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Handysüchtig

Verfasst: 29.12.2017, 20:46
von Robi
Ich kenne ein Mädchen 10 Jahre alt, sie heißt Anna.

Seit sie ein Smartphone zu ihrem Geburtstag geschenkt bekommen hat, vernachlässigt sie alles.
Alle ihre Hobbys sind plötzlich uninteressant. Reiten, Ballet usw. Alles ist jetzt doof.

Sie möchte nur noch ihr Smartphone und ihre Ruhe haben.

Wenn sie das Smartphone in der Hand hat, ist sie garnicht mehr ansprechbar.
Immer wenn ich sie sehe, sitzt sie an ihrem Smartphone. Sie lebt jetzt in ihrer eigenen virtuellen Welt.

Und wenn ihre Mutter sagt, sie soll es mal weglegen wird sie aggressiv und schreit herum.

Habt ihr damit Erfahrungen?

Wie sollte man am besten damit umgehen?

Re: Handysüchtig

Verfasst: 29.12.2017, 20:51
von Sakura
Die Zündung eines thermonuklearen Sprengsatzes im Umkreis von 15 km wäre eine Lösung.

Es gibt aber noch andere. Das müssen die Eltern aber in die Hand nehmen.

Re: Handysüchtig

Verfasst: 29.12.2017, 21:14
von Mitleser
Die Eltern hätten im Vorfeld klare Regeln aufstellen müssen, in welchem Umfang die Smartphone-Nutzung in Ordnung ist. Offenbar haben sie das versäumt, so verwundert es wenig, dass das Mädchen dem Reiz der virtuellen Welt erlegen ist. Man kann wohl nur versuchen, etwas abzuwarten, bis die anfängliche Begeisterung verflogen ist, dann aber müssen die Eltern durchgreifen, bevor die Begeisterung tatsächlich zu einer Sucht wird. Vielleicht ist der Punkt ja auch schon erreicht, aus der Ferne lässt sich das naturgemäß schlecht abschätzen. Ich weiß nicht, in welchem Verhältnis Du zu Anna und ihren Eltern stehst, aber wenn Du denkst, dort etwas bewegen können, dann rede mit ihnen, um eine Lösung zu finden.

Re: Handysüchtig

Verfasst: 29.12.2017, 21:27
von LeGo
Hallo Robi,

Du fragst in einem Pädoforum nach pädogogischen Tipps? :-D Gewagt, aber wieso nicht?

Deine Rolle ist mir hier nicht ganz klar. Bist du ein Freund der Familie? Der Begatter von der Mama? Inwiefern bist du in die Erziehung des Kindes miteingebunden? Entscheidend? Beratend? Oder magst Du einfach mal von außen schauen, bzw. Deine Vorstellungen mit denen anderer abgleichen?

Da hast Du auf jeden Fall eine extrem schwierige Situation beschrieben. Sie ist jetzt womöglich am Beginn der Pubertät und durch die dazugehörige Ablösung von den Eltern und anderen ehemaligen Bezugspersonen ist scheinbar kein Zugang zu ihr zu finden, was sich ja auch durch ihr aggressives Verhalten ausdrückt. Außerdem ist das DIng grad neu und interessant - möglicherweise erledigt sich da eh schon vieles von selbst mit der Zeit. Nichtsdestotrotz führt JETZT aber, so wie du es beschreibst, kein Weg am Reingehen in den Konflikt vorbei. Das hätte im Optimalfall natürlich VORHER stattfinden müssen. Also klare Regeln.

Nun ist das Kind aber im Brunnen, also heißt eserstmal REFLEKTIEREN. Was möchte man eigentlich erreichen und warum. Denn es geht ja nicht plump um "weniger Handy", sondern darum, dass durch die exzessive Nutzung andere Lebensbereiche zu kurz kommen. Hier also wirklich genau beobachten und analysieren, was jetzt in welchem Maße zu kurz kommt, welche Folgen zu beobachten sind. Und welche Relevanz das für wen hat.

Zum Beispiel das Reiten. Es ist zwar verdammt schade und es steckt ja womöglich auch ne Menge Geld in der entsprechenden Förderung, es ist aber nicht elementar wichtig für ihr Leben und ihre Entwicklung. Weder für ihre Bildung, noch für ihr soziales Umfeld (nehme ich an). Sie lehnt nun erst mal vieles ab, möchte sich lösen, an Autonomie gewinnen. Womöglich kommt sie irgendwann wieder zurück zu diesem Hobby, vielleicht eben auch nicht.

Andere Dinge sind weniger verhandelbar. Schule, familiär-soziale Rituale, usw.

Ich bin kein Fan von Möchtegern-bedürfnisorientierter Erziehung und schon gar nicht von Laissez-Faire. Aggressives Verhalten ist in dieser Phase vielleicht nicht ungewöhnlich, sollte deshalb aber noch lange nicht toleriert werden. Natürlich soll sie Freiräume bekommen und natürlich hat sie am Familienalltag und den dazugehörigen Regeln zu partizipieren. Ich würde sie aber nicht mit Samthandschuhen anfassen und sie in die Verantwortung nehmen.

In einem Gespräch ist zu klären, was ihr so wichtig ist am Handy, was sie überhaupt machen möchte, also wie sie sich das so alles vorstellt. Umgekehrt formuliert der Erwachsene seine Erwartungen und Wünsche. Und der Erwachsene ist in der Verantwortung einen Rahmen vorzugeben, in dem sich das Kind bewegen kann. Trotzdem soll sie sich Ernst genommen fühlen. Es fällt mir schwer da jetzt konkret zu werden, weil es sehr individuell ist und eben auch von oben genannter, vorheriger Abklärung der Situation abhängt. Bei dem Einen Kind muss man krasser regulieren und strukturieren, bei dem anderen weniger. Beim Essen kein Smartphone z.B. ist klar. Wenn sie aber der Meinung ist, dass sie danach unbedingt Up-to-date sein muss, dann soll sie nach dem Essen halt eine Viertelstunde zugesichert bekommen - dann werden aber die HAs und andere Pflichten erledigt. Hier soll sie natürlich die Möglichkeit haben sich selbstständig an die Abmachung zu halten. Wenn es nicht klappt, wird das Handy in dieser Zeit eben beschlagnahmt. Oder so ähnlich. Rechte und Pflichten halt. Und wenn auf die Pflichten geschissen wird, gehen auch die Rechte zugrunde - ganz alte Schule ;-) Die mag Tim.

Re: Handysüchtig

Verfasst: 29.12.2017, 23:03
von Smaragd aus Oz
Als erfolgreicher GL musste ich Sakuras Trumpfkarte der thermonuklearen Explosion noch nie ausspielen, damit ein Mödchen sein Funk-Vibrationsalarm-Gerät weglegt und seine Aufmerksamkeit seinen Mitmenschen vor Ort und mir widmet. 8)

Wenn alles nichts hilft, kann man ein Gleichgewicht herstellen: Zuerst fragt man das Mödchen, was auf seinem Gerät gerade los ist und was es dort Neues hat. Dann wird ein normales Mödchen stolz einen Kurzvortrag halten und in schneller Abfolge, die unsere alten Augen überfordert, diverse Apps - wie zum Beispiel eine Funktion, mit der das Mödchen Dir Hundeohren an den Kopf zaubern kann - oder Weißdergeier zeigen und stolz auf seine Errungenschaft sein. Anschließend fragt man das Mödchen, was ihr spielen wollt; vielleicht hat man selbst ein Spiel mitgebracht. Ein normales Mödchen wird dann etwas spielen wollen.


Wenn auch das nichts hilft, empfehle ich als Vorstufe zur thermonuklearen Explosion den thermonuklearen Schock. Der geht so:

Sag: "In Bremen sind letzte Woche zwei Frauen an einem Gehirntumor gestorben. Sie hatten ununterbrochen ihr Schlauphon bei sich, dessen Strahlung ihr Gehirn zerschossen hat."

Als Upgrade: "In Bremen ist letzte Woche eine ganze Familie an Gehirntumoren gestorben. Die Tochter hatte die ganze Zeit ihr Schlauphon eingeschaltet und damit die Familie verstrahlt. Die Mutter hatte am längsten überlebt, aber das war nicht angenehm: Der Tumor war so lange gewachsen, dass er ihre Schädeldecke durchbrach. Da blubberte dann ganz viel Eiter raus." (Falls Deine Anna ihren Papa oder ein Geschwister lieber mag als die Mutter, dann bitte optional die Person mit der geplatzten Schädeldecke entsprechend ersetzen.)

Oder, falls Anna ein Haustier hat: "In München ist letzte Woche ein Hund gestorben. Er hatte das Schlauphon des Kinds gefressen und die Mobilfunkstrahlung in seinem Bauch hat seine ganzen Organe zerstört."

Oder umgekehrt: "In Halle an der Saale wurde gestern ein Kind von seinem Schlauphon gefressen."

Oder zeige ihr den Film "The Ring" und erkläre ihr, dass das auch bei Schlauphons und dessen Apps funktioniert.


Und bevor hierzu jemand in einem blöden Kommentar meint, der ßrättersteller habe verdient, dass man sich ernst mit seinem Problem auseinandersetzt: Den Tipp mit dem thermonuklearen Schock meine ich toternst und würde ihn auch selbst anwenden!

Re: Handysüchtig

Verfasst: 30.12.2017, 23:53
von surfbrätti
SaOs Bremen-Vorschläge sind Blödsinn und das wird das Mädel auch sofort schnallen.
Außer die Idee mit The Ring :mrgreen: das ist echt gut.

LeGo hat sich mit zuviel Pädagogik und Kinderpsychologie-Scheiss beschäftigt. Alles für die Tonne.

Aber hier kommt zum Glück mein Tipp. Ultimativ praxiserprobt und bewährt.
Nimm dem Mädel das Handy für eine Woche weg und verstecke es sorgfältig. Der anfängliche Entzug wird mit Geschrei und Türenknallen einhergehen. Dies ebbt aber schneller ab als Du Chrisriane F. schauen kannst. (Dies tust Du zum Trost um einen noch schlimmeren Entzug zu sehen)
Schon nach wenigen Stunden ist dann Ruhe das Malzeug wieder auf dem Tisch.
Am nächsten Tag noch einiges genörgel.
Und ab dem dritten Tag ist sie wieder die alte.
Allerdings musst Du ihr das Handy nach der verkündeten Zeit wieder zurückgeben. Aber es wird dann nicht wieder so schlimm werden. Du brauchst ab dann nur noch etwas bedrohlich zu gucken und sie wird ihr Handy freiwillig beiseite legen.

Und jetzt verrate mir aber eins: Auf welchem Reiterhof reitet sie nochmal?

Re: Handysüchtig

Verfasst: 31.12.2017, 00:10
von LeGo
surfbrätti hat geschrieben: LeGo hat sich mit zuviel Pädagogik und Kinderpsychologie-Scheiss beschäftigt. Alles für die Tonne.
hahaha. Nene, war nicht so oft geistig anwesend in entsprechenden Vorträgen... Ich kann aber von mir behaupten über ein Jahrzehnt viele, viele Erfahrungen mit vielen, vielen Kindern gemacht haben zu dürfen ;-)

Im Endeffekt ist dein Vorschlag nicht sooo weit weg von dem, was ich tun würde :P Du pädagogischer Kinderpsychologiescheisser

Re: Handysüchtig

Verfasst: 31.12.2017, 00:27
von Jonny
An dieser Smartphonesuchtepedemie ist auch die Elektronikindustrie und Gesellschaft schuld. Heute sieht man jeden Grundschueler mit einem Smartphone rumlaufen und reinstarren, ich habe mein erstes Handy erst mit 15 bekommen zu Weihnachten und auch weil ich unbedingt eins haben wollte, mit diesem Handy konnte man nur telefonieren und SMS schreiben, heute hat man Angst um seine Kinder, feahrt sie zur Schule und holt sie auch wieder ab und versucht sie vermeintlich ueberall zu schuetzen weahrend sie gleichzeitig rund um die Uhr Internetzugang haben und online sind.

Re: Handysüchtig

Verfasst: 31.12.2017, 00:29
von LeGo
ich hatte mein erstes Handy mit 14 bekommen. Einfach so. Aber nur deshalb, weil ich mich standhaft weigerte mir eines zu wünschen oder zu kaufen - meine Eltern hingegen wollten, dass ich erreichbar bin wie alle anderen normalen Menschen. Es war natürlich ein günstiges Modell.

Re: Handysüchtig

Verfasst: 31.12.2017, 02:04
von surfbrätti
Jonny hat geschrieben:An dieser Smartphonesuchtepedemie ist auch die Elektronikindustrie und Gesellschaft schuld.
Geil, gleich kommen sie wieder und ... Schwitzkasten. :rotfl:

Re: Handysüchtig

Verfasst: 31.12.2017, 08:36
von Smaragd aus Oz
[color=#000000]surfbrätti[/color] hat geschrieben:SaOs Bremen-Vorschläge sind Blödsinn
LeGo hat sich mit zuviel Pädagogik und Kinderpsychologie-Scheiss beschäftigt. Alles für die Tonne.

Aber hier kommt zum Glück mein Tipp. Ultimativ praxiserprobt und bewährt.
Schöne Satire. :mrgreen:

Re: Handysüchtig

Verfasst: 08.06.2018, 20:16
von Tinkerbell
Erst einmal würde ich mich fragen, warum sie am SmartPhone hängt. Wie lange hat sie es denn schon? Wenn ich als Kind mein erstes SmartPhone bekommen würde, würde ich sicherlich in der Anfangszeit auch erst einmal Stunden daran verbringen, selbst wenn ich Hobbys hätte, die mir wichtig sind. Vorher Regeln aufzustellen wurde ja anscheinend verpasst, verbieten ist immer problematisch, weil es eine Gegenreaktion provoziert. Und falls es nicht die Tatsache ist, dass es neu ist: Ist sie süchtig? Chattet sie mit einem Jungen, in den sie verliebt ist? Versucht sie über irgendein Whatsapp, Facebook oder was auch immer Anschluss zu Schulkameraden zu finden, der ihr zuvor verwehrt war? Das sollte man halt wissen. Ruhig etwas ganz banales tun: Das Kind fragen. Interesse zeigen und zeigen, dass man sie nicht ärgern möchte. Wenn sie aggressiv reagiert, würde mich interessieren, ob sie vorher schon aggressiv war. Von der Aggression her könnte es eine Sucht sein, muss aber nicht.

Und dann je nachdem, welche Bedürfnisse dahinter stecken, Alternativen anbieten. Man kann ja durchaus auch eingestehen, dass man einen Fehler gemacht hat, als man versäumt hatte, Regeln im Vorfeld aufzustellen. Man kann sich auch dafür entschuldigen, dass man ggf. im Nachhinein in seiner Verantwortung als Erwachsener Regeln aufstellen muss und sie nun unerwartet mit einer Einschränkung der Benutzung klar kommen muss. Es gibt viele Möglichkeiten an die Sache heranzugehen, ohne das Kind und die genaue Situation zu kennen ist das aber schwierig. Bestrafung und Belohnung bringt jedenfalls nichts, nur Erziehungsschäden. Erziehung spielt sich immer in Zusammenarbeit mit dem Kind ab, oder andersherum: Die Selbsterziehung des Kindes in Zusammenarbeit mit Erwachsenen.