großes Unbewusstsein in/bei/mit sich, dann will ich dir aus eigener Erfahrung widersprechen. Wann immer ich ein Unbewusstsein wahrnehme, dann kommt es mir weit eher so vor, als hätte dieses Unbewusstsein mich - das bewusste Wesen, das ich bin. Im Grunde bestätigst du diese Sicht, wenn du in psychoanalytischen Worten von einem Es redest. Dieses wir nicht ohne Grund vom Ich unterschieden.
Ich frage mich nun eines: Wir haben sicherlich die größten Probleme mit unserer Sexualität. Auch wenn wir es irgendwann schaffen sollten uns ein funktionierendes Bild einer möglichen Erklärung zu bauen, kann diese wie jede andere nicht allgemein stimmen, denn sie ist variant und wesensunterschiedlich für jedes andere Individuum. Wir haben nur uns selbst gefunden und niemanden anderes. Wann immer wir unsere sexuelle Weisheit anderen aufbürden, dann übertragen wir dem anderen auch die große Aufgabe diese in sein Bild einzufügen.
In unserer Kindheit bleibt die Sexualität ein "Alien in uns". [1]
Und das muss so sein, und zwar aus der natürlichen Grausamkeit heraus, dass wir nie die volle Kontrolle über unsere Sexualität haben dürfen, denn das würde die natürliche Reproduktion hemmen. Die Nebenwirkung der völligen Nicht-Kontrolle ist auch die Unvorhersagbarkeit der psychischen Vereinigung beider schizophrener Parteien in uns.
Hier habe ich ein wenig das Gefühl, es mit einem Fehlschluss zu tun zu haben, zumindest aber mit einem Schluss, der zu grob erklärt ist, als dass ich ihm folgen könnte. Du beginnst mit der Feststellung, dass jede Erkenntnis im Grunde Selbsterkenntnis sei. Wenn du dann fortfährst, indem du auf eine negativ behaftete Weise von Versuchen redest, diese Weisheit mit anderen zu teilen, dann setzt du gleichzeitig voraus, dass jede Erkenntnis ausschließlich Selbsterkenntnis sei, dass sie also ihrem Wesen nach nicht übertragbar sei - eine stark radikalisierte Version deiner eingänglichen Feststellung also, die mir ohne nähere Erklärung irgendwie in der Luft zu hängen scheint.
Ich bin mir allerdings nicht bis ins Letzte sicher, ob du die Weitergabe von Erkenntnissen hier wirklich negativ behaften willst. Der Ton, den ich in deinem Text zu hören meine, spricht zwar dafür, aber eindeutig am Inhalt festmachen könnte ich das nicht.
Für mich habe ich gemerkt: Je mehr ich mit Kindern zusammenbin, desto weniger verlangt mein sexueller Teil die "viehische Befriedigung" oder orgasmische Erfüllung. Je weniger ich mit Kindern zusammenwar, desto mehr wurde mein sexueller Teil dominant, mein anderer Teil war seelenallein und verkümmerte.
Ich würd gerne erfahren, was genau du vor Augen hast, wenn du von "viehischer Befriedigung" redest. Hier ist ja der negative Beiklang offensichtlich, ebenso die dahinter stehende Hierarchisierung.
Was veranlasst einen dazu sämtliche wissenschaftliche Dokumente zu verschlingen und zu argumentieren und zu schreiben und wissen und zu besserwissen und zu rechtfertigen und sich ungerecht behandelt zu fühlen und mehr zu wollen und mehr zu verlangen und unbedingt Moralsieger zu sein und zu verurteilen und ohne es zu wissen egoistischer zu sein als man sich je hätte einschätzen können, so egoistisch zu sein, dass man sich mit den falschen Blumen der Bescheidenheit schmückt ohne zu merken, dass man der größte aller Heuchler ist? Ein Manipulant, ein Besserwisser, ein Agitator.
Ich find die Frage ebenso interessant wie das ihr zugrunde liegende Maß an Selbstkritik beeindruckend. Hast du für dich eine Antwort auf diese Frage?
Kann man Kinder sexuell attraktiv finden ohne Sex mit ihnen zu wollen? Ja. Kausalität ist hier undefiniert.
Ich habe kein Rätsel gelüftet, ich habe neue gefunden, ich habe nichts entdeckt ich habe umhüllt. Dinge, die umhült bleiben müssen, manchmal weit über die Kindheit hinaus. Keiner weiß, wie simpel seine eigene sexuelle Komplexität oder wie komplex seine sexuelle Simplizität ist und das ist das innerpsychisch gefährlichste, wenn man das ein oder andere Postulat an andere hinausträgt und durchsetzen will.
In sexuellen Belangen für lange Zeit auf sich allein gestellt sein [1] ist vielleicht das Wesen des Zusammenspiels des Ichs und seiner Sexualität, vlt. der einzige Grund warum es irgendwie funktionieren kann und sich einpendelt. Jeder muss seine eigene Erklärung finden. Fremde Erklärungen können Gift sein oder sich nahtlos einfügen, denn sie sind unvorraussehbar, nicht lenk- oder gar erklärbar. Denn selbst jede äußerliche gemeinschaftliche Bewertung entspringt einer aus zig verschiedenn körnigen wesensunterschiedlichen Qualias bereitgestellte Strömung eigens kreierter Information.
Ich denke, die Variable, die darüber entscheidet, ob oder ob nicht aus einem "sexuell attraktiv finden" ein "Sex mit [jemandem] wollen" wird, findet sich in den Umständen. Jemanden sexuell attraktiv zu finden, scheint mir zu bedeuten, sich Umstände denken zu können, unter denen man mit dieser Person Sex haben wollen würde.
Am Ende des Abschnittes kommst du dann zu einem Punkt, den ich für ganz wesentlich halte. Insbesondere der letzte Satz hat es in sich: "Denn selbst jede äußerliche gemeinschaftliche Bewertung entspringt einer aus zig verschiedenen körnigen wesensunterschiedlichen Qualias bereitgestellten Strömung eigens kreierter Information." An diesem Punkt stimm ich dir vollkommen zu (und tatsächlich war es für mich auch ein ziemlich langer Weg, an diesen Punkt zu gelangen). So etwas wie Objektivität, so sie denn irgendwo und in irgendeiner Form existieren sollte, ist dem Menschen unerreichbar. Was wir täglich erleben und allzu häufig mit Objektivität verwechseln, ist ungleich besser beschrieben, wenn wir es "Intersubjektivität" nennen.
Genau an dieser Stelle will ich dich nun verlassen, und zwar nicht zuletzt aufgrund des (erfreulich und außerordentlich gut gewählten) analogen Beispieles, mit dem du deinen Beitrag begonnen hast. Wenn wir uns Ichs als Teilchen vorstellen, die jedes für sich ganz unberechenbar und allem Anschein nach chaotisch durch die Raumzeit flitzen, dann müssen wir in der Konsequenz die Summe dieser Teilchen - die Menschheit also - mit der Welt identifizieren, die die Teilchen bilden. Und diese ist - ganz ungeachtet der chaotischen Natur ihrer kleinsten Teile - auf wundersame Weise berechenbar. Das ist das eigentlich wunderbare an der Quantentheorie: Indem sie nichts für engültig berechenbar erklärt, ermöglicht sie es letztlich, fast alles zu berechnen.
Die Frage ist nur, wie sich dieser einmalige Nutzen der Quantentheorie auf der anderen Seite der Analogie fruchtbar machen lässt. Darüber sollten wir diskutieren.
Allein die Existenz einer Meinungsverschiedenheit, erzeugt zwei neue Wahrheiten.
Der kleine Phänomenologe in mir jubelt vor Freude :-)
Wer sich selbst besser kennenlernen will muss sich eingestehen sich nicht zu kennen und er ist dazu verpflichtet jedem lernenden Individuum sein sexuelles Spannungsfeld mit möglichst wenig Erklärungen zu belasten und die Dinge offenzulassen, die jeder selbst füllen sollte, denn die Gefahr ist groß, obgleich sie denn immer besteht, dass die gefundene oder überlassene Erklärung ein harmonisches Zusammenspiel beider "Ichs" zernichtet. Sei es durch Ambivalenz, Erklärungsnot oder fatale Simplifizierung.
Dieser Absatz ist mir ein Rätsel. Hier machst du die Vermutung dingfest, die ich bereits an vorheriger Stelle gewähnt und für erklärungsbedürftig befunden habe. Ich sehe nicht, wo und wie dieser Aufruf, das Philosophieren einzustellen, irgendwo und irgendwie aus den vielen guten Ansätzen und spannenden Ideen deines Beitrages hervorgeht. Er scheint mir einfach so über dem Ganzen zu schweben, um meinen Gesamteindruck zu trüben. Wie gesagt, ich wäre sehr dankbar, wenn du dazu noch ein paar Worte verlieren könntest.
Ich bin zurück, zwar wesentlich Nichtwissender, aber unbeschwerter und glücklicher als zuvor.
Ich bin wirklich froh darüber, Sokr... äääh, Ovid ;-)
Und den Artikel lass ich einfach mal Artikel sein. Wenn es darum geht, mich mit Menschen zu unterhalten, die mir nicht antworten, dann stehen im Moment noch ziemlich viele weiter oben auf meiner Liste als dieser Spiegel Autor.

Liebe Grüße,
Motörshumway
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Ovid »

Hi Sally,

das Problem wird wahrscheinlich sein, dass ich eine eigene Sprache für das finden musste, was ich mir erdacht habe. Besonders bewandert bin ich nicht in der Psychologie oder Philosophie. Ich dachte ich wäre es, ich bin es nicht, ich habe vergleichsweise wenig gelesen. So kann es wohl kommen, dass ich Begriffe benutze, denen ich andere Bedeutungen zuschreibe als für das, wofür sie bekannt sind.
Sally hat geschrieben: Wenn ich deinen Beitrag im Ganzen richtig verstanden habe, dann müsste es doch genau genommen nicht heißen: "Keiner weiß eigentlich genau, was er will.", sondern: "Keiner weiß eigentlich genau, ob er weiß, was er will." Die beiden Pole der inneren Zerrissenheit, die du beschreibst, können im Widerspruch zu einander stehen oder auch nicht. Die Schwierigkeit liegt darin, dass ihr Verhältnis zu einander dem Menschen uneinsichtig ist. Bin ich so weit auf dem richtigen Pfad, dir zu folgen?
Hmm. Das große Problem ist sozusagen auch, zu bemerken bzw. bewusst zu empfinden, wann der eine Teil den anderen Teil beeinflusst und wann sie unabhängig voneinander arbeiten. Stell dir vor hinter dir stehen mehrer Personen, die deine zerissenen Teile verkörpern, die Inseln deines Seins. Nun wirft einer einen Stein und erlegt ein Tier, und ein anderer mag davon profitieren, aber der nächste schon leidet unter der Situation.
Und all die Empfindungen, Motive und Handlungsimpulse nimmst du gemeinsam wahr. Aber eine Zuordnung und Zerteilung kannst du selbst - du auf oberster Ebene, also die oberste gefühlte Schicht - am Ende nicht mehr machen. Also wieder ein Zurückruf: Deckt sich das mit deiner Vorstellung des Phänomens?
Sally hat geschrieben: Wenn du dann behauptest, jeder habe ein großes Unbewusstsein in/bei/mit sich, dann will ich dir aus eigener Erfahrung widersprechen. Wann immer ich ein Unbewusstsein wahrnehme, dann kommt es mir weit eher so vor, als hätte dieses Unbewusstsein mich - das bewusste Wesen, das ich bin. Im Grunde bestätigst du diese Sicht, wenn du in psychoanalytischen Worten von einem Es redest. Dieses wir nicht ohne Grund vom Ich unterschieden.
Ich benutze "Es" für unbekannt, gesucht. All die Inseln, die gemeinsam aus deinem innersten Wesen heraus nicht vorraussagbare Impulse an die Oberfläche tragen. Aber wie genau, wer, mit welcher Mischung und in welchem Zusammenspiel ist für uns nicht mehr nachvollziehbar.
Sally hat geschrieben: Hier habe ich ein wenig das Gefühl, es mit einem Fehlschluss zu tun zu haben, zumindest aber mit einem Schluss, der zu grob erklärt ist, als dass ich ihm folgen könnte. Du beginnst mit der Feststellung, dass jede Erkenntnis im Grunde Selbsterkenntnis sei. Wenn du dann fortfährst, indem du auf eine negativ behaftete Weise von Versuchen redest, diese Weisheit mit anderen zu teilen, dann setzt du gleichzeitig voraus, dass jede Erkenntnis ausschließlich Selbsterkenntnis sei, dass sie also ihrem Wesen nach nicht übertragbar sei - eine stark radikalisierte Version deiner eingänglichen Feststellung also, die mir ohne nähere Erklärung irgendwie in der Luft zu hängen scheint.
Ich bin mir allerdings nicht bis ins Letzte sicher, ob du die Weitergabe von Erkenntnissen hier wirklich negativ behaften willst. Der Ton, den ich in deinem Text zu hören meine, spricht zwar dafür, aber eindeutig am Inhalt festmachen könnte ich das nicht.
Ich wollte eher eine qualitative Aussage machen, also kaum eine binärer Art. Eher wollte ich zu sagen versuchen: Wir gehen mit unserem Wissen zu aufdringlich um, zu Selbstgewiß und arrogant. Wir drängen uns dem anderen auf, und das finde ich falsch.
Ich wollte keinesfalls nichtig machen, dass man vom anderen lernen kann.
Denn das kann man ganz sicher, allerdings muss die empfangene Information einer gewissen Synthese des eigenen Wesens durchlaufen.
Sally hat geschrieben: Ich würd gerne erfahren, was genau du vor Augen hast, wenn du von "viehischer Befriedigung" redest. Hier ist ja der negative Beiklang offensichtlich, ebenso die dahinter stehende Hierarchisierung.
Hmm. Ich muss ehrlich noch einmal überlegen, wie ich das nun gemeint habe.
Ich meine wohl eine Insel der Sexualität, die Handlungsimpulse ausschüttet um eigene Bedürfnisse zu befriedigen.
Aber da wir ja nicht nur durch diese Insel bestimmt werden, gibt es andere, die diesen Teil von dir kontrollieren, gesetzt dem Falle, dass sie gesund funktionieren können. Und das geht nur, wenn sie selbst dafür sorgen, sozusagen Dinge von der obersten Ebene - der Exekutive - einzufordern und dann als Ergebnis ihr "Futter" erhalten. Bekommen sie dies nicht, verkümmern sie und andere Inseln übernehmen die Kontrolle.

Bei einem gesunden Menschen, gibt es ein gesundes und harmonisches Zusammenspiel aller Teile. Ist das Umfeld allerdings negativer Struktur, wird man vernachlässigt, unterdrückt oder angegriffen, dann gerät dieses Zusammenspiel durcheinander und man wird krank, viele Teiles des Ichs verkümmern und leiden, andere werden tumorartig größer breiten sich aus.
Sally hat geschrieben: Ich find die Frage ebenso interessant wie das ihr zugrunde liegende Maß an Selbstkritik beeindruckend. Hast du für dich eine Antwort auf diese Frage?
Ich weiß es nicht. Es besteht zwar nun die Gefahr, dass ich einen Bestätigungsfehler begehe, aber ich glaube einfach mal es kamen Teile in mir einfach nicht zum Zuge und andere verursachten dieses mein Verhalten und wurden größer und wuchsen... Ich habe sogar schon gelogen - es selbst heruntergeredet und vertuscht und verharmlost als kleine Ungenauigkeit - im Rückblick sehr peinlich, ich kann nur demütig den Kopf senken.

Ich möchte ein friedsames Gleichgewicht finden. Ein ehrliches, aufrichtiges Erleben meiner Selbst. Dafür will ich ein Gefühl finden. Auch wenn wir in unsere innersten Geschicke nie jemals reinschauen können, können wir es vlt. doch schaffen auch von "außen" ein Gleichgewichtsgefühl zu finden.
Sally hat geschrieben: Ich denke, die Variable, die darüber entscheidet, ob oder ob nicht aus einem "sexuell attraktiv finden" ein "Sex mit [jemandem] wollen" wird, findet sich in den Umständen. Jemanden sexuell attraktiv zu finden, scheint mir zu bedeuten, sich Umstände denken zu können, unter denen man mit dieser Person Sex haben wollen würde.
Am Ende des Abschnittes kommst du dann zu einem Punkt, den ich für ganz wesentlich halte. Insbesondere der letzte Satz hat es in sich: "Denn selbst jede äußerliche gemeinschaftliche Bewertung entspringt einer aus zig verschiedenen körnigen wesensunterschiedlichen Qualias bereitgestellten Strömung eigens kreierter Information." An diesem Punkt stimm ich dir vollkommen zu (und tatsächlich war es für mich auch ein ziemlich langer Weg, an diesen Punkt zu gelangen). So etwas wie Objektivität, so sie denn irgendwo und in irgendeiner Form existieren sollte, ist dem Menschen unerreichbar. Was wir täglich erleben und allzu häufig mit Objektivität verwechseln, ist ungleich besser beschrieben, wenn wir es "Intersubjektivität" nennen.
So schwierig es schon ist, die inneren Geschicke eines einzelnen Menschen aufzudecken, umso unglaublich schwieriger ist es eine ganze Gesellschaft erklären zu wollen, wo nur subjektive Oberflächen aneinanderreiben und ein Ergebnis erzielen. "Intersubjektivität" ist ein sehr gutes Wort dafür, danke.
Sally hat geschrieben: Genau an dieser Stelle will ich dich nun verlassen, und zwar nicht zuletzt aufgrund des (erfreulich und außerordentlich gut gewählten) analogen Beispieles, mit dem du deinen Beitrag begonnen hast. Wenn wir uns Ichs als Teilchen vorstellen, die jedes für sich ganz unberechenbar und allem Anschein nach chaotisch durch die Raumzeit flitzen, dann müssen wir in der Konsequenz die Summe dieser Teilchen - die Menschheit also - mit der Welt identifizieren, die die Teilchen bilden. Und diese ist - ganz ungeachtet der chaotischen Natur ihrer kleinsten Teile - auf wundersame Weise berechenbar. Das ist das eigentlich wunderbare an der Quantentheorie: Indem sie nichts für engültig berechenbar erklärt, ermöglicht sie es letztlich, fast alles zu berechnen.
Die Frage ist nur, wie sich dieser einmalige Nutzen der Quantentheorie auf der anderen Seite der Analogie fruchtbar machen lässt. Darüber sollten wir diskutieren.
Ach ich wollte nur angeben, ich verstehe nichts von Quantentheorie. xD
Das tue ich aber häufiger: Mal ein bisschen darüber gehört zu haben und dann am Ton, am Kontext am Wort selbst sich ein Bild zu bauen, das man dann in seinen bildlichen Vergleich einfügt. So erstaunlich häufig, können dann andere damit tatsächlich etwas anfangen. Entweder weil ich grob richtig lag, oder vielleicht weil die Bedeutungen überall schon so multivalent sind, dass sie sich beliebig passend biegen lassen.

Kommen wir nicht so zu einem großen Kommunikationsproblem? Viele haben das Vermögen die unverständlichsten Dinge in seine unglaublich gummige und variable Form zu gießen und vereinigt mit seinen eigenen Gedanken etwas neues zu produzieren, dass sich nahtlos einzufügen scheint, oder vlt. doch sogar ist? Eigentlich schon ein kleines Wunder, dass Kommunikation oft so gut funktioniert, und manchmal so katastrophal und vernichtend scheitert.

Oft ist es nicht eine anscheinende Meinungsverschiedenheit an sich, sondern die Kommunikation darüber, die scheitert. Das beste Beispiel: Es verfolgen so viele Parteien das Kindeswohl und doch können sie zerstrittener nicht sein.
Interessant wäre die Analayse um mal zu schauen, wo eigentlich ein vlt. gegensätzlicher/unterschiedlicher Inhalt und wo aber nur die Kommunikation selbst scheitert.
Oha. Ich glaube ich weiche ab. ;)
Sally hat geschrieben: Dieser Absatz ist mir ein Rätsel. Hier machst du die Vermutung dingfest, die ich bereits an vorheriger Stelle gewähnt und für erklärungsbedürftig befunden habe. Ich sehe nicht, wo und wie dieser Aufruf, das Philosophieren einzustellen, irgendwo und irgendwie aus den vielen guten Ansätzen und spannenden Ideen deines Beitrages hervorgeht. Er scheint mir einfach so über dem Ganzen zu schweben, um meinen Gesamteindruck zu trüben. Wie gesagt, ich wäre sehr dankbar, wenn du dazu noch ein paar Worte verlieren könntest.
Hier kommt noch einmal zum Ausdruck, was ich oben anriss.
Wir sind alle oft zu aufdringlich mit unserer Meinung (ich selbst gerade mit dieser wahrscheinlich *g*)
und dazu kommt noch ein anderes Phänomen, was diesen Effekt verstärkt bzw. diesen noch fataler macht:
Ich glaube wir entfremden uns alle voneinander, wir sehen den anderen nicht mehr, nur immer mehr uns selbst oder unsere Familieninsel, unsere Foreninsel, unsere Freundesinsel und irgendwie "funktioniert" (oder doch nich so gut) trotzdem alles. Es gibt kein größeres Zusammengehörigkeitsgefühl mehr. Religionen sind out, das Zusammenrücken und gegenseitig helfen in Kriegszeiten gibt es nicht mehr, keinen großen Feind, der das Land bedroht usw. Stattdessen scheinen unsere neuen Feinde wir selbst zu sein. Sie sprießen aus unserer Mitte, die gewalttätige Jugend, die gefährlichen Sexualstraftäter, und sie trennen uns alle, zerbrechen uns in der Mitte und jeder stürmt mit seiner Agenda gegen die andere an. Ein Kampf vieler kleiner Parteien, die genaugenommen alleine sind und nichts anderes sehen als sich selbst.
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Bruno »

Ovid hat geschrieben:[...] Ein Kampf vieler kleiner Parteien, die genaugenommen alleine sind und nichts anderes sehen als sich selbst.
Ich glaube, sie sehen nicht einmal wirklich sich selbst, nur das, was sie für ihr Selbst halten.
Vielleicht resultieren ja genau daraus die Probleme?

Die von dir im letzten Textblock indirekt thematisierte Frage, ob verbindend wirkende Ideologien oder eine allgemeine Orientierungslosigkeit besser ist, kommt in etwa der Entscheidung zwischen Pest und Cholera gleich.
Es muss etwas Drittes geben: Persönliche, echte Überzeugungen, die auch vorgelebt und als Vorbild wirksam werden können. Vor allem ist damit wohl eine entschiedene Abkehr von dem in unserer Gesellschaft so grassierenden oberflächlichen, "emanzipatorisch"-hedonistisch geprägten "Freiheits"-Begriff verbunden. Die Kultivierung der äußeren Freiheits-Ideologie lässt das Individuum gerne das äußerst problematische Defizit an innerer Freiheit und einem authentisch-ganzheitlichen Leben übersehen. Ich glaube, dass du mit deinem Threaderöffungsbeitrag (und den Folgebeiträgen) einen wichtigen Beitrag zu dem so notwendigen Bezugspunkt-Wechsel von außen nach innen geleistet hast.

Zu diesem Bezugspunkt-Wechsel passt auch die Erkenntnis in der Rede des Clowns in Michael Endes "Der Spiegel im Spiegel":

Hochverehrtes Publikum,

[...] Dies ist der Augenblick der Wahrheit, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ein Augenblick ist, und ich weiß nichts von der Wahrheit, und wen ich mit "ich" meine, weiß ich am allerwenigsten. [...]
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Re: Ursache und Wirkung

Beitrag von Horizonzero »

@ Ovid, bei Sallys Account schreiben sowohl Sally als auch Motörshumway, von daher sind Deine Zitate schlecht nachvollziehbar für Nutzer die das nicht wissen ...
(im Quote Befehl kann man den Namen auch selber setzen)
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