Hier können auch nicht registrierte Gäste schreiben.
Forumsregeln
Regeln für den Offenen Bereich

Für alle Gäste gelten die üblichen Forenregeln.

Registrierte Benutzer sollen hier keine Threads eröffnen, sondern dafür die anderen Unterforen nutzen, dürfen aber Antworten erstellen.

Das Posten von

- Links jeder Art, mit Ausnahme GLF-internen Links,
- Bildern aller Art per img-Funktion, weil damit auch IPs der User ermittelt werden können,
- URLs im Text

ist nicht erlaubt.

Außerdem werden keine sachfremden Diskussionen über z.B. Esoterik, Wahnvorstellungen, Endzeitverkündungen... zugelassen. Für solche Sachen gibt es woanders genug Möglichkeiten der Diskussion. Wir werden besonders auf wiederkehrende Spammer achten.

Bitte antwortet auch nicht auf Massenspam mit Beschimpfungen und Drohungen. Nutzt für solche Beiträge den Meldebutton oder ignoriert sie.

Beiträge oder Threads, die gegen obige Regeln verstoßen, werden kommentarlos entfernt und die Antworten darauf ebenfalls.

Immer wieder finden es Gäste lustig, sich einen Namen zu geben, der obszön oder beleidigend sein soll. Wundert Euch nicht, wenn diese Threads oder Beiträge nicht freigeschaltet werden.
Angler

Der Wunsch der Richter nach der Strafaufarbeitung

Beitrag von Angler »

"Darüber hinaus ist zulasten des Angeklagten zu sehen, dass auch ein Jahr nach der Verurteilung durch das Landgericht Erfurt keine Strafaufarbeitung erkennbar ist. Der Angeklagte
hat weder die im Vergleich zwischen ihm und den Nebenklägern vereinbarten Zahlungen beglichen, noch hat er sich in ärztliche Betreuung begeben. Um eine Therapie zur Aufarbeitung der sexuellen Probleme hat sich der Angeklagte nicht gekümmert."
Das schreiben die Richter in die Urteilsbegründung vom 19.Mai 2015.
Welcher Recht schaffende Mensch bekommt Schnappatmung bei diesen Zeilen?


Der Reihe nach.

Am 23. April 2014 wurde der Angeklagte vom LG Erfurt verurteilt. Zu einer Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in sieben Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern.

Dagegen legt der Angeklagte Revision ein.
Am 17. September 2014 wurde das Urteil vom 23. April 2014 AUFGEHOBEN. 2 StR 325/14

Eine neue Hauptverhandlung fand statt, am 19. Mai 2015 wurde das Urteil gesprochen aus dessen Begründung das obere Zitat stammt.
Urteil wieder 3 Jahre 6 Monate.

Auch dagegen legte der Angeklagte Revision ein.
Am 24. September 2015 wurde das Urteil vom 19. Mai 2015 AUFGEHOBEN. 2 StR 362/15


Warum nun schon wiededer eine erfolgreiche Revision?
Dazu schreibt der 2. Senat:
(4) 1. Die vom Landgericht mitgeteilte Begründung für die neue Gesamtfreheitsstrafe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
In den Urteilsgründen bleibt unklar, warum vom Fehlen einer Aufarbeitung der abgeurteilten
Straftaten auszugehen ist. Die dafür genannten Gründe sind nicht nachvollziehbar.

Nachdem das Landgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte Schuden hat und nur Arbeitslosengeld bezieht, liegt die Annahme fern, dass ihm ein Vorwurf daraus zu machen ist, weil er bisher keinen Schadensersatz geleistet hat. Eine Erläuterung seiner abweichen
den Bewertung hat das Landgericht im Urteil nicht mitgeteilt.

Der Angeklagte ist nach den bindenden Feststellungen zuletzt im November 2002 wegen einer Sexualstraftat aufgefallen. Seither hat es keine vergleichbaren Delikte mehr gegeben. Warum gleichwohl trotz des Zeitablaufs zwischen der letzten Sexualstraftat und dem Urteil ein Therapiebedarf bestehen und dem Angeklagten dessen Nichterfüllung vorzuwerfen sein soll, erschließt sich nicht. Auch aus spezialpräventiven Gründen ist eine weitere Erhöhung der Einsatzstrafe zu der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe damit nicht begründbar.
Somit bleibt in diesem Fall festzustellen, dass die Erfurter Richter Schnappatmung bekommen haben könnten, nachdem sie zwei mal aufgehoben wurden und nun sogar meinen Spott durch das GLF abbekommen, ob sie es erfahren oder eher nicht.
Ich bin gespannt auf die dritte Revision, wenn keine überlange Verfahrensdauer festgestellt werden würde.


Moralisch kann man das anders sehen - tut das jemand? - aber juristisch ist es begründet.
Soweit ich weiß, kann man keine Zwangstherapie, sondern nur die Unterbringung in einer therapeutischen Einrichtung anordnen. Bei einer Gesamtfreiheitsstrafe die zur Bewährung ausgesetzt wird, wären solche Weisungen möglich. Korrigiert mich.
Wenn ich 3 Jahre und 6 Monate Zeit hätte, würde ich diese doch nutzen, um die Tat (nicht die Strafe!) aufzuarbeiten und nicht vorher freiwillig und auf eigene Kosten.
Ich bin gespannt, ob eine Diskussion zustande kommt und welche Aspekte in den Vordergrund treten.
Fisch

Re: Der Wunsch der Richter nach der Strafaufarbeitung

Beitrag von Fisch »

Das höhere Gericht hat das falsche Urteil aufgehoben. Also wo ist dein Problem? Ein Skandal wäre es wenn der BGH so eine Rechtsprechung durchwinken und revisionsfest machen würde. Wen intressiert schon das LG Erfuhrt?
Gast

Re: Der Wunsch der Richter nach der Strafaufarbeitung

Beitrag von Gast »

Gut man kann kritisieren, dass eine Aufarbeitung der sexuellen Probleme überhaupt nicht möglich ist und diese Therapiezwänge daher Trollerei sind.

Andererseits ist da eine andere Seite, die nicht weiß, wie man mit dem Problem vor die die Gesellschaft sich gestellt sieht, umgehen soll. Ich wäre an deren Stelle auch ratlos.
Gast

Re: Der Wunsch der Richter nach der Strafaufarbeitung

Beitrag von Gast »

1. Prozess LG 30. Juni 2014 Urteil 4 Jahre
AUFGEHOBEN 9. Dezember 2014 (3 StR 502/14)

2. Prozess LG Osnabrück vom 5. Mai 2015 Urteil 4 Jahre
AUFGEHOBEN 15. Oktober 2015 (3 StR 350/15)


Man kann eigentlich nur hoffen, dass die Kinder kein drittes Mal aussagen müssen und das der Staat es endlich mal hinbekommt eine Reaktion auf die Taten zu finden.


Wie war das mit dem Schrecken ohne Ende?
...auchTaten strafschärfend berücksichtigt werden können, deren Verfolgung ein Ver-fahrenshindernis wie zwischenzeitlich eingetretene Strafverfolgungsverjährungentgegensteht, wenngleich nicht mit demselben Gewicht wie eine den Schuld-spruch tragende Tat (BGH, Beschluss vom 24. November 2000-3StR 481/00,juris Rn.3 mwN).
Das kann man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
Antworten