Wuff, das ist aber wieder ein ganzer Batzen Text! Also eins nach dem anderen... ich will zunächst einmal nur Poki und Minniwinni antworten... schließlich habt ihr beide mich direkt angesprochen. Ich denke, das wird schon genügend Stoff für einen recht epischen Beitrag liefern
@ Poki:
@motörhumsway: zumindest mein zweiter beitrag ist ja wohl auch ohne philosophische vorkenntnisse verständlich. bei meinem ersten hätte ich es wohl anders formulieren sollen, aber ich habe die angewohnheit, dass ich sobald es um philosophie und diskussion geht die volle dröhnung metasprache rauszulasse, da da jedes wort sehr genau definiert ist und das dem gegenüber ein absichtliches missverstehen erschwert. verstanden wurde der erste anscheinend trotzdem.
und nein, wenn es um philosophie geht, gestatte ich dir keine ungenauigkeiten. :p
Stimmt, dein zweiter und alle folgenden Beiträge erscheinen mir durchaus allgemein verständlich. Du hast auch Recht, dass man sich als geschulter Begriffsarbeiter ganz wunderbar unmissverständlich unterhalten kann... nur eben leider ausschließlich mit einem anderen geschulten Begriffsarbeiter; der Großteil des Restes versteht wahrscheinlich nur Bahnhof.
Meinst du mit den Ungenauigkeiten, dass ich auf den Rest deines Beitrags nicht eingegangen bin? Ich hielt das einfach nicht für notwendig, um meinen Standpunkt zu erklären, aber wenn du magst, dann hier einmal ausführlich... [philomode]
Das hier ist kein Philosophieren, sondern ein Disputieren. Und da ist nunmal Logik bestenfalls die halbe Miete. In Forumdiskussion ist sie vielleicht noch weniger wichtig.
Ich sehe keinen ausschließenden Unterschied zwischen einem Philosophieren und einem Disputieren. Im Gegenteil ist der Disput in meinen Augen eines der fruchtbarsten Felder der Philosophie. Wenn ich so von einem philosophischen Disput rede, dann meine ich damit kein Gegeneinanderhalten von logischen Strukturen hinter Aussagen. Dass dies nicht die einzige Möglichkeit ist, eine Sprache der Philosophie zu denken, hat Heidegger meines Erachtens in "Der Ursprung des Kunstwerks" nachvollziehbar gemacht, ebenso Wittgenstein in seinen "Philosophische[n] Untersuchungen". Ich beziehe mich primär auf Heidegger, sein Erschließen des Alltags für die Philosophie für eine der größten und bedeutendsten philosophischen Errungenschaften des vergangenen Jahrhunderts halte; nicht zuletzt ermöglicht sie uns, ein Gespräch wie dieses unter philosophischen Gesichtspunkten zu betrachten.
Nein, es geht viel mehr um Eristik (oder Sophistik, wenn man es wertend ausdrücken will).
Genau an dieser Stelle sehe ich die Schwierigkeit, an der unsere Diskussion derzeit leidet. Für einen großen Teil der Gesprächsteilnehmer steht im Zentrum ihres Interesses die Widerlegung der Gegenseite mit allen fairen und unfairen Mitteln. Darunter leidet die Bereitschaft zu geistiger Beweglichkeit und kritischer Selbstreflexion. Stellten wir das Ganze unter den Primat des Verstandes und des Verständnisses, ich bin mir sicher, wir hätten einen erfolgfersprechenderen Weg gefunden.
Und es kann auch nicht zur echten Diskussion kommen: Wir können uns ja nicht mal auf eine Basis von bereits erwiesenen Fakten einigen, da es Studien mit vollkommen divergenten Aussagen gibt und jeder nur die annimmt, die zu seinem Konzept passen.
Genau deshalb mein Verweis auf Husserl und die phänomenologische Methode. Die Naturwissenschaft könnte dann Arsch lecken und wir würden uns den Dingen so annähern, wie sie für das jeweilige Subjekt und seine Lebenswirklichkeit bedeutsam sind. Es bietet sich bei einem Thema, das die Naturwissenschaft ratlos lässt, doch geradezu an.
Davon, wie wenig Anklang es hat, wenn man eigene (subjektiven und damit immer anzweifelbaren) Erfahrungen anbringt, will ich garnicht reden.
So inflationär, wie hier mit Begriffen wie "dem Wahren", "dem Guten", "dem Bösen" und so weiter gearbeitet wird, ist das doch kein Wunder. Ein Großteil der Diskussionsteilnehmer sind Metaphysiker alten Schlages. Erklären wir ihnen, wo Kant und Hegel an ihre Grenzen stießen, und das Problem ist gelöst
Und selbst wenn wir diese hätten: Ich seh immer wieder wie zum Beispiel argumenti ad hominum als valide zu entkräftende Argumente genommen werden.
Warum sollen denn argument
a ad homin
em nicht zu entkräften sein? Wenn du jemanden disst, kann ich doch erklären, weshalb der Homie eigentlich doch ganz cool ist, oder nicht?
Was wir hier machen können, ist dem Gegenüber logische Brüche in seinem Denken zu beweisen und wenn diese nicht vorhanden sind, ihm die eigene Meinung als eine ebenfalls stringente darzulegen und so zu hoffen, dass es in Zukunft mehr Verständnis für diese Meinung hat und vielleicht sogar Elemente von ihr in die eigene integriert.
Wenn du an einen Punkt gelangst, an dem du einsiehst, dass deines Gegenübers Ansicht in sich lückenlos nachvollziehbar ist, dann macht es doch keinen Sinn, die eigene Ansicht, welche jener widerspricht, als ebenso lückenlos nachvollziehbar aufzeigen zu wollen. Der folgerichtige Schritt wäre es, auf die Überprüfung der logischen Struktur eine Überprüfung der empirischen Prämissen folgen zu lassen... also raus ins Feld und mit so vielen Menschen reden wie nur eben möglich! Sollten sich diese Überprüfung als ebenso sattelfest erweisen, dann gebietet es der Anstand, seinem Gesprächspartner die Hand zu reichen und einzusehen, dass er Recht hat. Dies alles setzt allerdings ein Logik-zentriertes Bild von Sprache voraus, das anzunehmen ich im Augenblick wie erwähnt nicht geneigt bin. Meine Alternative habe ich ja bereits vorgestellt... und die funktioniert sogar ganz ohne Feldstudie und Wahrheitswerten

[/philomode]
Puuuh, ganz schön schwerer Stoff für einen Sonntagabend! Ich hoffe, dass ich meine vorherigen Ungenauigkeiten einigermaßen habe ausräumen können.
@ Minniwinni:
An die Philosophen:
Ihr mögt im Grunde Recht haben. Mein Ziel ist es auch, eine Diskussion auf einem höheren Niveau zu führen. Das ist auch ein Grund, warum ich seltener zu lesen bin.
Deine Absicht finde ich wirklich loblich. Das ist in meinen Augen schon mal die wichtigste Voraussetzung für eine vernünftige Diskussion!
Das Problem, warum sich Diskussionen zuspitzen, sich themenfremde Unterstellungen an den Kopf geworfen werden und letztendlich die Diskussion nur noch emotional wird, begründe ich z.B. wie folgt.
Die sogenannten "Antis" (nicht abwertend) kommen hier ins Forum mit ihrer Meinung. So weit OK. Sie schreiben ihre Meinung nicht selten dann in einer Form nieder, die einem das Blut zum Kochen bringen. Klar, dass dann die ersten Reaktionen unsererseits zunächst einmal auf dem selben Niveau zurück schmettern, denn es steht jedem Besucher frei, sich erst einmal ausführlich zu informieren hier. Viele der immer von neuem durchgekauten Themen gab es so schon in der einen oder andern Form. Lesen und versuchen die Inhalte aufzuarbeiten scheinen anscheinend nicht jedem "Anti" zu liegen oder sie wollen nichts anderes als nur provozieren.
Wissenschaftlich gesehen ist dieses Thema eben auch nicht so weit erforscht. Es gibt selbst wissenschaftliche Berichte, wo man den Endruck gewinnt, der Wissenschaftler möchte nur gesellschaftliche Anerkennung, anstatt sich seiner Forschung wertfrei zu widmen.
Vielleicht ist es ratsam, wenn wir alle uns an die eigenen Nase fassen und schauen, wo wir noch Verbesserungsbedarf haben. Was ich zum Teil stark vermisse, auch von unserer Seite, ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der Raum für die Ansichten und Meinungen beider Seiten offen hält.
Fazit meinerseits. Für mich gilt es, Akzeptanz zu suchen, nicht Wohlwollen.
Ich finde es wichtig, zu bedenken, mit welchen Voraussetzungen der gemeine Anti in eine solche Diskussion einsteigt. Schon eine neutrale Einstellung fordert von ihm eine radikale Skepsis gegenüber unserer Gesellschaft und der damit verbundenen Normen, einen ausgesprochen kritischen Blick auf die meinungsmachenden Institutionen und schließlich ein ungewöhnliches Maß an Offenheit für neue und auch radikale Ideen. Einen solchen Anspruch an seinen Gesprächspartner zu stellen grenzt, wie ich meine, schon fast an Dreistigkeit. Du weißt besser als ich, wie das standardisierte Bild des Pädos in unserer Gesellschaft aussieht... sein Ansehen ist dem eines Massenmörders kaum überzuordnen. Stell dir jetzt vor, dich verschlüge es ohne deinen pädophilen Hintergrund auf eine Homepage, auf der sich Massenmörder über ihr Leben austauschen. Würdest du dir da sagen: "Ney, wat 'ne geile Chance! Jetzt kann ich endlich mal in Ruhe durch die geistigen Ergüsse von Massenmördern stöbern... die wollt ich doch schon immer mal besser verstehen!"? Zumindest ich für meinen Teil würde mich davor hüten. Stell du dir aber dies vor und du weißt, wie sich der gemeine Anti fühlt, den es auf diese Seite verschlägt. Er wähnt sich in einem Schlangennest, und ich denke nicht, dass man ihm dabei einen Vorwurf machen kann. Dass er sich überhaupt darauf einlässt, qualifiziert ihn in meinen Augen als einen Menschen von überdurchschnittlicher Offenheit. An dir ist es nun, diese Offenheit als Chance zu begreifen... immer vorausgesetzt, dass dir an einer Änderung deiner Situation gelegen ist. Natürlich ist das eine mühsame Arbeit. Natürlich musst du dabei mehr einstecken als dein Gegenüber und natürlich musst du mehr Geduld und Anstrengung aufbringen, wenn dein Unternehmen erfolgreich sein soll. Wichtig ist allerdings, dass du an dieser Stelle nicht vergisst, dass die ganze Angelegenheit auch für den Anti kein Zuckerschlecken darstellt. Denn in seinen Augen, in seiner Welt, bist du wirklich das Monster, als das er dich sieht. Deswegen ist es, zumindest sehe ich es so, nicht nur nutzlos sondern contraproduktiv, wenn du deinem Gesprächspartner in retour an den Kopf wirfst, dass er permanent die Unwahrheit sage... im Gegenteil! In seiner Welt ist das, was er sagt, jede Beleidigung und jedes Missverstehen, vollkommen wahr; denn es hat eine feste Grundlage in seinem und Bedeutung für sein Leben.
Du wirst dich jetzt fragen, ob es nicht andersherum genau so sei... grundsätzlich ist dem nicht zu widersprechen; allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Der Anti ist in deiner Sich, in deiner Welt kein Monster; ein Feind vielleicht, vielleicht ein Gegenspieler oder auch eine Gefahr, denn er will dir nur Schlechtes, aber kein Monster. Dieser Unterschied, dass du weißt, dass du mit einem Menschen redest, gibt dir die Möglichkeit, dich ihm zu öffnen und ihm so die Chance zu geben, das Menschliche in dir zu entdecken.
Ich will an dieser Stelle auf ein späteres Posting vorgreifen, denn wir befinden uns just gerade an der Stelle, die aufzeigt, weswegen der Vergleich von Juden und Pädos auf einem Bein hinkt: Zwar mag ein Anti durchaus ähnlich über einen Pädo denken, wie es ein Nazi über einen Juden getan hat; allerdings ist gerade dies in der anderen Richtung, so meine ich, nicht der Fall. Für den Juden sind die Nazis durchaus Monster gewesen.
Um ein realistisches Bild zu zeichnen, will ich nicht verleugnen, dass es auch unter den Antis so manchen Nazi zu geben scheint. Bei dem hilft dann natürlich alles Reden nichts. Ich meine aber schon, dass man diese Exemplare mit einer durchschnittlichen Einfühlungsgabe recht leicht aufspüren kann. Kore und unsere Threaderstellering scheinen mir jedenfalls nicht zu dieser Gattung zu gehören.
So, für den Augenblick will ich es dabei belassen. Zwar gibt dieses Gespräch noch unendlich viel mehr Stoff her, aber wem will ich denn zumuten, das Buch zu lesen, das ich hier schreiben könnte? Ich hoffe, dass es den einen oder die andere geben mag, die meinen paar Absätzen hier etwas abgewinnen können, und ich freu mich auf den weiteren Verlauf der Diskussion.
Liebe Grüße,
Motörshumway