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dex
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Sauerer Regen über Deutschland

Beitrag von dex »

Ich habe kürzlich eine interessante Doku über die Waldsterb-Panik in den 80er Jahren geguckt. Einige Parallelen zur Kindesmissbrauchs-Panik schlugen mir dabei so massiv ins Gesicht, dass ich mir erlaube, das hier im Medienspiegel mal zu posten. Einfach mal in den folgenden Text "Kindsmissbrauch" statt "Waldsterben" einfügen... :)

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"Der Wald stirbt", "Der saure Tod", "Das Schweigen im Walde", "Der Wald hat noch fünf Jahre", "der Wald hat noch drei Jahre" - Spiegel, Süddeutsche und Stern überboten sich vor 30 Jahren mit düsteren Prognosen zum Zustand des deutschen Waldes.

Während der 80er Jahre wurde das sog. Waldsterben zum Dauerbrenner in der deutschen und europäischen Medienlandschaft, es herrschte, eigentlich zum ersten Mal, Einigkeit im deutschen Volk über ein so wichtiges Thema, Menschen gingen auf die Strasse, forderten die Politik zum Handeln auf. Und in der Tat liess sich die Politik nicht zweimal bitten und vereinnahmte die Thematik aus populistischen Gründen.

Dabei war die wissenschaftliche Basis, welche zur Feststellung des angeblich dahinsiechenden deutschen Waldes führte, immer äusserst dünn. Im wesentlichen wurden in sämtlichen Berichten jeweils gerademal zwei Forscher dauerzitiert. Und was die Methodik zur Gesundheitsanalyse des Waldes betrifft, so wurde (und wird nocht heute) mit der sog. Kronenverlichtung gearbeitet, welche jedoch eher ein geeignetes Instrument zur Fehlinterpretation bietet, als dass sie eine Interpretion des Gesundheitszustandes einen Baumes erlauben würde.

Als das Bundesforschungsministerium 1993, also noch 10 Jahren Massenwaldsterbpanik, das eindeutige Ergebnis veröffentlicht, dass "das grossflächige Absterben ganzer Waldregionen, wie es der Begriff Waldsterben unterstellt, [...] heute von der Wissenschaft auch für die Zukunft nicht befürchtet [wird]", erwähnen lediglich 4 deutsche Tageszeitungen diese positiven Aspekte. Alle anderen 54(!) deutschen Tageszeitungen berichten weiterhin negativ.

Noch 1994 versuchen Blätter wie der Stern mit Titeln wie "Der Todeskampf der Bäume", oder "Wenn die Bäume schreien könnten", ihre Auflage zu steigern, auf die Wissenschaftlichkeit wird gepiffen und rücksichtslos weiterhin Angst in der Bevölkerung produziert.

1996 wird eine EFI-Studie unter europäisch-amerikanischer Zusammenarbeit veröffentlicht, die zum eindeutigen Ergebnis gelangt, dass der Wald schnell wächst, also gesund ist. Von der Medienlandschaft und selbsternannten Experten wie dem Bund Naturschutz wird diese Studie im Bausch und Bogen verworfen, die beteiligten Wissenschaftler der Scharlatanerie bezichtigt und die Studie als "oberflächlich und grundsätzlich falsch" bezeichnet.

Heute geht es dem deutschen Wald, wer könnte es ahnen - gut. Die deutsche Forststatistik belegt:"Als alle den Wald für sterbenskrank hielten, nahm die Waldfläche jährlich um 100 Quadratkilometer zu. Heute sind es sogar 170."
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(Und wie geht es wohl den 40% missbrauchter Mädchen von heute...?) -->
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/24874061

[Stützt sich auf den Film "Und ewig sterben die Wälder", der 2011 auf Arte gezeigt wurde. Jibts auch auf Youtube.]
Aktuelle Torchat:

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kafka
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Re: Sauerer Regen über Deutschland

Beitrag von kafka »

Na, dann hoffen wir mal uns entsprechend im Jahr 1992 zu befinden.
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Sakura
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Re: Sauerer Regen über Deutschland

Beitrag von Sakura »

Hallo Dex,

Das fiel mir auch schon auf.
Es ist längst nicht das einzige Beispiel:

Im 17. bis 19. Jh. war "Holznot" ein Schlagwort, das oberflächlich betrachtet den Mangel an Holz betraf, das ein wichtiger Werkstoff aber auch Energieträger war.
in dieser Zeit war ein großer Teil des Holzes in den Wäldern Allgemeingut ("Allmende"), und die Öffentlichkeit wurde in Campagnen darüber belehrt, dass dessen Ausbeutung früher oder später zu einem dauerhaften Mangel an Holz führen müsse.

Tatsächlich war damals aber schon das Holz als Energieträger von der Kohle weit gehend abgelöst und nur noch auf dem Land primäres Heizmittel. Als Werkstoff hingegen war es nach wie vor wertvoll.

Es wurde also erstmals (?) ein Umweltbewusstsein und eine Tendenz zu nachhaltigem Wirtschaften mit natürlichen Ressourcen geschaffen - könnte man meinen.

Was aber hat dieser Bewustseinswandel gebracht? Er führte in erster Linie zu einer Zentralisierung und einer planmäßigen Verteilung des Rohstoffs Holz, die im Wesentlichen in der Hand der Behörden und Gebietskörperschaften konzentriert wurde. Das Allgemeingut wurde zur Verfügungsmasse der Obrigkeit!

In dieser Zeit hatte also die Obrigkeit einen großen Schritt zur Verstaatlichung des Daseins gemacht, indem sie das, was bisher allen gehörte in einer typisch paternalistischen Weise an sich riss und zum eigenen Vorteil verwertete. In den deutschen Ländern, wo der Wald ebenso intensiv romantisch - ideologisch besetzt war, wie er als Rohstoffquelle genutzt wurde, hatte diese neue Kampfparole von der Holznot eine besonders durchschlagende Wirkung in Richtung auf Zentralisierung und Verobrigkeitlichung.

Jahrhunderte später wurden die seit der frühen Industrialisierung immer wieder regional auftretenden aber bis dahin kaum beachteten Baumkrankheiten zu einem weiteren politischen Herrschaftsinstrument: Der Konsum, der besonders seit den 50er Jahren mit gutem Gewissen stetig gesteigert wurde und zu einer allgemeinen Wohlstand geführt hatte, wurde nun zur Quelle des schlechten Gewissens umfunktioniert. Energie musste gespart werden, wo immer es ging. Die Bevölkerung nahm dafür einen massiven Inflationsschub in Kauf, der sich in dramatischer Verteuerung von Energieträgern äußerte, begleitet von immer schlechterem Gewissen.

Auch heute noch hat die Lobby, die davon lebte eine erhebliche mediale Macht, aber die führt nicht mehr zum erwünschten Effekt noch weiter anwachsender Obrigkeitsgläubigkeit: Der sogenannte Klimawandel, der sich seit Jahrzehnten immer mehr beschleunigt, so dass die Polkappen eigentlich schon dreimal weggeschmolzen sein müssten, aber unbegreiflicherweise immer noch da sind, dieser Klimawandel also ist uninteressant. Man liest davon aber nimmt die damit begründeten Steuererhöhungen nur noch widerwillig in Kauf.

Grund dafür ist ein Bewusstseinswandel in den frühen 1980ern, als die Hiobsbotschaften von der endgültigen Vernichtung der "Natur" (Was ist das überhaupt, soziologisch gesehen?) einen Rückzug ins Private einer gemütlichen Endzeiterwartung bewirkte und nicht mehr einen opferbereiten Aktionismus.

Was also liegt für die Obrigkeit näher, als sich des Privaten zu bemächtigen, um ihre Herrschaft zu sichern? Der Gefühle, der Gedanken, der heimlichen Lust, die allgegenwärtig aber nie ausgesprochen ist? Nun wird mit wachsendem Eifer das heimliche Verlangen eines jeden durchleuchtet, klassifiziert und in Gut und Böse selektiert, nach Regeln, die ewig zu sein behaupten, aber erst gestern erfunden wurden.
Die Lust als Wirtschaftsgut, das nach festen Regeln verteilt wird und immer dann böse ist, wenn es sich den Regeln entzieht, gerät in den Sog staatlichen Allmachtsdünkels.

Wohin kann sich der Mensch auf der Flucht noch zurückziehen, wenn ihm seine eigene Natur mit pseudo-aufklärerischem Exorzismus enteignet wird? Er wird aus sich selbst fliehen müssen um sich in der Uneigentlichkeit einer Borg-Drohne einzurichten und nur noch sein Hass und Triumph ist echt, wenn er im Anderen das wiedererkennt, was er an sich selbst verleugnet.

Sakura
"Destiny is always revised. Anytime, everywhere." (Siddhartha)
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Ovid
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Re: Sauerer Regen über Deutschland

Beitrag von Ovid »

Finde ich 'ne gute Beobachtung, dex. Als Parallele ist das schon sehr nachvollziehbar - und dabei geht es nicht mal etwa um Menschen als Opfer, sondern "bloß" nur um Vegetation.
Bei Kindern als Betroffene dürfte dieser Effekt um so einiges stärker sein.

Das erinnert mich auch an die sehr treffende Parallelenziehung von Agustin Malón:

Malón, Agustin (2010): Onanism and child sexual abuse: a comparative study of two hypotheses.

Dort vergleicht er die damalige Panik, dass kindliche Selbstbefriedigung allerlei Schäden anrichtet mit der heutigen Panik, dass sexueller Kontakt mit Älteren allerlei Schäden anrichtet. Erstaunliche Parallelen und sehr gut herausgearbeitet.

Kennst du den Artikel? Nur zu empfehlen!
dex hat geschrieben: (Und wie geht es wohl den 40% missbrauchter Mädchen von heute...?) -->
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/24874061
Heftige Zahl. Bis man das Schaubild entdeckt und ein bisschen Wissen über die "Jugend-Szene" hat.

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Leonie - Opfer sexuellen Missbrauchs. Repräsentiert in der Presse durch ein trauriges Kapuzenmädchen, das sich in der Ecke zusammenkauert.
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Jean Valjean
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Re: Sauerer Regen über Deutschland

Beitrag von Jean Valjean »

ich bin über die folgenden umstände äusserst überrascht:

1. die kommentarfunktion zum artikel ist aktiviert
2. innerhalb der kommentare wird nicht über pädos/vergewaltiger hergezogen
3. die meisten der kommentare stellen die glaubwürdigkeit der studie in frage.
"Wer die Sicherheit der Freiheit vorzieht, wird immer in der Unfreiheit landen – und damit in der schlimmsten Unsicherheit, die dem Menschen widerfahren kann."

Roland Baader
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