Hallo ihr Lieben,
es wird immer verrückter. Jetzt stehe ich schon früh morgens auf und beschäftige mich mit Kindererziehung. Dabei habe ich doch selten bis gar keinen Kontakt zu Kindern.
Doch irgendwie ist es mir wichtig, das zu wissen. Es ist mir persönlich wichtig, mir diese Frage zu beantworten. Wie würde ich mich dem Kind gegenüber richtig verhalten? Was also wäre richtig? Was wäre falsch?
Ich stellte mir wieder das küssende Mädchen vor. So ein Erlebnis wäre sicherlich für jeden GL, einschließlich mir, sehr schön. Um mich nicht vollkommen von meiner Mädchenliebe verblenden zu lassen, habe ich mir überlegt: Wie würde ich denken, wenn mich ein Junge auf den Mund küsst? Es käme mir irgendwie komisch bzw. nicht richtig vor.
Da es hier um Gefühle geht, habe ich mir daraufhin zunächst überlegt, wie unsere Gesellschaft überhaupt zu Gefühlen steht. Was Liebe, Zuneigung und das Ausdrücken von Gefühlen im Allgemeinen betrifft, haben Kinder eine viel unbefangenere und natürlichere Einstellung, als wir Erwachsenen dazu. Sie leben ihre Gefühle einfach, ohne großartig darüber nachzudenken. Wenn es nicht gerade um die Liebe in einer Paarbeziehung geht, habe ich bei Erwachsenen immer so den Eindruck gehabt, dass es für viele wohl etwas Unangenehmes, etwas Peinliches ist, Gefühle in unserer Gesellschaft auszudrücken. Die einzigen Gefühle, die auszudrücken wohl für Erwachsene generell in Ordnung sind, sind die extrem Negativen: Unmut, Zorn, Hass
Drücken wir als Erwachsene einmal andere Gefühle aus, werden wir entweder von anderen verlacht, oder man unterstellt uns, dass wir in irgendeiner Weise nicht richtig im Kopf sind. Dies zumindest ist genau das, was ich in meinem eigenen Umfeld (egal wo ich mich gerade befand), häufig beobachten konnte. Das geht doch schon damit los, wenn ein Erwachsener mal Traurigkeit ausdrückt und weint. Ich habe schon Menschen über so einen Fall sprechen hören. Man machte sich lustig.
Auch wir Erwachsenen waren einmal Kinder und konnten Gefühle ausdrücken. Also haben wir es verlernt. Vielmehr wurde es uns anerzogen, dass einige Gefühle etwas Peinliches oder gar Schlechtes sind. Daher unterdrücken wir unsere Gefühle oft. Wäre es aber nicht richtiger und natürlicher, sie zuzulassen? Was ist zum Beispiel mit der angesprochenen Traurigkeit, also dem Weinen? Kommt man gut mit den Menschen in seinem Umfeld aus, hat man diese doch auch irgendwie auf freunschaftlicher Basis gern. Warum sollten sich Erwachsene im eigenen Umfeld nicht genauso trösten, wie wir (alle/die meisten Erwachsenen) ganz intuitiv auch Kinder trösten wollen? Diese Gedanken machen mir klar, wie krank die Einstellung zu Gefühlen in unserer Gesellschaft eigentlich ist. Wir können viel von Kindern lernen.
Das ist aber gar nicht so einfach. Für mich persönlich glaube ich sogar, es wäre mir ganz unmöglich, plötzlich, von heute auf morgen, Gefühle in unserer Gesellschaft natürlich auszudrücken. Aber warum drängen Erwachsene Kindern auf, sich ebenso zu verhalten? Warum bringen wir Kindern unseren falschen Umgang mit Gefühlen bei, wo sie doch intuitiv schon alles von ganz alleine richtig machen? Täten wir dies nicht, würde sich unsere Gesellschaft wohl in eine bessere Richtung entwickeln.
Kinder drücken Gefühle also auf natürliche Weise unbefangen aus. Nun ist die Frage, wie sie sie ausdrücken und warum sie sie auf die Weise ausdrücken, wie sie es tun. Warum zum Beispiel küsst ein kleines Mädchen ihren Erzieher auf den Mund? Wenn ich jetzt mal vom Extremfall des "Verliebtseins" absehe, welche anderen Gründe könnte es haben, warum ein Kind so etwas tut. Der Beitrag von pale hat mir bei diesen Überlegungen weitergeholfen.
pale hat geschrieben:Das Mädchen hat dem Erzieher mit einem Kuss ihre Liebe mitgeteilt. Liebe muss nicht immer auf etwas sexuelles bezogen sein, das gibt es durchaus auch in einer Freundschaft.
pale hat geschrieben:Zum Glück fand das aus meiner Familie niemand schlimm, wenn ich meinen Cousin küsste. Ich wollte ihm damit nur zeigen, dass ich es schön finde, wie er sich um mich sorgt und dass er mir wichtig ist (Er war zu dem Zeitpunkt ca 28 Jahre alt). Wahrscheinlich fehlten mir dazu einfach noch die Worte, es ihm zu sagen, und das war die einzige Möglichkeit die mir bekannt war.
Auf die Situation mit dem Mädchen und dem Erzieher bezogen: Um einen Schritt voran zu kommen, blende ich bewusst erst einmal die anderen Kinder aus, die eifersüchtig werden könnten. Wenn wir nun mal nicht gleich vom Extremfall des "Verliebstseins" ausgehen, könnte das Mädchen ganz ähnliche Gefühle wie pale empfunden haben. Es könnte auch Liebe in der Art empfunden haben, die Kinder ihren Eltern entgegenbringen. Diese Liebe abzuweisen oder dem Kind zu sagen, es dürfe sie nicht zeigen, wäre auf jeden Fall falsch. Jetzt kommt es aber auf die Art und Weise an, wie ein Kind solche Gefühle zeigt.
Aus dem Thread, wo sich die Eltern über den "Kuss auf den Mund" unterhalten haben, ging deutlich hervor, dass es von vielen nicht gewünscht ist. Wollte das Mädchen aber eine Liebe ausdrücken, wie sie sie auch für ihre Eltern empfindet, stelle ich mir die Frage, warum sie den Erzieher auf den Mund küsst. Überlege ich weiter, komme ich zu einem interessanten Schluss. Es scheint in manchen Familien üblich zu sein, dass Kinder auf den Mund geküsst werden. Das ist meiner Ansicht nach aber falsch, weil der "Kuss auf den Mund" ja schon etwas anderes bedeutet und Kinder diesen Unterschied möglichst früh lernen sollten.
Wenn das Kind so etwas tut, sollte man es wohl auf die Wange küssen und ihm sagen, dass der Kuss auf dem Mund eine andere Art von Liebe ausdrückt und es lieber auf die Wange küssen sollte. Das Kind bekommt aber mit, wie Mama und Papa sich so küssen. Wenn das Kind dann traurig guckt und meint, man hat es nicht lieb, kann man ihm auch durch eine Umarmung und ein bisschen Schmusen, sowie Küsse auf Wangen und Nase zeigen, dass das überhaupt nicht stimmt. Man kann ihm liebevoll erklären, dass der "Kuss auf den Mund" eine ganz andere Art von Liebe ausdrückt, die das Kind aber schon bald - wenn es etwas größer geworden ist - verstehen wird. Diese Art der Erziehung können aber am besten die Eltern des Kindes selber leisten. Natürlich könnte theoretisch auch ein Erzieher so handeln. Wird das Kind in der Familie aber auf den Mund geküsst, wie könnte es da dann einen Unterschied zum Erzieher machen, wenn die entgegengebrachten Gefühle doch dieselben sind? Daher denke ich, küssen auf den Mund eines Kindes ist auch in der Familie falsch. Damit es unbeschwert Gefühle leben kann, ist die Familie in der Pflicht, dort wichtige Vorarbeit zu leisten.
Ganz schwierig wird es, wenn es tatsächlich mal um das "Verliebtsein" eines Kindes gehen sollte, das Kind diese Art der Liebe also verstanden hat und die Liebe tatsächlich in dieser Form ausdrücken möchte. Egal , ob Junge oder Mädchen - der Gedanke wäre furchtbar. Bei einem Jungen würde ich es selbst nicht wollen, würde ihn natürlich aber auch nicht vor den Kopf stoßen und einfach traurig machen wollen. Bei einem Mädchen würde ich es aufgrund der Einstellung der Menschen in der Gesellschaft ablehnen. Eine Liebesbeziehung auf dieser Basis dürfte es nicht werden, obwohl wohl alle GL von so etwas träumen. Innige Freundschaft ja, aber eine Liebesbeziehung könnte sich irgendwann auch in Sexualität ausdrücken (die nicht schmerzhaften Varianten), wenn die Liebesbeziehung denn innig genug ist. Das ist von der Gesellschaft nicht akzeptiert und ich selbst habe diese Einstellung akzeptiert. Um uns beide zu schützen würde ich eine Liebesbeziehung strikt ablehnen. Egal, ob Junge oder Mädchen, ich würde ihnen Zuneigung nur in Form der obengenannten elterlichen und kindgerechten Gesten entgegenbringen. Damit würde ich ihnen, wenn sie verliebt sind, wohl auf jeden Fall emotional weh tun. Es gibt Situationen, in denen alles nur falsch sein kann, was man tut. Zum Glück wird es wohl nicht allzu häufig vorkommen, dass sich Kinder in Erwachsene verlieben.
Liebe Grüße
Euer Hase