Gast1 hat geschrieben:leider gibt es ja noch die dunkelziffer von sexuellen übergriffen gegenüber kindern.gibt es da eine statistik?
Dunkelfeld Studien sind sehr selten, meistens wird nur das Hellfeld untersucht, d.h. nur Fälle, wo bereits eine Strafverfolgung erfolgte oder gerade erfolgt.
Wetzels (1997) und Dansky et al (1997) gehen davon aus, dass 8,6% der Mädchen und 2,8% der Jungen in ihrer Kindheit sexuell Missbraucht werden. In einer Pilotstudie vom Bundesfamilienministerium (2004) wurde festgestellt, dass der Anteil der Mädchen und Jungen von innerfamiliären Missbrauch (die häufigste Form) in etwa gleich ist. Laut amerikanischen Forschern werden nur rund 15 Prozent der Missbrauchsfälle aufgedeckt, das entspricht einem Verhältnis von etwa 1:7. Baurmann (1991, S. 233) schätzt die Hell- / Dunkelfeldrelation bei sexuellem Missbrauch von Kindern auf 1:5, für den Missbrauch von Schutzbefohlenen auf 1:20 bis 1:50. Vogt (2006) geht bei der pädophilen Minderheit davon aus, dass eine Relation von 1:5 am zutreffendsten ist.
In Deutschland werden jährlich etwa 12.000 Straftaten wegen Delikten nach (§ 176, 176a, 176b StGB) angezeigt und strafrechtlich verfolgt. Die Aufklärungsquote beträgt etwa 80 %. Etwa 25 % der Täter sind dabei selbst noch unter 18 Jahre, etwa 8 % unter 14 Jahre. Bange & Deegener (1996) gehen davon aus, dass im Dunkelfeld etwa ein drittel der Täter selbst noch Kinder sind. Der Anteil der Fälle mit "schwerem sexuellen Missbrauch" (§ 176a StGB) liegt laut polizeilicher Kriminalstatistik (2008) bei etwa 21 % (ca. 2550 Fälle, diese beziehen sich auf Beischlaf, anale Penetration, Oralverkehr, oder ähnliche Handlungen). Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176b StGB) gab es 2008
keinen Fall (0).
Eine Hochrechnung dieser Zahlen ist aufgrund fehlender wissenschaftlicher Arbeiten dazu nicht wirklich möglich. Man kann bei Straftaten nach den §§ 176 ff. StGB anhand den o.g. Studien in Deutschland von jährlich 50.000 bis zu 250.000 Fällen oder mehr ausgehen.
Die hohe Zahl der sexuellen Missbräuche kommt aber auch daher, dass man mittlerweile die kleinste Zärtlichkeit als Missbrauch einstuft. Küssen z.B. oder intensives Kuscheln, Schmusen oder obszönes Reden können bereits als solcher eingestuft werden. Eine Differenzierung zwischen wirklichem Missbrauch (d.h. ein Kind unter [androhen von] Gewalt, Druck oder Zwang zu "gebrauchen") und liebevollen Einvernehmlichen (völlig unspezifizierte) Handlugen findet nicht mehr statt (u.a. Lautmann, 1980; Ree, 1999; Rind et al, 2001; Schulte-Stracke, 2002; Griesemer, 2004 uvm.). Es handelt sich dabei also nicht immer um wirklichen Missbrauch im eigentlichen Sinne des Wortes. Viele "Übergriffe" bleiben also verborgen, ganz einfach weil sie auch vom Betroffenen selbst als "normal" eingestuft werden. Wer aber nicht sofort von Missbrauch spricht, sondern differenziert, wird öffentlich angegriffen und lässt sich angeblich von den "Denkfehlern" der Pädophilen leiten (u.a. Gieles, 2008). Alle Formen des Sexualkontaktes werden in einen Topf mit der Aufschrift ‘sexueller Missbrauch’ geworfen. So landet die Vergewaltigung eines fünfjährigen Mädchens durch den Nachbarn in derselben Kategorie wie das homoerotische Spiel zwischen einem fünfzehnjährigen Jungen und einem Mann (Griesemer, 2004).
Man sollte sich auch nicht von steigenden Missbrauchsfällen täuschen lassen, diese kommen hauptsächlich durch die ständigen Verschärfungen des Sexualstrafrechts. Schön zu sehen ist das bei den steigenden Zahlen von Kinderpornographiebesitz und -Verbreitung, mittlerweile können schon Fotos von bekleideten (!) Kindern, bei denen sie z.B. in einer "unnatürlichen Position" abgebildet sind, als kinderpornographische Schriften eingestuft werden.
lg kim