wahnsinnige Übermutter hat geschrieben:Ein Kind wird niemals aus sexueller Motivation heraus etwas tun. Es küsst oder umarmt jemanden weil er ihn nett findet oder so, aber doch nicht mit sexuellem Beweggrund.
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Und wenn ich hier was von prickelnden Berühungen lese und Handlungen, die vom Kind bestimmt werden, da wird mir schon anders...
Ich finde es gut, dass Du nachfragst, und ich möchte Dir auch gerne erklären, wie ich darüber denke, eben auch, um Dir die Angst zu nehmen. Ich vermute, es liegt auch ein wenig an der Begrifflichkeit an sich. Natürlich wird ein Kind niemals eine sexuelle Motivation haben, so wie sie einem Erwachsenen zu Eigen ist, aus dem einfachen Grund, weil es dieses Konzept nicht kennt und mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht nachvollziehen kann.
Es kann aber sehr wohl darüber entscheiden, ob ihm eine bestimmte körperliche Interaktion angenehm ist oder nicht. Von Geburt an lernen Kinder, ihren Körper zu entdecken, und dazu gehört auch das Berühren der Geschlechtsteile. Wir lernen von klein auf, dass diese Teile "privat" sind und von anderen nicht berührt werden dürfen. Allerdings ist das ausschließlich eine soziale Konvention:
Selbst wenn ein Kind dich umarmt oder was weiß ich, dann nur, weil es weder deine Beweggründe kennt, noch die Situation überblicken kann. Und selbst wenn es in dem Moment keinerlei Schaden nimmt, was ist 5 Jahre später?
Wenn das Kind dann eine jugendliche ist, die dann durchaus weiß was Pädophilie ist und dann mal reflektiert was da 5 Jahre vorher eigentlich passiert ist. Dann geht ihr vielleicht ein Licht auf und dann kann sie davon sehrwohl noch einen Schaden tragen.
Genau das ist eben das Problem der Gesellschaft. Vor fünf Jahren hat das Kind die zärtlichen Berührungen als angenehm empfunden, weil sie genauso liebevoll wie auch sonst alles beim gemeinsamen Kuscheln waren. Nehmen wir an, es würde sich im Jugendalter noch genau an die Art der Streicheleinheiten erinnern, würde es aufgrund des neu erworbenen Wissens plötzlich erkennen, dass es damals "missbraucht" wurde. Genau hier liegt der Knackpunkt: Wie kann etwas, was es damals als schön empfunden hat (immer vorausgesetzt, es geschah im Einvernehmen) nun auf einmal schlimm sein?
Schämst Du Dich auch für die anderen Dinge, die Du als Kind angestellt hast und von denen Du heute weißt, dass sie nicht gut waren? Mag sein, dass sich durch eine andere Betrachtungsweise ergibt, dass Dinge plötzlich in einem anderen Licht gesehen werden, aber das ändert doch nichts daran, wie man sie ursprünglich gesehen hat, oder? Eigentlich sagst Du das ja selbst mit dem folgenden Satz:
Wer Kinder liebt, der sollte sie schützen und dazu gehört auch soviel Weitsicht zu haben, dass man nichts zulässt was das Kind irgendwann bereuen könnte. Denn es ist ein Kind, es kann bestimmte Sachen einfach nicht verstehen oder überblicken.
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Genau, als Kind sieht man die Welt mit anderen Augen, und es ist unsere Aufgabe als Erwachsene, Kinder vor Schaden zu bewahren. Man kann nun darüber diskutieren, was nun "besser" ist, seien es die Ansichten der Gesellschaft über das Thema, oder die privaten Ansichten. Vermutlich würde man auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, eben weil man die Präferenzen des anderen nur akzeptieren, niemals aber vollständig verstehen kann.
Wunschdenken hin oder her, mir geht es darum, was der Mensch (das Mädchen, Du oder ich) persönlich fühlt, und nicht das, was die Gesellschaft als "richtig" erachtet. Also das, was man gemeinhin als "gesunden Menschenverstand" bezeichnet, nämlich nur das zu tun, von dem man auch erwartet, dass andere einem gegenüber so handeln. Schon allein die Tatsache, dass wir hier gemeinsam diskutieren, ist ein schönes und hoffentlich für beide Seiten befriedigendes Gefühl.
Dass wir hier keine Monster sind, die über Kinder einfach so herfallen, hast Du schon festgestellt, und sicher bist Du darüber erleichtert. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl zurück, was für sich betrachtet gar nicht so verkehrt ist, denn es erhöht die Wachsamkeit. Der Mensch hätte bestimmt nicht all die Jahrtausende überlebt, wenn er nicht stets wachsam und kritisch an eine Sache herangegangen wäre. Schlecht wird die Sache allerdings, wenn das ungute Gefühl in Angst umschlägt und Emotionen das rationale Denken ausschalten, Panik oder sogar Hass ausbrechen. Damit ist keinem geholfen, und das hast Du den "bla-forumsmüttern" zum Glück voraus.
Aber zurück zum Thema: Kinder können die Konsequenzen ihres Handelns nicht immer überblicken (noch nicht mal Erwachsene können das in jedem Fall), aber sie können sehr wohl darüber befinden, ob sie sich in einem bestimmten Augenblick wohlfühlen oder nicht. Und auch wenn es vielleicht nicht auf alle Kinder zutrifft, ist man oft erstaunt, wie gewitzt und durchdacht manche Kinder an ein Problem herangehen, eben auf eine unkomplizierte und von gesellschaftlichen Komplikationen unbelastete Betrachtungsweise.
Fakt ist nunmal, dass vieles anerzogen ist, und es ist auch kein Geheimnis, dass sich Sozialkonventionen im Laufe der Zeit ändern. Gerade erst beginnt man zu akzeptieren, dass z. B. Homosexualität keine Krankheit ist, nachdem diese Sexualpräferenz Jahrhunderte lang unterdrückt und verfolgt wurde, in der Regel aus den gleichen unbestimmten Ängsten aufgrund der Andersartigkeit heraus, wie das auch bei Pädophilen der Fall ist.
Verstehst Du, worauf ich hinaus will? Es geht mir nicht darum, jemandem meine Meinung aufzudrücken, denn ich respektiere die Meinung eines anderen, und wenn ich sie vielleicht auch nicht akzeptieren mag, toleriere ich sie zumindest. Aber ich habe keine Angst davor, solange mir derjenige darlegen kann, warum er so denkt und handelt.
Ich stimme Dir zu, dass die Erkenntnis, als Kind durch "unsittliche" Berührungen durch einen Erwachsenen möglicherweise "missbraucht" worden zu sein, für eine Jugendliche oder junge Erwachsene womöglich eine negative Erfahrung ist, daher lebe ich solche Fantasien nicht aus, auch wenn ich es gerne tun würde. Die "Tat" an sich halte ich jedoch nicht verwerflich, eben aus der Überlegung heraus, dass eine zärtliche Berührung, egal an welcher Stelle des Körpers, eine schöne Erfahrung ist.
Ok, das war jetzt etwas lang, aber ich hoffe, es ist ein bisschen klar geworden, wie ich zu der Sache stehe, und warum man über die reine Begrifflichkeit heraus immer genau erläutern muss, was eigentlich gemeint ist. Danke fürs Lesen, und hoffentlich auch fürs Verstehen und Nachvollziehen.
