Auch wenn ich die Lesung als nicht zu interessant erwartet hatte, ist daraus eine durchaus bereichernde Erfahrung geworden. Schade das ich dort kein Exemplar von "Doch das Leben war dann anders" bekommen habe.
Der Grund warum ich gekommen bin war aber die Diskussion mit KTW. Und auch da bin ich positiv überrascht. Leider hat die Zeit nicht gereicht, ausführlich zu diskutieren, sodass wir die wirklich interessanten Punkte nicht diskutieren konnten.
Was ich erfahren habe, lag in vielen Punkten im Widerspruch zu dem, was das Projekt nach außen hin wiedergibt.
Patientenbehandlung
Hier liegt anscheinend in der Hinsicht Einigung, dass das Hauptziel ist, die sexuelle Neigung in die eigene Perönlichkeit zu integrieren und zu akzeptieren.
Die Pädophilie ist nicht das, was eine person ausmacht, sondern ist nur ein Teil der der Persönlichkeit. Zitat: "Neben der Sexualität gibt es
noch andere positive Seiten"
Therapie
KTW setzt Hauptsächlich auf Gruppentherapie á 8 Personen. Hier steht pro sitzung ein Klient im Vordergrund und redet über die Dinge, die ihn belasten. Die anderen Gruppenteilnehmer können dazu Kommentare abgeben und das Gesagte bewerten und diskutieren. Die Therapeuten (2 pro Gruppe) dienen hierbei nur als Moderatoren. Auch wenn in einer Sitzung nur eine Person im Vordergrund steht, existiert quasi ein Therapieren durch mithören und nachfühlen.
Eine Gruppentherapie findet erst nach einer Diagnostik statt. Ein Bewerber bekommt einen anonymen PIN, der anschließend zur Identifikation seiner Person dient. Ein Diagnostic Gespräch dauert einen ganzen Tag.
Sexualität ausleben
Eines der sehr diskussionswürdigen Themen, das zum großen Teil ausgeklammert wurde. Eine kleine Diskussion am Rande der Lesung, ließ darauf schließen, dass KTW auf die
Informed Consens Schiene fährt, ein Kind also nicht wissentlich in eine sexuelle Handlung einwilligen kann.
Natürlich steht KTW generell einem sexuellen Kontakt zu Kindern ablehnend gegenüber, dies hat vorallen rechtliche Gründe nehm ich an.
Dasselbe gilt für jegliche Art von Kinderpornographie (hier gilt die gesetzliche "Definition"). Ziel ist es die Klienten von jeglichem Konsum von Missbrauchabbildungen (wie sie es nennen) abzubringen. Eine Befriedigen vor jeglichem legalen Material, wird jedoch positiv gesehen. Zitat: "Wenn es einem Klienten hilft 30 mal am Tag auf Unterwäschekataloge zu wixxen, ist das abolut in Ordnung". Deren Leitsatz schien zu sein: "Alles was hilft und legal ist, ist ok".
Outing, Ahlers Ampel
Auf Ahlers Ampelsystem und Zwangsouting angesprochen, wurde der Gebrauch von beiden in aktuellen Therapien abgestritten. "In den ersten Jahren des Projektes, mussten auch wir experimentieren, da die Thematik vollkommen neu für uns war".
Ahlers Ampel wurde ausdrücklich als "nicht Zielführend" bezeichnet und Wenn kommt nur noch eine Abgwandelte Form, auf den Klient zugeschnitten zur Anwendung. Getreu dem Motto: "Was für den einen ein Risiko ist, ist für den anderen alltäglicher Umgang".
Zwangsoutings wurden strickt abgestritten. Ein Outing wird allerdings dann beführwortet, wenn der Klient meint, dass ein Outing und die damit erlangte Offenheit gegenüber seinen Freunden / Familie hilft.
Medikation
Auf Medikation wird nicht verzichtet. Wenn im Einzelfall nach Triebhemmern verlangt wird, so werden diese gewährt.
Zu dieser Thematik fehlte leider die Zeit zu diskutieren, ob also von Medikamenten abgeraten wird und nur im äußersten Notfall gewährt wird, ist noch immer offen.
Zahlen
Ich habe mal die Zahlen über die Teilnehmer mitgeschrieben:
Düsseldorf:
- Kontaktaufnahme: 820 Personen in 2 Jahren
- davon wurden 400 Personen angenommen
Berlin seit 2005: (oder insgesamt? ich glaube insgesamt)
- Kontaktaufnahme: >7000 gemeldet
- Diagnostik durchlaufen: >2000
- Therapie (durchlaufen, oder aktuell drin): >1000
Die Genauen Zahlen zu Berlin hab ich leider nicht mitschreiben können.
Berlin seit 2005:
- 607 Personen haben eine Therapie angefangen
- 143 Personen haben die Therapie abgebrochen
- 251 Personen haben die Therapie abgeschlossen
- 213 Personen sind aktuell in Therapie
Verhältnis BL / GL ist ungefähr 50:50 (CLs sehr wenige)
Die Anteil von Kern-Pädophilen liegt bei 18%.
Evaluation
Im Vortrag ist auch auf die Evaluation des Projektes eingegangen worden. Tot die Therapie also das, was sie verspricht und verhindert Taten von Pädophilen?
Die konkreten Zahlen nur aus dem Kopf:
An der Evaluation haben 23 Personen (nicht repräsentativ!). Als Grund für die geringe Anzahl wurde die Anonymität der Teilnehmer herangeführt (extra mail für Therapie, ...). Daran teilgenommen haben meines wissens auch nur die Leute, die die Therapie abgeschlossen haben.
Die Rückfallquote der Teilnehmer jedoch liegt bei 0%.
Kritik zur Evaluation kam nicht zur Sprache, es ist jedoch massenhaft Kritik möglich:
- 23 Teilnehmer von 251? das sind nichteinmal 10%.
- Nur Evaluiert bei abgeschlossenen
- keine Kontrollgruppe (Nichtteilnehmer einer Therapie)
- ...
Die Aussagekraft dieser Evaluation lässt sich also durchaus berechtigt anzweifeln.
Dies soweit zum Inhalt des Vortrages.
Meine Kritik zu KTW
Ich denke, diese Veranstaltung kann ein Grundstein für eine zukünftige Zusammenarbeit sein. Sicherlich gibt es Themen, bei dem die Meinungen weit außeinander gehen, das Hauptziel jedoch (wenn man dem Vortragenen glauben schenken darf) ist es, Menschen mit pädophilen Gefühlen zu helfen in der jetzigen Gesellschaft mit ihren Gefühlen zurechtzukommen und ein halbwegs glückliches Leben zu führen.
Als weiteres Ziel ist es, von dem Bild Pädophil = Missbrauchstäter wegzukommen und die Stigmatisierung von Pädophilen zu beseitigen.
Um das zu schaffen, muss sich allerdings auch die Medienarbeit des Projektes wandeln. Solange das nach außen getragene Ziel des Projektes ist, Kinder vor sexuellen Missbrauch zu schützen und
desshalb pädophil empfindene Personen therapieren, fördern sie das Bild Pädophil = Täter mehr, als dass ktw dagegen arbeitet.
Meine Kritik zum Vortrag
Dafür das der Medienmensch von KTW den Vortrag gehalten hat, war dieser verdammt schlecht vorbereitet und ebenso gehalten und moderiert. Die Folien haben beinahe alles was man im VHS-Kurs PowerPoint lernt über den Haufen geworfen (Naja, immerhin gabs keine Animationen). Der Vortrag selber wirkte unorganisiert und nicht mit den Therapeutinnen abgesprochen. Trotz des Hinweises zu Beginn des Vortrages, dass keine Fragen gestellt werden sollten, sondern erst im Anschluss diskutiert werden soll, wurden Fragen während des Vortrages angenommen und außführlich diskutiert. Hier hätte moderierend eingegriffen werden müssen. Da der Vortragende seine Pflicht nicht wahrgenommen hat dies zu moderieren, hätte ein Moderator bestimmt werden sollen.
So hätten wir den Vortrag schnell durchgekriegt und mehr Zeit zum diskutieren gehabt. Schade
.
Weitere Fragen
Hat die AHS auf ihrer Mitgliederversammlung am nächsten Tag beschlossen, den Kontakt / die Zusammenarbeit zu / mit KTW weiter auszubauen? Ich fände dies durchaus wichtig und ermöglicht uns u.U. deren Therapie und Außendarstellung zu beeinflussen.