Das schreiben die Richter in die Urteilsbegründung vom 19.Mai 2015."Darüber hinaus ist zulasten des Angeklagten zu sehen, dass auch ein Jahr nach der Verurteilung durch das Landgericht Erfurt keine Strafaufarbeitung erkennbar ist. Der Angeklagte
hat weder die im Vergleich zwischen ihm und den Nebenklägern vereinbarten Zahlungen beglichen, noch hat er sich in ärztliche Betreuung begeben. Um eine Therapie zur Aufarbeitung der sexuellen Probleme hat sich der Angeklagte nicht gekümmert."
Welcher Recht schaffende Mensch bekommt Schnappatmung bei diesen Zeilen?
Der Reihe nach.
Am 23. April 2014 wurde der Angeklagte vom LG Erfurt verurteilt. Zu einer Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in sieben Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern.
Dagegen legt der Angeklagte Revision ein.
Am 17. September 2014 wurde das Urteil vom 23. April 2014 AUFGEHOBEN. 2 StR 325/14
Eine neue Hauptverhandlung fand statt, am 19. Mai 2015 wurde das Urteil gesprochen aus dessen Begründung das obere Zitat stammt.
Urteil wieder 3 Jahre 6 Monate.
Auch dagegen legte der Angeklagte Revision ein.
Am 24. September 2015 wurde das Urteil vom 19. Mai 2015 AUFGEHOBEN. 2 StR 362/15
Warum nun schon wiededer eine erfolgreiche Revision?
Dazu schreibt der 2. Senat:
Somit bleibt in diesem Fall festzustellen, dass die Erfurter Richter Schnappatmung bekommen haben könnten, nachdem sie zwei mal aufgehoben wurden und nun sogar meinen Spott durch das GLF abbekommen, ob sie es erfahren oder eher nicht.(4) 1. Die vom Landgericht mitgeteilte Begründung für die neue Gesamtfreheitsstrafe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
In den Urteilsgründen bleibt unklar, warum vom Fehlen einer Aufarbeitung der abgeurteilten
Straftaten auszugehen ist. Die dafür genannten Gründe sind nicht nachvollziehbar.
Nachdem das Landgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte Schuden hat und nur Arbeitslosengeld bezieht, liegt die Annahme fern, dass ihm ein Vorwurf daraus zu machen ist, weil er bisher keinen Schadensersatz geleistet hat. Eine Erläuterung seiner abweichen
den Bewertung hat das Landgericht im Urteil nicht mitgeteilt.
Der Angeklagte ist nach den bindenden Feststellungen zuletzt im November 2002 wegen einer Sexualstraftat aufgefallen. Seither hat es keine vergleichbaren Delikte mehr gegeben. Warum gleichwohl trotz des Zeitablaufs zwischen der letzten Sexualstraftat und dem Urteil ein Therapiebedarf bestehen und dem Angeklagten dessen Nichterfüllung vorzuwerfen sein soll, erschließt sich nicht. Auch aus spezialpräventiven Gründen ist eine weitere Erhöhung der Einsatzstrafe zu der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe damit nicht begründbar.
Ich bin gespannt auf die dritte Revision, wenn keine überlange Verfahrensdauer festgestellt werden würde.
Moralisch kann man das anders sehen - tut das jemand? - aber juristisch ist es begründet.
Soweit ich weiß, kann man keine Zwangstherapie, sondern nur die Unterbringung in einer therapeutischen Einrichtung anordnen. Bei einer Gesamtfreiheitsstrafe die zur Bewährung ausgesetzt wird, wären solche Weisungen möglich. Korrigiert mich.
Wenn ich 3 Jahre und 6 Monate Zeit hätte, würde ich diese doch nutzen, um die Tat (nicht die Strafe!) aufzuarbeiten und nicht vorher freiwillig und auf eigene Kosten.
Ich bin gespannt, ob eine Diskussion zustande kommt und welche Aspekte in den Vordergrund treten.