Ich finde den FAZ-Artikel recht ärgerlich, weil er so dermaßen die verheuchelte "Political Correctness", die man immer wieder in den Medien sieht, zelebriert, dass es schon weh tut. Mag sein, dass das Ganze bewusst satirisch überspitzt formuliert ist, aber warum eigentlich? Offenbar ist es heutzutage ja sehr "hipp", großen Wert auf "Integration" zu legen, aber zumindest so, wie es im Artikel dargestellt wird, dürfte es wohl kaum funktionieren. Stellt man extra heraus, dass es ja auch "andere" Menschen gibt, die eben nicht so sind wie man selbst (sprich, schwul oder lesbisch oder muslimisch oder mit Behinderung oder sonstwas), macht man die "Mauer" erst einmal ein Stückchen höher, bevor man sie wieder abträgt.
Ich weiß nicht, wie genau der Sexualkundeunterricht heutzutage abläuft (die Beispiele im Artikel scheinen mir doch arg weit hergeholt zu sein), aber zumindest zu meiner Zeit war es - trotz entsprechender Unterrichtseinheiten in der 6. und 8. Klasse - doch eher noch eine sehr theoretische Sache; in der 6. wurden vor allem Begrifflichkeiten geprägt und die einzelnen Körperteile erklärt, in der 8. ging es dann eher um die biologischen Abläufe, Verhütung usw. Bei einer (anonymen, verdeckten) Umfrage in der 10. Klasse, ob schon einmal jemand einmal Sex gehabt hatte, gab es in der ganzen Klasse nur eine Ja-Stimme - ob's stimmte, weiß ich natürlich nicht, aber heute würde das sicher etwas anders ausfallen.
Ich weiß noch, dass wir in der 8. Klasse eine Aufklärungsbroschüre in die Hand gedrückt bekommen sollten, in der u. a. auch je ein Nacktfoto von einem Mädchen und einem Jungen zu sehen waren, aber die wurde leider kurz vor der Veröffentlichung wieder eingezogen. Also blieben uns nur die Zeichnungen im Biologiebuch, die aber keineswegs so "aufreizend" wie das Bild im FAZ-Artikel gewesen sind. Als unser Lehrer das Thema "Selbstbefriedigung" vorlesen ließ, sparte er den Absatz über die weibliche Masturbation jedenfalls aus, so ein ganz klein bisschen prüde war der gute Mann wohl also doch.
Was den Pornokonsum angeht, fand ich den Artikel über Karla Etschenberg sehr interessant, die sich offenbar mehr Gedanken darum gemacht hat als die Allgemeinheit, und dabei auch zu vielen guten und richtigen Schlüssen gekommen ist. Schon damals fand ich es als Kind eher befremdlich, dass man uns Heranwachsende von einschlägigem Material fernhalten wollte, denn das Interesse war definitiv da, und es gab auch nichts, was man da "missverstehen" konnte, schließlich hatte man neben diversen Schlüpfrigkeiten ja auch immer noch die "Dr. Sommer"-Ecke in der Bravo, wenn es um "richtige" Beziehungen ging.
So überraschte es mich auch vor einiger Zeit nicht, als ich beim gemeinsamen Spiel (Barbies tanzen zur Musik von YouTube-Videos auf Mamas Smartphone) letzteres vom ebenfalls anwesenden Nachbarsjungen eines Mädels (beide ca. 8-9 Jahre alt) in die Hände bekam und im Suchverlauf sogleich die Worte "Sex" und "Porno" auftauchten. Auch bei diversen anderen Spielen konnte man sehen, dass sich die Kids durchaus "auskannten", besagtes Mädel fuhr einmal sogar den Jungen an, den Mund zu halten, da noch kleine Kinder anwesend seien.

Im gleichen Atemzug bat sie mich auch, ihrer Mama tunlichst nichts davon zu erzählen, dass sie sich schon so gut mit "Sex-Sachen" auskenne.
Auch ich habe es damals vorgezogen, mich nicht mit meinen Eltern über solche Dinge zu unterhalten, sondern habe mir meine Informationen eben über andere Wege besorgt. Damals war es der Gang zur Bibliothek, wo man u. a. das berühmt-berüchtigte "Zeig mal"-Buch in der Jugendabteilung finden konnte, und welches ich etwas verschämt unter anderen Büchern versteckt zur Ausleihtheke brachte - die dort sitzende Bibliothekarin konnte sich ein wissendes Lächeln nicht verkneifen. Klar, heutzutage würde ich einfach im Internet nachschauen, wenn mir die Bücher in der Schule schon nicht die gewünschten Details vermitteln. Mag sein, dass ich durch all das "verdorben" wurde und nun hier als "Perversling" im GLF gelandet bin, aber gut, das kann ich nicht entscheiden...