Amiga hat geschrieben:Ganz netter Film....
Was für eine Aussage! Ich finde es sehr traurig, wenn nicht gar erschreckend, wenn von diesem Film wirklich nicht mehr hängen geblieben ist, als dass es nur ein "ganz netter Film" gewesen ist. Wie oberflächlich bist Du eigentlich Amiga?
Für mich war es ein sehr berührender Film, der unter die Haut geht und die Frage nach dem persönlichen Umgang mit Schuld und Anschuldigungen offen lässt. Das sollte doch, wenn schon, einiges Nachsinnen mit sich bringen.
Zu Beginn des Filmes erfährt Pfarrer Reinberg, dass ein Straftäter rückfällig geworden ist. "Jeder hat eine zweite Chance verdient", sagt er. Komissarin Fromm, die ihm die Tat geschildert hat, sieht das anders. Sie sagt: "Nein, das Mädchen hatte keine Chance". Womit sie ja wohl nicht ganz unrecht hat.
Pfarrer Gabriel Reinberg hatte sich mit der zwölfjährigen Lydia immer gut verstanden, hatte der Ministrantin Nachhilfe in Latein gegeben, sie beim Kommunionunterricht ein bisschen bevorzugt - und sie himmelte ihn an. Eines Tages aber wird sie tot im Wald gefunden, und für die Einwohner des kleinen Ortes scheint alles klar. Hatte der Pfarrer als Psychologe und Gefängnisseelsorger nicht schon früher mit Sexualstraftätern zu tun? Ist er jetzt selber zu einem geworden?
Plötzlich ist er der Schuldige, alle Blicke richten sich auf ihn, hinter seinem Rücken wird getuschelt, und alle wenden sich ab. Es sind böse Anschuldigungen, denen Reinberg nun ausgesetzt ist. Anschuldigungen, die ihn fast erdrücken. Dabei hatte er in der ländlichen Idylle Frieden gefunden. Er kannte jedes Dorfmitglied, und die Dorfbewohner kamen in Scharen in seine Kirche. Bis zum Tod des Mädchens. Ein Gerücht über einen Kuss zwischen dem Pfarrer und seiner Kirchenhelferin schürt die Anschuldigungen. "Den schicken die uns?", heißt es mit einem Mal über den Pfarrer im Wirtshaus beim Stammtisch. "Den, der mit Kinderschändern zu tun hatte?"
Für Kriminalkommissarin Esther Fromm ist der Fall nicht so ganz eindeutig wie für die Dorfbewohner. Und selbst ihr Partner hält Pfarrer Reinberg von Beginn an für den Hauptverdächtigen. Fromm aber kennt Reinberg von früher, als er noch Gutachten über Sexualstraftäter ausstellte. Sie fragt: "Wieso wird ein Mann wie Sie Priester?" Weiß aber auch: "Es ist doch nicht jeder Priester gleich ein Kinderschänder."
Insofern knüpft dieser Film an die schwierige Thematik des Kindermissbrauchs durch Geistliche an. Er lässt aber hinter den schweren Vorhang von Anschuldigungen blicken. Zwar zeigt er eindringlich die Trauer und Wut der Eltern, als sie vom Tod ihrer Tochter erfahren. Im Fokus aber steht der vorverurteilte Pfarrer, der bloß deshalb schuldig zu sein scheint, weil er Pfarrer ist.
Reinberg wandelt sich von einem gütigen Gottesmann zu einem Zweifler, einem Mann im Zwiespalt. "Das Misstrauen, das mir entgegenschlägt ist unerträglich", gesteht er ratlos in einem Gespräch mit dem Bischof. Plötzlich gerate jeder Priester unter Generalverdacht. Ihm wird aber trotzdem empfohlen, im Dorf zu bleiben und zu kämpfen.
Doch das wird immer schwieriger. Die Gemeinde steht nicht mehr hinter ihm, sein Auto wird mit Beschimpfungen beschmiert und angezündet, seine Wohnung verwüstet. Und als auch noch ein DNA-Test Spuren von Reinberg am Opfer nachweist, wird der Pfarrer plötzlich verhört und muss sich anhören, dass sich doch ein Priester nach dem anderen an Kindern vergreife.
Schauspieler christian Berkel, der sonst als "Der Kriminalist" auf der anderen Seite des Verhörtisches sitzt, spielt Pfarrer Reinberg sehr eindringlich. Seine Mimik, die tiefen Furchen und nachdenklichen Blicke sind ein Spiegelbild seiner Gedankenwelt. Sie zeugen von Ratlosigkeit, von Zweifeln an der Gemeinde, aber auch von Zweifeln an sich selbst.
Der Kriminalfall wird, wenn auch mit teils übertriebener Dramatik, spannend aufgelöst. Dass es letztendlich die eigene Mutter war, die ihr Kind getötet hat, war mehr als überraschend, womit ja auch niemand gerechnet hat.
Ja, und ausnahmsweise ging es auch mal nicht gegen oder gar um einschlägige Pädophile. Wird ja auf Dauer auch ziemlich langweilig und diese Thematik bleibt deshalb vorrangig auch den Privatsendern als Dauerbrenner vorbehalten.
Die schauspielerischen Leistungen der Akteure in diesem Film waren sehr eindrucksvoll und überzeugend. Und Lydia (Chiara Feldberger!)..., die war einfach total süß. Schon allein deswegen ging mir ihr Tod ziemlich an die Nieren.
Also, alles andere als nur ein "ganz netter Film"!
Tss, tss, tss.....
