Bekannter Kipo-Ermittler Vogt wirft das Handtuch
Verfasst: 02.09.2009, 20:03
Ermittlungsstau
Kinderpornografie-Ermittler gibt auf
Der Rückzug von Sachsen-Anhalts oberstem Ermittler in Sachen Kinderpornografie befeuert die Debatte um die Ermittlungsarbeit im Land. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) räumte Probleme bei der Sicherung von Beweisen auf elektronischen Datenträgern ein. Er wehrte sich jedoch gegen den Vorwurf unhaltbarer Zustände und verteidigte die Polizeistrukturreform.
Der Leiter der Zentralstelle im Kampf gegen Kinderpornografie in Sachsen-Anhalt, Oberstaatsanwalt Peter Vogt, hat den Generalstaatsanwalt um seine Entbindung von dieser Funktion gebeten. Ab 1. Januar 2010 stehe er für die Aufgabe nicht mehr zur Verfügung, bestätigte Vogt dem MDR am Mittwoch.
Peter Vogt gibt auf.
Der Nachrichtenagentur AP sagte der in Halle ansässige Ermittler, Grund für den Rücktritt seien unhaltbare Zustände in den Polizeidirektionen, die zu langen Ermittlungsstaus führten. MDR INFO hatte am Dienstag berichtet, dass wegen Personalmangels bereits Strafverfahren platzen könnten, weil die Auswertung der Beweismittel nicht fristgerecht geleistet wird.
Vogt sagte, er ziehe seine Konsequenzen aus den Äußerungen von Innenminister und Justizministerin zu dem Thema. Diese hatten bestritten, dass das Problem das Ausmaß von mehreren hundert Fällen annehme. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hatte am Dienstag zudem die Justiz aufgefordert, mehr Druck auf die Polizei auszuüben. Justizministerin Angela Kolb (SPD) wies dies zurück, bestritt aber ebenfalls, dass Fälle platzen müssten.
Strafverfahren: Hövelmann wiegelt ab
Am Mittwoch nun räumte Hövelmann (SPD) Probleme bei der Sicherung von Beweisen auf elektronischen Datenträgern ein, in deren Folge Strafverfahren platzen könnten. "Es gibt eine ganze Reihe von Verfahren, bei denen diese Gefahr tatsächlich droht", sagte er. Von unhaltbaren Zuständen könne aber keine Rede sein. Grund sei vielmehr eine neue Rechtsprechung, Gerichte setzten Fristen nun für die Beweissicherung.
Nach Angaben von Kolb könnten allein im Amtsgerichtsbezirk Halle-Quedlinburg-Wernigerode 135 Kinderporno-Verfahren scheitern, weil die Beweis-Auswertung zu lange dauere. Diese Zahl habe Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad am Mittwoch genannt. Laut Kolb gibt es indes keine gesetzlichen Fristen für die Auswertung von Datenträgern. In der Rechtsprechung pendelten sich sechs bis neun Monaten ein. Das Landgericht Magdeburg sah kürzlich in einem Kinderporno-Fall eineinhalb Jahre als unangemessen an.
... Die Generalstaatsanwaltschaft habe schon 2008 auf Probleme hingewiesen. Daraufhin sei die technische Ausstattung der Kinderporno-Ermittler verbessert worden. Weitere Schritte müssten geprüft werden.
Auch Vogt hatte in der Vergangenheit die Reform als hinderlich für die Arbeit seiner Abteilung kritisiert. Erfahrene Beamte seien versetzt worden und neue Kollegen nicht ausreichend ausgebildet. Mit der Polizeireform war unter anderem die Zahl der Polizeidirektionen auf drei halbiert worden.
Kinderschützer enttäuscht
Der Verein "Dunkelziffer", der sich gegen Kinderpornografie und für deren für Opfer einsetzt, hat den angekündigten Rücktritt bedauert. Geschäftsführerin Vera Falk sagte MDR INFO, Vogt sei einer der hartnäckigsten Verfolger von Kinderpornografie gewesen. Die Freude bei den Besuchern derartiger Seiten im Internet werde jetzt "riesengroß" sein. Vogt habe mehrere Kinderporno-Ringe aufgedeckt und sein Wissen an mehr als 1.000 Polizeibeamte weitergegeben. Falk hofft nun, dass Vogt seine Entscheidung noch einmal überdenkt.
Vogt hatte mit Fahndern des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt und anderer Polizeibehörden in den vergangenen Jahren mehrere große Ermittlungserfolge erzielt. Dazu gehörte etwa die Operation "Marcy", bei der ein Internetring mit 25.000 Tätern aus 166 Ländern der Welt gesprengt worden war.
http://www.mdr.de/nachrichten/6655528.html
Kinderpornografie-Ermittler gibt auf
Der Rückzug von Sachsen-Anhalts oberstem Ermittler in Sachen Kinderpornografie befeuert die Debatte um die Ermittlungsarbeit im Land. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) räumte Probleme bei der Sicherung von Beweisen auf elektronischen Datenträgern ein. Er wehrte sich jedoch gegen den Vorwurf unhaltbarer Zustände und verteidigte die Polizeistrukturreform.
Der Leiter der Zentralstelle im Kampf gegen Kinderpornografie in Sachsen-Anhalt, Oberstaatsanwalt Peter Vogt, hat den Generalstaatsanwalt um seine Entbindung von dieser Funktion gebeten. Ab 1. Januar 2010 stehe er für die Aufgabe nicht mehr zur Verfügung, bestätigte Vogt dem MDR am Mittwoch.
Peter Vogt gibt auf.
Der Nachrichtenagentur AP sagte der in Halle ansässige Ermittler, Grund für den Rücktritt seien unhaltbare Zustände in den Polizeidirektionen, die zu langen Ermittlungsstaus führten. MDR INFO hatte am Dienstag berichtet, dass wegen Personalmangels bereits Strafverfahren platzen könnten, weil die Auswertung der Beweismittel nicht fristgerecht geleistet wird.
Vogt sagte, er ziehe seine Konsequenzen aus den Äußerungen von Innenminister und Justizministerin zu dem Thema. Diese hatten bestritten, dass das Problem das Ausmaß von mehreren hundert Fällen annehme. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hatte am Dienstag zudem die Justiz aufgefordert, mehr Druck auf die Polizei auszuüben. Justizministerin Angela Kolb (SPD) wies dies zurück, bestritt aber ebenfalls, dass Fälle platzen müssten.
Strafverfahren: Hövelmann wiegelt ab
Am Mittwoch nun räumte Hövelmann (SPD) Probleme bei der Sicherung von Beweisen auf elektronischen Datenträgern ein, in deren Folge Strafverfahren platzen könnten. "Es gibt eine ganze Reihe von Verfahren, bei denen diese Gefahr tatsächlich droht", sagte er. Von unhaltbaren Zuständen könne aber keine Rede sein. Grund sei vielmehr eine neue Rechtsprechung, Gerichte setzten Fristen nun für die Beweissicherung.
Nach Angaben von Kolb könnten allein im Amtsgerichtsbezirk Halle-Quedlinburg-Wernigerode 135 Kinderporno-Verfahren scheitern, weil die Beweis-Auswertung zu lange dauere. Diese Zahl habe Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad am Mittwoch genannt. Laut Kolb gibt es indes keine gesetzlichen Fristen für die Auswertung von Datenträgern. In der Rechtsprechung pendelten sich sechs bis neun Monaten ein. Das Landgericht Magdeburg sah kürzlich in einem Kinderporno-Fall eineinhalb Jahre als unangemessen an.
... Die Generalstaatsanwaltschaft habe schon 2008 auf Probleme hingewiesen. Daraufhin sei die technische Ausstattung der Kinderporno-Ermittler verbessert worden. Weitere Schritte müssten geprüft werden.
Auch Vogt hatte in der Vergangenheit die Reform als hinderlich für die Arbeit seiner Abteilung kritisiert. Erfahrene Beamte seien versetzt worden und neue Kollegen nicht ausreichend ausgebildet. Mit der Polizeireform war unter anderem die Zahl der Polizeidirektionen auf drei halbiert worden.
Kinderschützer enttäuscht
Der Verein "Dunkelziffer", der sich gegen Kinderpornografie und für deren für Opfer einsetzt, hat den angekündigten Rücktritt bedauert. Geschäftsführerin Vera Falk sagte MDR INFO, Vogt sei einer der hartnäckigsten Verfolger von Kinderpornografie gewesen. Die Freude bei den Besuchern derartiger Seiten im Internet werde jetzt "riesengroß" sein. Vogt habe mehrere Kinderporno-Ringe aufgedeckt und sein Wissen an mehr als 1.000 Polizeibeamte weitergegeben. Falk hofft nun, dass Vogt seine Entscheidung noch einmal überdenkt.
Vogt hatte mit Fahndern des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt und anderer Polizeibehörden in den vergangenen Jahren mehrere große Ermittlungserfolge erzielt. Dazu gehörte etwa die Operation "Marcy", bei der ein Internetring mit 25.000 Tätern aus 166 Ländern der Welt gesprengt worden war.
http://www.mdr.de/nachrichten/6655528.html