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asgl
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Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Vor ziemlich genau 4 Jahren schrie die Lokalpresse auf. Es sei ein “riesiger Kinderpornoring” aufgeflogen, der in der Massregelvollzugsklinik Uchtspringe (Sachsen-Anhalt) sein “Unwesen” getrieben haben soll. Es folgte ein beispielloser Polizeieinsatz, bei dem wohl eine ganze Klinik und 400 kranke Menschen durchsucht worden sind. Tausende von Datenträgern – gemeint waren dann am Ende Video-DVDs, CDs mit Musik, Kassetten und Spielekonsolen nebst Speicherkarten – wurden beschlagnahmt und offenbar auch ausgewertet.

Wie das Ganze abgelaufen war, kommt jetzt in dem vermutlich letzten Prozeß vor dem Landgericht Stendal ans Tageslicht. Angeklagt ist ein ehemaliger Patient aus der Klinik in der Altmark. Ihm wird der Besitz von “unglaublichen” 1.500 Bildern mit kinder-oder jugendpornografischen Inhalt bzw. virtueller Pornografie (also gezeichneter oder computergenerierter Bilder) bzw. Bilder, auf denen kleine Mädchen vor der Kamera “posen”, vorgeworfen.

Allerdings konnte am ersten Verhandlungstag keiner der eingesetzten Kripo-Beamten genau sagen, woher die 6 DVDs und der USB-Stick mit den angeklagten Dateien überhaupt stammen. Aus dem Zimmer des Angeklagten wohl eher nicht, das beweisen Beschlagnahmeprotokolle. Die gesamte Durchsuchungsaktion und die nachgehende Registrierung der Asservate war augenscheinlich mehr als schlampig erfolgt. Keiner der vernommenden Beamten von LKA und Regionalpolizei konnten sich wirklich erinnern, wie sie zu den ausgewerteten Datenträgern gekommen sind.

Den kompletten Artikel gibts hier: http://blogazin.eu/schlampiger-prozess- ... elvollzug/
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Amiga
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von Amiga »

Wie immer eben,jedes mal das selbe,es wird schlampig oder gar nicht ermittelt.Sicher haben sich die Cops die besten bilder vorher rausgesucht und mit nach Hause genommen.
Scheiß RTL !
asgl
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Kinderporno-Prozeß der Peinlichkeiten fortgesetzt

Beitrag von asgl »

Zusammengehörige Themen vereint.
GLF-Moderation


Die Peinlichkeiten im so genannten “Kinderporno-Prozeß von Uchtspringe” nehmen kein Ende. Wutentbrannt verliess die Vorsitzende Richterin den Verhandlungssaal, als der Verteidiger am zweiten Tag einen Zeugen auf seine Wahrheitspflicht hingewiesen hatte. Sven Tamoschus hatte nämlich herausgefunden, dass Polizisten das Zimmer des Verdächtigen und einen völlig anderen Raum zur gleichen Zeit durchsucht haben wollen. Zumindest ging das aus den Akten hervor, und auch aus den Aussagen der Polizisten vor der Strafkammer. Sowohl Polizeibeamte als auch Zeugen hatten also erklärt, sie wären zeitgleich an zwei unterschiedlichen Orten anwesend und hätten dort wichtige Beweisstücke gesichert.

Dass dies so nicht sein kann, hatte Verteidiger Tamoschus aufgezeigt – was Richterin Henze-von-Staden offerbar missfiel.

Auch die anderen Zeugen brachten eher Nebel in den Prozeß als Licht ins Dunkel. Das war auch der aus 5 Personen bestehenden Richterkammer aufgefallen, die nun versuchten zu retten, was noch zu retten war. Allerdings war das bei den dilettantischen Auftritten angeblich hochausgebildeter Polizisten oder Krankenpfleger ein Ding der Unmöglichkeit. Und so wurde der zweite Prozeßtag nach kanpp 5 Stunden vertagt, nicht ohne 4 weitere Prozeßtage anzukündigen.

Welche Kaninchen Gericht oder Staatsanwalt für die anderen Verhandlungstage vielleicht noch aus dem Hut zaubern wollen, hatten sie nicht sagen wollen. Der Staatsanwalt regte allerdings an, den Mann als Zeugen zu laden, der die damaligen Ermittlungen auslöste und dann später als Kronzeuge galt. Bis er gestand, dass seine Aussagen vor der Polizei und dem Gericht komplett erlogen waren. Dafür wurde Heiko W. in einem eigenen Verfahren zu knapp 2 Jahren Bewährungsstrafe verurteilt.

Ein Verfahren, bei dem der angebliche Besitz von Kinder-und Jugendpornografie vier Jahre nach der Tat mit solch einem Aufwand vor einem Landgericht abgehandelt wird, ist wohl deutschlandweit eine Premiere. Und dass Richterin Henze-von-Staden den Prozeß trotz der traurigen Beweislage unbedingt durchziehen will, wohl auch. Oder liegt es daran, dass der heute Angeklagte durch einen Befangenheitsantrag vor Jahren dafür sorgte, dass sie als Chefin der Großen Strafvollstreckungskammer abgelöst wurde?


Mehr zum Thema wie immer bei Kirschfest ===>>> http://blogazin.eu/category/kirschfest/
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GLF-Team
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von GLF-Team »

Threads zu Uchtspringe vereint. Bitte nicht für jeden Prozesstag einen neuen Thread aufmachen, sonst ist das Thema völlig zerissen.
Ordnung ist das halbe Leben!
asgl
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Der nächste Prozesstag wird am Mittwoch sein, die Vorsitzende Richterin hat bereits angekündigt, notfalls auch noch "am 28. Dezember" verhandeln zu wollen.

Nach Informationen von Verteidiger Tamoschus gibt es übrigens neue Fakten: Im Prozeß sind sowohl Jugendpornografie als auch die s.g. Posing-Fotos angeklagt. Die Gegenseite hatte bereits 2010 in den Akten vermerkt, dass die Gesetzesverschärfung erst Anfang November 2008 in Kraft getreten ist - wenige Tage später habe es die Razzien in Uchtspringe und Lochow gegeben. Sollte also tatsächlich solches Material gegeben haben, würde ein s.g. Verbotsirrtum bestehen. Das zuständige Ministerium in Sachsen-Anhalt hatte das bereits 2010 im Rahmen einer kleinen Anfrage der FDP beantwortet und erklärt, dass diese Verfahren eingestellt wurden. Tenor: Patienten im Maßregelvollzug hätten gar keine Möglichkeit gehabt, sich über die geänderte Gesetzeslage zu informieren.

Warum dann gegen den "letzten" Angeklagten immer noch verhandelt wird, wird wohl für immer das geheimnis von Gericht und Staatsanwaltschaft bleiben.


Liebe Grüße
asGL
Unvisible
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von Unvisible »

vielen dank für die regelmäßigen Updates.

Lg pp
asgl
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Nun wirds richtig lächerlich: Der nächste Prozeßtag dauerte genau 2 Minuten, dann musste Richterin Henze-von-Staden wütend einsehen, dass auch sie nicht machen kann, was sie will.

Sie hatte nämlich dem Verteidiger erst am Abend vorher die Kopien einiger neuer Aktenstücke zukommen lassen. Rechtsanwalt Tamoschus machte ihr klar, dass nicht sie die Ermittlungen führt, sondern das eigentlich Sache der Staatsanwaltschaft sei. Aus diesem Grund verlangte er die Vertagung, der die Richterin 10 Minuten später zähneknirschend zustimmen musste.

Nach einer ersten Sichtung der "neuen Akten" sprach der Verteidiger von "irgendwelchen computergeschriebenen Listen" einer als Zeugin geladenen Klinikvertreterin ohne Unterschriften oder gar Beweiskraft - und für sowas müssen 10 Prozessbeteiligte stundenlang fahren.


Liebe Grüße
asGL
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Tropi
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von Tropi »

Man sollte sich den Namen des Verteidigers merken :wink:
Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
Mahadma Gandhi
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Khenu Baal
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von Khenu Baal »

für sowas müssen 10 Prozessbeteiligte stundenlang fahren
Reisen bildet! Und manchmal macht's ja auch Spaß!

Tja, Geld spielt für den Steuerzahler keine Rolle, wenn's um... ja, worum geht's eigentlich? Recht und Gesetz kann's ja schon mal nicht sein und das Christliche Abendland sehe ich ebenfalls nicht gefährdet.

Danke für den detaillierten Bericht zum Prozeßtag!
asgl
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Für die, die es interessiert: Der Anwalt heisst Sven Tamoschus und ist aus Dessau.

Und JA, er wollte namentlich genannt werden, der vertritt u.a. auch viele der im Maßregelvollzug weggesperrten Männer.


Liebe Grüße
asGL
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Mal eine Info quasi am Rand: Ich habe heute mal "Spezialanwälte" durchtelefoniert, die in diesem Fall vielleicht noch etwas bewegen könnten. Der Wille zu helfen (die Anwälte sehen ja auch, wie da mit einem Menschen umgegangen wird und das Recht mit Füßen getreten wird) ist wohl da, aber was die an Summen aufrufen, ist einfach Wahnsinn. Das "günstigste Angebot" waren 8.000 Euro.

Da sind wir wieder bei der Sache: Man kriegt nur "sein" Recht, wenn man genügend Geld hat.



Liebe Grüße
asGL
Fond
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von Fond »

Aus dem Zimmer des Angeklagten wohl eher nicht, das beweisen Beschlagnahmeprotokolle.
Also wenn ich es bei einer Durchsuchung schaffe einen Datenträger den ich nicht verstecken kann unbemerkt in deren Kiste (?) zu befördern und er nicht auf den Protokoll steht (bekommt man nen Durchschlag direkt?) und die fänden auf dem "eingeschläusten" Datenträger in der Tat etwas, dann..... :twisted:
Nehmen wir an, dass auf dem Datenträger nur ein Container ist der aussagekräftig benannt wurde und für den dann nach einem Passwort gefragt wird, müsste man sich nicht mal zur Existenz äußern und könnte im Prozess das als gutes Beispiel nehmen, wenn angeführt wird, dass man andere Passworte nicht raus geben würde.
asgl
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Normalerweise sollte es ja so sein: Polizist nimmt eine Festplatte, tütet sie ein, klebt die Tüte zu plus ein Schildchen drauf und schreibt dann die Nummer auf das amtliche Durchsuchungsprotokoll. Das gleiche dann bei einer DVD: DVD nehmen, eintüten, Nummer drauf und aufs Protokoll.
Danach gehen die Sachen zum LKA, werden auf den Kipo-Server kopiert und dann ausgewertet. Sollten bedenkliche Dateien drauf sein, gibts einen Prüfbericht und der geht (plus Original-Datenträger) zum Staatsanwalt.

Im obigen Fall gibt es 3 Packen Protokolle, da stehen dann mehre Posten DVDs drauf (22 DVDs, 43 DVDs, 23 DVDs usw.), eine Zuordnung ist so nicht möglich. Dazu kommt, dass die bednklichen Datenträger tagelang irgendwo rumlagen, bevor die Polizei sie mitgenommen hat - vergleichbar etwa mit dem Fall, ein Hausmeister bricht deinen Keller auf, schaut sich deine DVDs an und behauptet, es wären Kipos drauf. Haumei ruft Polizei und Polzei sagt, schliessen sie den Keller gut ab, wir kommen irgendwann mal in 14 Tagen vorbei, falls wir mal einen Beschluss kriegen. Ach ja, und da unser haumei ein ganz Genauer ist, hat er gleich alle Keller und auch die Wohnungen durchsucht und da alle DVDs rausgenommen und in seinem Keller auf einen Haufen geworfen und dann 10 Tage gewartet, bis Polizei den Keller erstmal versiegelt hat.

So ungefähr gestaltete sich der Fall - so wie er aus den Akten und den Aussagen der Zeugen vor Gericht zu entnehmen war. Die Wahrheit kennt sowieso niemand, aber das, was da rein bürokratisch abgegangen sein muss, war echt haarsträubend.



Liebe Grüße
asGL
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von asgl »

Update vom 4. Verhandlungstag, anwesend waren 3 BerufsrichterInnen, 2 SchöffInnen, 1 Tippse, 1 Staatsanwalt, 1 höchstbezahlte forensische Gutachterin, 1 Strafverteidiger, 1 Angeklagter. Ach ja, diesmal war der Journalist, der vom letzten Prozesstag in Abwesenheit berichten konnte, wenigstens physisch anwesend.

Ein Zeuge wurde vernommen, der über die Auswertung ihm übergebener Sicherungskopien berichtete - was immer die Richterin damit bezweckte. Interessanterweise verstrickte sich auch dieser Polizist in Widersprüche, als er 2 DVDs aus dem Hut zauberte, die er nach eigenen Aussagen gar nicht in der Hand gehabt haben kann.

Das Ganze dauerte knapp 30 Minuten, danach vertagte die Richterin den Prozess erneut - sie hatte einfach keine weiteren Zeugen geladen.

Wir wollten gar nicht den Versuch machen auszurechnen, was alleine dieser Prozesstag gekostet hatte, der wie die anderen Prozesstage auch kein bissel mehr Licht ins Dunkel von undurchsichtigen Durchsuchungen, Aufbewahrungen von Asservaten und Verbreitung von Kinderpornografie durch eine stellvertretende Chefärztin bringen konnte.


Liebe Grüße
asGL
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gelöscht_13
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Re: Justizposse um Kinderpornos

Beitrag von gelöscht_13 »

Wenn es schief geht, muss der Angeklagte diese ganzen Kosten tragen...
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