Ich stöbere gerade weiter auf der SuH-Seite und bin nun über Karremann gestolpert. Hab ja schon vor längerem von ihm gehört und von seinen zweifelhaften Ergebnissen. Wenn ich nun aber hier (
https://archiv.suh-ev.de/archiv/medienkritik/karremann/index.html) folgendes lese, dann lässt mich das echt sprachlos zurück:
Über viele Jahre lang recherchierte er undercover in der deutchen Pädophilen-Szene. Im Jahr 2003 berichtete er für den „Stern“ in einer dreiteiligen Reportage über seine Eindrücke und Erlebnisse. Karremann lieferte authentische Einblicke aus einer in sich abgeschotteten Szene, die der Öffentlichkeit normalerweise verborgen bleibt. Seine damaligen Enthüllungen zogen polizeiliche Ermittlungen nach sich und hatten u. a. zur Folge, dass zwei bekennende Pädophile zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden – ein schwerer Schlag für diese in sich tief verschworene Szene.
Karremann weiß es dank seiner jahrelangen Undercover-Ermittlungen besser: Die meisten Pädophilen suchen eine langfristige Bindung zum Kind, schleichen sich auf subtile Weise in dessen Vertrauen ein. Dabei erkennen sie schnell, bei welchen Kindern sie leichtes Spiel haben; nämlich bei den Außenseitern aus schwierigen Verhältnissen, mit denen niemand spielen will, um die sich niemand kümmert, denen keiner zuhört.
Es ist praktisch immer das gleiche Spiel: Der Pädophile nutzt das existenzielle Bedürfnis des Kindes nach Aufmerksamkeit und Zuwendung gezielt aus, um sich ein Abhängigkeitsverhältnis zu erschleichen, aus dem heraus es nicht schwer ist, das Kind zu sexuellen Handlungen zu bewegen. Pädophile haben bei Kindern oft nur deshalb eine Chance, weil diese in ihrem Lebensumfeld nicht die Liebe und Zuwendung bekommen, die sie so dringend bräuchten.
Welchen Aussagen stimmt Marco, der Autor dieser Rezension hier denn eigentlich zu? Wir und auch er selbst erschleicht sich also das Vertrauen des Kindes? Er wählt gezielt eines aus schwierigen Verhältnissen aus um es abhängig zu machen? Für sexuelle Spiele? Also bitte. Mag sein, dass es das alles gibt.
Wenn ein Herr Karremann aber mehrere Jahre (!) undercover in einer deutschlandweit vernetzten Szene ermittelt und als Ergebnis einen Film, ein Buch und zwei Festnahmen vorweist, dann stelle ich mir die Frage, wie belastbar seine alarmistischen Ergebnisse eigentlich sind. Zwei Festnahmen. Man erwartet anderes von Pädophilen Menschen, die sich gezielt das Vertrauen erschleichen.
Mich bestürzen weniger Karremanns tolle Erkenntnisse, sondern mehr die Zustimmung von diesem Marco. Er hätte auch einer sein können von denen, die Karremann hier verunglimpft hat. Er sollte es besser wissen, warum er den Kontakt zu welchen Kindern auch immer sucht.
Die Stärke von Karremanns Buch liegt in seinem Wert als Ratgeber. Seine authentischen Eindrücke aus der Pädophilen-Szene verbindet Karremann mit handfesten Tipps, wie Eltern ihre Kinder schützen oder das Risiko zumindest minimieren können. Die Leser erfährt nicht nur, welche Gefahren in Schwimmbädern lauern, sondern auch, nach welchen Kriterien man einen Nachhilfelehrer oder einen Babysitter aussuchen sollte. Mit anschaulichen Beispielen beschreibt Karremann, wie es in einer „Pädo-Wohngemeinschaft“ zugeht und mit welch ausgeklügelten Tricks sich Pädophile an Kinder heranmachen, noch bevor diese überhaupt merken, was mit ihnen geschieht.
Lieber Marco, du wirst das hier sicherlich nicht lesen. Mal ganz ehrlich: Haben sich dir nicht deine Zehennägel nach oben gerollt, als du diese Zeilen hier niederschriebst? Bist du nicht selbst einer, der quasi Nachhilfe im Fußball gibt? Welche perfiden Tricks wendest du an um dich an Kinder heranzumachen mit dem Ziel des sexuellen Missbrauchs? Bitte! Gerade von dir hätte ich hier eine kritische Betrachtung gewünscht.
Die Episoden, die Karremann schildert, sind beklemmend und lehrreich zugleich. Da gibt es z. B. Kurt, einen einschlägig vorbestraften Erzieher, der kleine Mädchen in seine Wohnung lockt, um mit ihnen Kinderpornos zu drehen. Ganz spielerisch bringt er sie dazu, sich nackt auszuziehen. Sehr ausführlich wird auch die Geschichte von Konrad erzählt; einem Pädophilen aus Berlin, der schon seit vielen Jahren mit „seinem“ Julius zusammen ist. Mit Billigung der Mutter, die über alles Bescheid weiß, nur nicht über den Sex. Es macht einen regelrecht wütend, wenn Karremann bis ins Detail beschreibt, mit welch perfiden Methoden pädophile Täter nicht nur Kinder missbrauchen, sondern sich auch das Vertrauen der Eltern erschleichen, um es dann schamlos auszunutzen. „Nicht mit der Mutter, aber auch nicht ohne die Mutter“, dieser Satz gilt in der Szene als Grundregel. Doch nicht nur das: In diesen Kreisen man auch, wie man Kinder zum schweigen bringt, indem man ihnen Schuldgefühle einredet oder ihnen unterschwellig mit Liebesentzug droht. Die Methoden sind perfide und geradezu menschenverachtend. Nach außen hin wird das natürlich ganz anderes dargestellt. Dort ist dann von „einvernehmlicher Liebe“ die Rede, die vom Kind gewollt sei und deshalb nicht schädlich sein könne. Kaum ein Anderer entlarvt diese Lügen so eindrucksvoll wie Karremann.
Welche Methoden nutzt du, um den Kindern mit Liebesentzug zu drohen und ihnen Schuldgefühle einzureden? Entschuldige, aber ich kann diese ganze SuH-Seite nicht ernst nehmen, denn dort steht irgendwas von Liebe und so. Karremann weiß es aber besser. Und indem du Karremann zustimmst, verleugnest du dich und deinen Aktivismus komplett selber. Merkst du aber nicht. Warum nicht? Das kann ich dir sicherlich sagen. Du siehst dich als jemanden anderen, der eben nicht zur "Pädophilenszene" dazu gehört. Du bist jemand Besseres. Die anderen, das sind die Bösen. Die anderen, die jahrelang beobachtet wurden, aus denen dann zwei Festnahmen resultierten. Wahrscheinlich war das der pädophile Erzieher, der das kleine Mädchen in seine Wohnung lockte und der Typ mit seinem Julius. Zum Beispiel, hast du geschrieben. Zwei Beispielen von vielen. Warum dann nur zwei Festnahmen? Vielleicht stimmt das doch alles nicht so, wie es in dem wertvollen Ratgeber von Herrn K. steht?
Noch zwei kurze Gedanken: Warum wählt man den Titel eines vorgeblichen Enthüllungsbuches ähnlich dem Titel eines Filmes, in dem es um einen Triebtäter geht? Ich habe dieses tolle Buch jeweils in den städtischen Bibliotheken als auch in den Universitätsbibliotheken zweier großer Städte gesucht. Es gab genau einen Treffer in der Uni-Bibliothek. So lesenswert kann das Buch nun auch nicht sein.
Gerne möchte ich hier auch etwas von mir schreiben. Noch nie habe ich eine Freundschaft zu einem Kind schwieriger Verhältnisse gehabt. Noch nie habe ich ein Kind in meine Wohnung gelockt, um es dann irgendwie komisch anzufassen oder gar spielerisch auszuziehen. Die Mädchen die ich kennenlernte, habe ich quasi immer über die Eltern kennengelernt. Und ich habe die Eltern auch immer mit einbezogen, habe nie Geheimniskrämerei gemacht. Warum auch? Welche Drohungen hätte ich mir einfallen lassen sollen? Den kleinen Max, dem lieben Hamster einfach den Hals umdrehen, wenn meine Kleine meinen Gelüsten nicht folgt? Die Mutter vor dem Kind denunzieren, um sie zu entfremden? Also bitte...
Kaum ein Anderer entlarvt diese Lügen so eindrucksvoll wie Karremann.
Wenn man sich selbst belügen lässt, dann lassen sich solche verzerrten Verallgemeinerungen auch als Entlarvungen verkaufen. Sicher, all das mag es geben. Aber ich bin mir sicher, es spiegelt nicht die Allgemeinheit wider. Und damit liefert dieses Buch auch keinen Dienst am Kind und am Pädophilen. Das Ansinnen von SuH, den geächteten Pädophilen vom Rand der Gesellschaft in dessen Mitte zu führen, wird schon allein durch die Zustimmung von SuH ins Groteske gezogen.
Viele Pädophilen-Aktivisten geben sich nach außen hin als seriöse Saubermänner, gründen so genannte „Selbsthilfe-Gruppen“, in denen sie angeblich für die Rechte einer sexuellen Minderheit kämpfen. Doch in Wahrheit führen sie oft ein kriminelles Doppelleben. Es ist der unbestrittene Verdienst von Manfred Karremann, dass er diese verlogene Szene so gekonnt entlarvt hat.
Noch Fragen???
Ach, Mist, ich hätte weiterlesen sollen. Jetzt kommen wir zu den SCHATTENSEITEN des Karremann-Buches:
Dass es auch eine andere Seite gibt – nämlich pädophil empfindende Menschen, die mit aller Kraft gegen ihre verhängnisvolle Neigung ankämpfen – davon erfährt man bei Karremann nur am Rande. Er stellt die Problematik der Pädophilie nicht in ihrer Gesamtbreite dar, sondern konzentriert sich ausschließlich auf die radikale Szene. Damit bedient er ein ein uraltes Vorurteil: Der Pädophile als verschlagener, uneinsichtiger Krimineller, der nur darauf aus ist, Kinder auf rücksichtslose Weise für seine sexuelle Befriedigung zu benutzen.
Ach ja, jetzt schnappen wir uns also die Schüssel mit dem geweihten Wasser um uns selbst rein zu waschen. Marco, der gegen seine verhängnisvolle Neigung ankämpft. Der nicht Teil einer radikalen Szene ist. Nicht verschlagen, nicht uneinsichtig, nicht kriminell. Dafür aber mit einer "schicksalhaften Veranlagung" gesegnet.
Auch ich meine, Karremann hätte noch deutlicher darauf hinweisen können, dass sich sein Buch nicht gegen die Pädophilen im Allgemeinen richtet, sondern nur gegen diejenigen, die ihre Sexualität ausleben und dafür auch noch nach Rechtfertigungen suchen. Der verzweifelte, nach Hilfe suchende Pädophile, der unter seinen Fantasien leidet und nicht weiß, an wen er sich in seiner Not wenden soll ‒ er ist Karremann allenfalls eine beiläufige Randnotiz wert.
Mal ganz langsam. SuH versucht das Schwarz-Weiß-Denken der Gesellschaft zu hinterfragen und schreibt hier aber genau Schwarz-Weiß-Denken hin. Entweder ich leider unter meiner Neigung, oder ich will Sex mit Kindern und lebe es als einvernehmliche Liebe. Wo finde ich mich nun wieder? Wo findet mich der geneigte Leser dieses Buches wieder? Ich leide nicht, ich genieße sie, meine Neigung. Sicherlich gibt es genügend Momente, in denen ich es gerne einfacher gehabt hätte, in denen ich die Heteros echt beneide für ihr einfaches Leben, in dem sie nicht annähernd diesen Schmerz fühlen und nicht annähernd so reflektiert sein müssen wie ich es bin. Aber im Großen und Ganzen mag ich mich und meine Neigung. Es ist für mich keine Not. Und wenn ich von sexuellen Kontakten mit Kindern spreche, dann beziehe ich da auch Streicheln, Fußmassagen, Küsschen und ein tiefes in die Augen blicken mit ein. Das ist Sex. Und genau das wird mit Füßen getreten in diesem Buch und auch von SuH.
Wenig fundiert ist auch Karremanns eingangs genannter Wert von angeblich 60.000 Pädophilen in Deutschland. Eine Zahl, die er zum Schluss selbst wieder in Frage stellt, indem er Prof. Beier zu Wort kommen lässt, der von rund 200.000 Betroffenen spricht. Als Leser fragt man sich, was man denn nun glauben soll. Angesichts solcher Schnitzer scheint es fast, als hätte Karremann sein Buch unter großem Termindruck geschrieben, ohne sich die Zeit zu nehmen, alles noch einmal in Ruhe zu überarbeiten.
Wenn es mir als Enthüllungsjournalist nicht möglich ist, eine Aufgabe aus dem Matheunterricht Klasse 3 zu lösen, dann sollte in der Buchrezension eben genau diese Aussage ganz zentral am Anfang stehen. Das hätte mir von vorhin bis jetzt auch einige Zeit erspart.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass Karremann mit seinem Buch einen wichtigen Beitrag zum Kinderschutz leistet, indem er die Machenschaften einer kriminellen Szene öffentlich bloßstellt.
Bääm! Wie jetzt? Also doch wieder ein wichtiger Beitrag zum Kinderschutz? Wurde nicht vorhin noch eingeräumt, das Buch sei zu einseitig? So kann nur ein Pädophiler argumentieren, der mit sich nicht im Reinen ist und trotz vielfacher Therapien seinen Standpunkt nicht kennt.
Es ist Sonntagmorgen, noch vor sieben Uhr, ich liege im Bett und rege mich tatsächlich auf über ein paar geschriebene Worte, die nun schon seit spätestens 2011 regungslos im Internet rumstehen. Das ist nicht gesund. Zeit, die Augen wieder zu schließen und an Schöneres zu denken.
Mein Vampirmädchen oder doch lieber die kesse Arizu? 