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Re: Opportunismus
Verfasst: 17.07.2012, 20:13
von Lavinia Halbritter
Wer will und es verkraftet kann folgenden Artikel lesen. Der Autor erinnert daran, dass die männliche Beschneidung nicht die einzige Möglichkeit ist den Körper von Kindern zu verstümmeln.
http://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2 ... dition.php
Re: Opportunismus
Verfasst: 17.07.2012, 23:30
von Madicken
Danke für den Link-Verweis, Janus.
(Das mit dem "Brustbügeln" kannte ich auch noch nicht.)
Was hier im verlinkten Artikel auch noch mal zum Ausdruck gebracht wird, hatte ich bereits mehrfach angedeutet :
"Die Beschneidung des Penis' setzt durch die Entfernung der schützenden Vorhaut die Eichel einer ständigen Reibung aus, was letztlich die Sensitivität herabsetzt und zu einer Reihe von Problemen führen kann. Der zentrale Punkt ist aber, daß die Vorhaut einen Arm des Dorsalnervs und zwischen 10.000 und 20.000 spezielle erogene Nervenendigungen enthält und für viele Männer notwendig für befriedigendes, sexuelles Erleben ist."
Hinzuzufügen wäre (ein weiteres Mal) die fast vollständige Verunmöglichung der Selbstbefriedigung für beschnittene Jungen im Kindesalter.
Ich bin wirklich gespannt, wann diese Argumente auch bei den Politikern und Religionshütern ankommen und dazu Stellung bezogen wird.
Bis jetzt scheinen dies ja unbekannte (!?) oder als "Kollateralschäden" hinzunehmende (!?)
(Un?-)Fakten und/oder ein Tabu zu sein. Was heißt scheinen ? Sie sind es !
Noch.
Re: Opportunismus
Verfasst: 18.07.2012, 04:59
von Fetzer
Das ist doch eine Sache die zweigt wie barbarich hoch beschwörende Sozialkulter sein kann, Leider aber auch einige gute Werte hat.
Bei der Missbrauchshysterie, die teilweise manch Kinderliebenden das Fell über die Ohren gezogen hat, ist die Gesellschaft letztendlich mit etwas Vernunft an die Sache gegangen, was jedoch überflüssig war. Sie haben kinder mit eingezogen in form von Kampanen Aufklärungen und Aktionen.
Wäre das nicht hier besser aufgehoben.
Wo sind die Schützer der Kleinen den jetzt?
Re: Opportunismus
Verfasst: 18.07.2012, 19:40
von Perma
Madicken hat geschrieben:Ich bin wirklich gespannt, wann diese Argumente auch bei den Politikern und Religionshütern ankommen und dazu Stellung bezogen wird.
Ich wäre dafür, Politiker zuerst zu beschneiden, weil ich glaube, Politiker sollten die Gesetze erst einmal selbst an sich ausprobieren, damit sie ihre eigenen Gesetze besser beurteilen können. Reicht mein Glaube eigentlich dafür aus, daß die Politiker jetzt ein entsprechendes Gesetz erlassen?
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 02:25
von kafka
Mich freut die Resolution des Bundestages. Begründen möchte ich dies aber lieber in dem ursprünglichen Beschneidungsthread.
Wie läßt sich das eigentlich mit dem Grundgesetz vereinbaren?
Die Rechtsgüter, die das Grundgesetz gewährt, können in bestimmten Fällen durchaus zueinander in Konkurrenz stehen; im vorliegenden Fall geschieht dies beispielsweise zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und der Erziehungsfreiheit.
Besteht eine solche Konkurrenz, muss zwischen den Rechtsgütern abgewogen werden, es ist nämlich nicht möglich beide Rechtsgüter uneingeschränkt zu gewähren.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 03:31
von Madicken
kafka hat geschrieben:Mich freut die Resolution des Bundestages.
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kafka hat geschrieben:Begründen möchte ich dies aber lieber in dem ursprünglichen Beschneidungsthread.
Da bin ich gespannt.
kafka hat geschrieben:Besteht eine solche Konkurrenz, muss zwischen den Rechtsgütern abgewogen werden
Wurde denn in der Debatte zur Resolution "abgewogen" ?
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 11:58
von Perma
kafka hat geschrieben:Besteht eine solche Konkurrenz, muss zwischen den Rechtsgütern abgewogen werden, es ist nämlich nicht möglich beide Rechtsgüter uneingeschränkt zu gewähren.
Dann wäg' doch mal ab, wobei ich das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit für wichtiger halte, als Eltern zu ermöglichen nach Lust und Laune ohne Sinn an ihrem Kind herumschnippeln zu lassen.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 13:14
von kafka
Perma hat geschrieben:Dann wäg' doch mal ab, wobei ich das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit für wichtiger halte, als Eltern zu ermöglichen nach Lust und Laune ohne Sinn an ihrem Kind herumschnippeln zu lassen.
Das ist unsere Meinung, aber sicher sein können wir uns nicht.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 13:27
von Tamaras-Boyfriend
Ich werf dann mal noch ein anderes Grundrecht in die runde, eines, das der EGMR offenbar für äußerst wichtig hält: Religionsfreiheit!
Die Beschneidung gehört nun einmal zur Religion der Juden und wenn man ihnen das Recht absprechen würde an ihren Söhnen eben jenes Ritual durchzuführen, dann spräche man ihnen damit auch das Recht auf freie Ausübung ihrer traditionellen Religion ab.
In der jüngeren Vergangenheit hat der EGMR in Fragen der Religionsfreiheit fast immer zugunsten der freien Religionsausübung entschieden (einige Ausnahmen dieser Regel bildeten einige besonders haarsträubenden angeblich religiöse Rituale, die auch der EGMR mit Blick auf die unantastbarkeit der Menschenwürde verbot, bzw. das von den jeweiligen Staaten auferlegte Verbot bestätigte)
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 13:31
von Ovid
Wie kann man Religionsfreiheit über das Recht auf körperliche Unversehrtheit stellen?
Es würde doch nicht die komplette Religionsfreiheit zerstören, wenn man keine Jungen mehr beschneidenn könnte...
Dagegen könnte man die körperliche Unversehrtheit komplett retten, wenn man die Religionsfreiheit nur etwas
beschneidet um es mal auf den Punkt zu bringen.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 13:34
von kafka
@Ovid
Die Religionsfreiheit schützt eben auch die Ansicht, dass die körperliche Unversehrtheit für Jungen nur gegeben ist, wenn man beschnitten ist.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 13:46
von Ovid
Es geht um einen verfassungsmäßigen Standard. Ansonsten hätte Religionsfreiheit ja die völlige Freiheit alle anderen Grundrechte zu überbieten, indem sie einfach uminterpretiert werden.
Das kann es ja wohl nicht sein oder?
Dann wären solche Absursitäten möglich, dass die Religionsfreiheit einer Religion darin besteht, andere Religionen nicht zuzulassen.
"Ich werde in meiner Religionsfreiheit beschränkt, weil mein Nachbar eine andere Religion hat als ich. Das lässt meine Relgion nicht zu."
Das ist wie neue Karten erfinden bei UNO. 5 bedeutet du verlierst!
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 14:23
von kafka
@Ovid
Ich verstehe, was du meinst, aber ich denke, dass du die Rolle des Grundrechts falsch einschätzt.
Man kann davon ausgehen, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes beim Entwickeln des Artikel 4 die bestehenden großen Religionen im Kopf hatten und das Grundrecht auf diese Religionen ausgerichtet hat. Auch war der Artikel eindeutig eine Reaktion auf die Verfolgung des Judentums im Dritten Reich. Und dementsprechend wird dieser Artikel auch ausgelegt.
Man kann die GG-Artikel nicht als absolut und allgemeingültig ansehen, sie sind stark an den gesellschaftlichen Konstellationen der Nachkriegszeit orientiert. Sie schweben nicht in irgendeinem Vakuum herum, sie sind nicht losgelöst von der gesellschaftlichen Realität.
So hat es auch kein Gewicht, wenn du nun irgendwelche Extremfälle konstruierst. Jura ist kein Mathe, es ist eher Politik.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 14:36
von Ovid
Dann ist das Argument also: Historisches Gepäck und die Etablierung selbst. Weil also Beschneidung sowieso schon seit Ewigkeiten stattgefunden hat, wiegt die Religionsfreiheit in diesem Fall höher? Hat mehr Gewicht, als neue moderne und heutige rationale Grundsätze über Persönlichkeitsrechte?
Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Die heutigen modernen Beschlüsse, Ideen und Grundsätze müssten doch alte Konzepte ablösen können, wenn sie eben so etwas wie die körperliche Unversehrtheit tangieren.
Außerdem:
Es gibt unzählige Dinge aus dem Juden- und Christentum, die absolut intolerabel wären, wenn man sie heute ausüben würde. Das würde alles nicht mehr unter Religionsfreiheit fallen, allen voran Sklaverei und körperliche Bestrafung bei Kindern.
Die großen Religionen genießen demnach also auch keine Narrenfreiheit.
Deswegen wundere ich mich, dass man die Körperverletzung von Jungen einfach mal so übersieht, als wäre dies einer der moderaten Praktiken.
Wenn Christen aber ihre Kinder mit einem Stock schlagen, dann wird keiner von Religionsfreiheit reden und es würden auch keine Politiker einen Gesetzesbeschluss anstreben um eine religiöse Ausnahme zu machen.
Re: Opportunismus
Verfasst: 20.07.2012, 15:22
von kafka
Weil also Beschneidung sowieso schon seit Ewigkeiten stattgefunden hat, wiegt die Religionsfreiheit in diesem Fall höher? Hat mehr Gewicht, als neue moderne und heutige rationale Grundsätze über Persönlichkeitsrechte?
Du tust immer so, als seien Historie und Tradition ohne Gewicht, doch das sind sie nicht. Diese Dinge haben Gewicht für die Menschen, dessen Rechte durch ein Verbot eingeschränkt würden. Daraus schöpfen diese Argumente ihre Berechtigung.
Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Die heutigen modernen Beschlüsse, Ideen und Grundsätze müssten doch alte Konzepte ablösen können, wenn sie eben so etwas wie die körperliche Unversehrtheit tangieren.
Heutige, moderne Beschlüsse tangieren die körperliche Unversehrtheit auch. Weshalb sind sie mehr wert?
Es gibt unzählige Dinge aus dem Juden- und Christentum, die absolut intolerabel wären, wenn man sie heute ausüben würde. Das würde alles nicht mehr unter Religionsfreiheit fallen, allen voran Sklaverei und körperliche Bestrafung bei Kindern.
Diese Dinge haben für Muslime und Juden aber keine Bedeutung mehr.
Wenn Christen aber ihre Kinder mit einem Stock schlagen, dann wird keiner von Religionsfreiheit reden und es würden auch keine Politiker einen Gesetzesbeschluss anstreben um eine religiöse Ausnahme zu machen.
Würden Christen dies in ritueller Form schon seit Jahrtausenden immer an Ostern tun, dann würden Menschen sicher von Religionsfreiheit reden.