Denker hat geschrieben:Wir können zwar die Theorie diskutieren, wir können uns daraus ein Wunschbild formen, wie das Leben sein sollte und wie das Leben sein könnte, wenn alle anderen Bedingungen (gesellschaftlich usw.) unserer Theorie entsprächen, aber…
Das hat wenig mit den Gründen zu tun, warum ich mich für Theorie interessiere. Naturwissenschaft dient dazu, das, was wir um uns herum finden, zu erklären. Und hat die Nebenwirkung, dass man auf solchem Wissen aufbauend technische Geräte erfinden kann. Ethische Theorie dient dazu, herauszufinden, wie man sich am besten verhalten sollte.
Was bringt es uns? Wie hilft uns diese Theorie (vor allem diese, welche akt. eher Wunschtraum ist) beim Bewältigen des RL?
Ethik hilft dir selbst, dein Leben zu leben. Deine eigenen Fehler zu erkennen.
Du schreibst selbst über Unterschiede zwischen Deiner in den Threads vertretenen Meinung und Deinen eigenen Erlebnissen/ Handlungen bzgl. der Kinder.
Das betrifft Situationen, in denen ich bisher einfach nicht war. Trotzdem könnte man ja in Zukunft mal in einer solchen Situation landen. So etwas vorher durchdacht zu haben ist nützlich.
Allerdings gibt es noch einen größeren Nutzen: Beim Durchdenken etremer Situationen, in denen man noch gar nicht war, entdeckt man leichter Fehler und Widersprüche in den eigenen Prinzipien. Und kann sie korrigieren. Und das nützt uns auch in anderen, viel normalere Situationen.
Du schreibst, dass Du sogar manchmal gar nicht Deine Meinung sondern nur einen theoretischen Fakt beschreibst. Du schreibst selbst über fehlende praktische Erfahrungen im Umgang mit Mädchen und im Verhalten von Mädchen in verschiedenen von Dir angeführten Situationen. Trotzdem willst Du allgemein gültige theoretische Grundlagen voraussetzen bzw. in der Reduzierung auf die theoretische Bedeutung von Begriffen auch anwenden!
Ja. Das ist die übliche wissenschaftliche Methode. Man denkt sich eine Theorie aus, verallgemeinert sie soweit wie möglich, und kann dann irgendwann ihre Fehler herausfinden.
Hätte Newton sich darauf beschränkt, zu sagen, dass Äpfel nach unten fallen, hätte er nichts geleistet. So hat er uns eine Theorie gebracht, die zwar falsch ist (Einsteins Theorie ist besser), aber die es überhaupt erst ermöglicht hat, dass Einstein seine Theorie fand.
Und weil Du die Theorie von der Praxis trennst (zumindest in Deinen Diskussionen), wirkt so vieles so völlig „daneben“.
Damit kann ich wenig anfangen.
Schön wäre es, wenn Du mehr davon preisgeben würdest, wie Du die Theorie im RL umsetzt, wie Du mit dem Zwang zu Kompromissen, mit Deiner praktischen Verantwortung umgehst.
Ich sehe keinen Zwang zu Kompromissen. Eine gut genug durchdachte Ethik braucht keine Kompromisse. Kompromisse braucht man nur, wenn man einer unrealistischen, nicht durchhaltbaren Ethik folgt.
Mein Leben besteht aus Kompromissen! Deines nicht?
Nein. Weil ethische Prinzipien für mich, von der theoretischen Grundlage her, ein Mittel zum Erreichen eigener Ziele sind.
Kompromisse schließe ich mit anderen. Für mich selbst wäge ich ab, zwischen den verschiedenen Interessen, die ich habe.
Es kommen zwar durchaus auch Sachen vor, die ich im Nachhinein bedauere - einschließlich Verstöße gegen eigene ethische Prinzipien. vor, aber doch relativ selten und relativ gering - also so, dass ich auf jemanden, der sich so verhält wie ich, mit mehr als milder Kritik reagieren würde. Was sicherlich auch damit zu tun hat, dass ich auch persönlich nicht dazu neige, anderen moralische Vorwürfe zu machen. Gewissermaßen eine angeborene Neigung zur Toleranz.
Und dann gibt es natürlich eine Menge Abwägungen. Dort wo zwei Prinzipien in Konflikt miteinander geraten, gehört eine solche Abwägung allerdings selbst zur Ethik.
Der klassische Konflikt des Sünders, der Kompromisse mit einer höheren Moral schließt und sich anschließend dafür schämt, ist mir jedoch fremd.
Dann könnten wir nämlich anfangen, wirklich realitätsnahe Diskussionen zu führen! (Zumindest merke ich, dass meine dem RL angepasste Verhaltensrichtlinie (nicht meine Wunschvorstellungen!) und Deine wissenschaftlich-theoretische Äußerungen eher konfrontierend wirken!)
Ich verstehe nicht einmal die Idee, warum man seine ethischen Vorstellungen irgendwie dem RL (also doch wohl der Mehrheitsmoral) anpassen sollte.
Sicher sollte man auch auf absurdeste Glaubensvorstellungen von Eingeborenen eine gewisse (allerdings keine übertriebenen) Rücksicht nehmen - sie also nicht gezielt, ohne Grund, verletzen. Und natürlich muss man sich im eigenen Interesse auch tarnen, wenn man unter Verbrechern überleben will. Aber darüber hinaus?