Ein bisschen anonym? Wie Selfie-Journalismus Informanten gefährdet
Verfasst: 24.10.2018, 08:10
Für alle die künftig noch Interviews oder Vergleichbares (lol) geben wollen:
Die forensische Methode ist aufwändig, bietet aber glänzende Erfolgsaussichten für die Schlapphüte. Bei Tonaufnahmen für einen Fernsehbeitrag sind immer einige Umgebungsgeräusche zu hören. Dazu zählt auch ein für Menschen nicht hörbares Summen. „Dieses Summen entsteht durch Geräte, die mit Strom betrieben werden, zum Beispiel PCs, Lampen oder Kühlschränke“, erklärt der Computerwissenschaftler und IT-Forensiker Niklas Fechner.
Die elektrische Netzfrequenz ist standardmäßig auf 50 Hertz festgelegt worden. „Das Besondere dieser Frequenz ist aber, dass sie sich ständig geringfügig verändert“, sagt Fechner. Bei einer Aufnahme von nur fünf oder zehn Sekunden können die Forensiker die minimalen Schwankungen genau nachverfolgen. Diese einzigartigen Schwankungen sind wie ein Fingerabdruck.
Dieser Frequenzverlauf wird nun mit den tatsächlichen Netzschwankungen in der Vergangenheit abgeglichen. „Dafür gibt es entsprechenden Datenbanken, die von den Energieversorgern, aber auch zum Beispiel vom Bundeskriminalamt betrieben werden“, sagt Fechner. Seit dem Jahr 2005 gibt es solche Frequenzdatenbanken auch in Deutschland, in den USA bereits einige Jahre länger. Seit 2009 werden die elektrischen Netzfrequenzen flächendeckend in der Bundesrepublik aufgezeichnet. „Und diese Datenbanken stellen tatsächlich sekündliche Abbildungen der Frequenz zur Verfügung“, sagt Fechner.
Damit lässt sich die Zeit einer Fernsehaufnahme sehr leicht bestimmen. Je enger sich dann über die regional und teilweise lokal unterschiedlichen Frequenzschwankungen im Mikrobereich der Aufnahmeort eingrenzen lässt, kann auch das auszuwertende Material der Überwachungskameras reduziert werden.