Re: Harmlosigkeit und Sex
Verfasst: 08.12.2015, 17:20
Das ist ziemlich trivial, vor allem wenn du später von Vergewaltigung, Belästigung und emotionaler Erpressung schreibst.Ovid hat geschrieben:Menschen machen allgemein auch schlechte sexuelle Erfahrungen. Das ist ein totaler Allgemeinplatz. Menschen machen auch in anderen Lebensbezügen schlechte Erfahrungen.
Nein. Du hast als Erwachsener immer sehr viel mehr Wissen und Erfahrungen über Sexualität als Kinder. Daher kann man das als Erwachsener auch gar nicht mehr so spielen wie Kinder, mit nicht sexualisierter anatomischer Neugier etc. Erwachsene erleben Doktorspiele anders als Kinder, selbst wenn sie nur bei den kindlichen Spielen mitmachen, ohne eigene Ideen und Wissen einzubringen. Das gilt natürlich vor allem für Pädos. Daher kann das Kind sich als Erwachsener (zurecht) ausgenutzt und verraten fühlen.Ovid hat geschrieben:Oder sagst du damit im Prinzip: Diese Doktorspiele, wenn sie genauso zwischen Erwachsenen und Kindern passieren würden, wären dann nicht schädlich nach deinem Modell?
Jetzt ist es also doch wieder so, dass sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern in unserer Gesellschaft schädlich sind, wenngleich du die Ursache in der Gesellschaft selbst siehst. Aber du solltest dich mal entscheiden, ob du es in unserer Gesellschaft für schädigend oder harmlos und für moralisch akzeptabel oder falsch hälst. Dieses Zitat spricht gegen die Harmlosigkeit, an anderer Stelle behauptest du wieder das Gegenteil.Ovid hat geschrieben:Ein weiterer Punkt: In einer kriminalisierten Umgebung sind die Vorraussetzungen positive Erfahrungen zu machen allgemein schlechter. Geheimhaltung, Ambivalenzen und Erwachsene, die in so einer Umgebung Kinder einem solchen Risiko aussetzen, könnte man entweder eine instabile Persönlichkeit vorwerfen oder variierende Formen von Rücksichtlosigkeit.
Alles keine guten Vorraussetzungen für eine positive Erfahrungen, aber auch kein ultimatives Hindernis.
Man müsste nur im Hinterkopf behalten, dass der Kontext sexueller Kontakte in dieser Umgebung eben auch die Konsequenzen des Ganzen in eine negative Richtung lenkt, als es in einem legalisierten Szenario der Fall wäre.
Clancy hat in einer überregionalen Zeitung (Boston Globe) nach "sexual abuse victims" gesucht. Von Gewaltopfern steht da nichts und das man in einer Umfrage niemanden erreicht, der gar nicht an psychologischen Umfragen teilnehmen will ist bei jeder Umfrage so. Du kannst dich jetzt am Opferbegriff aufhängen, allerdings zitierst du ja selbst die Stelle, dass sich viele Leute gemeldet haben, die sich gar nicht als Opfer gefühlt haben. Ob es jetzt eine (weit größere) Gruppe gegeben hat, die ihre sexuellen Kindheitserfahrungen immer noch positiv sehen und sich gerade deshalb nicht gemeldet haben, ist reine Spekulation. Es ist aber unglaublich unwahrscheinlich, dass nur 1% aller Menschen ihre gewaltlosen sexuellen Kindheitserfahrungen negativ bewertet und die 200 Teilnehmer zufällig alle aus dieser 1%-Gruppe kommen. Für mein moralisches Argument gegen die Harmlosigkeit von Sex zwischen Kindern und Erwachsenen reicht es, dass diese Gruppe nicht so klein ist, dass man sie vernachlässigen kann. Beim russischen Roulette ist ja auch nur eine Kugel in sechs Kammern.Ovid hat geschrieben:Die Stichprobe ist also nicht repräsentativ. Sie spricht eben die Population mit den meisten adverse affects an. Also entweder diejenigen, die ihr Opfertum stark mit heutigen Problemen verbinden (wie z.B. Einstiegsbeispiel Frank) oder diejenigen, die eben klassiche Gewalterfahrungen gemacht haben.
Viele versprechen sich durch so eine Anzeige von der Abteilung "Department of Psychology", auch Antworten auf Fragen, Hilfe, Beistand, Erklärungen.
Jemand, der von dieser Erfahrung unbeeindruckt ist, es eher als Bagatelle sieht, sich nicht als "Opfer" fühlt und auch gar nichts mit Psychologen zu tun haben will in der Richtung - kann ja nur unangenehm sein, die reden da mit schlimmsten Gewaltopfern. Was soll man denn da? - wird eben eher nicht dahingehen.
Klar, das klassische Opfer ist das Opfer, dem schwere bis schwerste Gewalt, Drohungen und Schmerzen zugefügt wurden. Da passt der Freund, der dem Kind Aufmerksamkeit und Anerkennung schenkt und dafür Petting und Oralsex will nicht rein.Ovid hat geschrieben:Aber sie findet am Ende ja selbst heraus, dass sich viele Opfer eben nicht als klassische Opfer sehen oder überhaupt als das.
Die Stelle danach hast du wirklich schlecht zitiert. Clancy schmeißt da verschiedene mögliche Erklärungen in den Raum, bevor sie ihre eigene etabliert. Man sollte Zitate nicht außerhalb ihres Kontextes analysieren.Ovid hat geschrieben:An einer anderen Stelle fragt sich Clancy - zu Recht - auch: Was schadet denn jetzt eigentlich?
Informed Consent ist Teil des Schadensarguments von Clancy. Beim informed consent geht es darum, dass Kinder nicht das Wissen und nicht die kognitiven Möglichkeiten haben, Sex zuzustimmen. Gerade dadurch entsteht ja die Rekonzeptualisierung, gerade dadurch werden sie als Erwachsene ihre kindlichen Sexualerfahrungen immer anders beurteilen. Bei Clancy ist informed consent nicht einfach per se ein Argument gegen Sex zwischen Kindern und Erwachsenen (auch wenn sie das im Fazit ausführt), sondern Teil der Erklärung des Schadensmechanismus. Was das Consent-Argument übrigens sehr aufwertet, alleine halte ich es nämlich für ziemlich schwach.Ovid hat geschrieben:Auf einmal geht es überhaupt nicht mehr um den Schaden und die Ursachen, sondern um das Argument: Informed Consent.
Das liegt ja einfach daran, dass bisher vor allem Missbrauch mit Gewalt, Drohungen und Schmerzen untersucht wurden. Gewaltloser Missbrauch wurde schlichtweg übersehen oder für nicht existent erklärt. Clancy erklärt das im dritten Kapitel recht gut, warum das so war und ist. Das Wissenschaftler oft blind für Tatsachen sind, die ihrer Theorie widersprechen, ist auch nichts Neues (lies mal Thomas Kuhn).Ovid hat geschrieben:Es ist doch auch total bemerkenswert, dass erst vor 5 Jahren die große "Erleuchtung" kommt von wegen: "Oh ja ups. Das mit den ganzen sexuellen Handlungen bei Kindern eigentlich nicht traumatisch".
Du willst deinen dritten Beitrag wirklich auf die Rind-Studien aufbauen? Und ich dachte, da käme was interessantes...Ovid hat geschrieben:Rind et. al. zeigen ja auch immer wieder: "Ach ja ups. Alle möglichen Studien zeigen in unseren Metaanalysen eine schwache Korrelation". (Dazu mehr im 3. Beitrag)