- kafka
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Was ist denn bloß los mit euch? Es ist noch massig Zeit bis zum 6. und ich denke, dass ich nicht der einzige bin, der Dinge am liebsten auf den letzten Drücker besorgt. Ich selbst gedenke bis dahin, noch zwei Sachen abzugeben.
Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Das ist doch mal eine gute Nachricht. Also lehne ich mich zufrieden zurück und harre der Dinge, die da noch kommen mögen.kafka hat geschrieben: Ich selbst gedenke bis dahin, noch zwei Sachen abzugeben.

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
Mahadma Gandhi
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
ich habe noch nie eine geschichte geschrieben ... kann das wohl net so bzw hat mich da noch nie die muse geküsst.
- Horizonzero
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Naja, zusätzlich haben wir Nutzer mit einem gewissen Angsthintergrund wegen der neuerlichen GLF bezogenen HD bei einem Nutzer. Ist zwar schade, lässt sich aber nicht auf die Schnelle ablegen.
TeleGuard-ID: ZQV9DB8VV
Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
@ Hori, da werde ich dann mal nicht näher drauf eingehen. 

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
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- kafka
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Ich sitze zum Glück hinter sieben Proxys, so sorge ich mich nicht groß.
- Madicken
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Vielleicht nutze ich das als Musenkuß für (m)eine kreative Geschichte.kafka hat geschrieben:Ich sitze zum Glück hinter sieben Proxys
Mögliche Titel :
"Über sieben Proxys mußt Du gehen, sieben Sekunden überstehen....."
Oder :
"Herr kafka und die sieben Proxylein"


"Wer zeigt ein Kind, so wie es steht ? Wer stellt es ins Gestirn und giebt das Maß des Abstand ihm in die Hand ?
(R.M. Rilke)
“We are all born sexual creatures, thank God, but it's a pity so many people despise and crush this natural gift.”
(Marilyn Monroe)
- kafka
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Schier unendliche Möglichkeiten. 
Der verflixte 7. Proxy, Siebenproxystiefel, Sieben Proxys im Mai.

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- Sakura
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Nur eine Illusion?
(September 2000)
Es beginnt zu dämmern. Unschlüssig stehe ich vor meiner Haustür und warte. Worauf? Die Arbeit im Garten ist für heute beendet. Ich finde keinen Vorwand mehr, noch weiter draußen zu bleiben.
Wieder geht ein Tag ohne Kinder zu Ende. Wieder werde ich heute Nacht lange grübeln, ob vorgestern das letzte Mal war...
Da höre ich eine Autotür schlagen. Die helle Stimme eines Jungen reißt mich aus der Lethargie. Dann ruft mich das Mädchen. Ich bin Feuer und Flamme, rufe zurück und laufe, nein, renne auf die Straße.
Kreischend vor Freude rennen mir zwei Kinder entgegen, zerren an meiner Jeans, dass ich fast die Hose verliere. Beiden muss ich versprechen, noch draußen zu bleiben; habe ich je etwas lieber versprochen?
Erst bin ich noch etwas reserviert, so lange die Mutter noch nicht im Haus gegenüber ist. Dann überlasse ich mich dem Zauber der Kinder, berauscht von der Stimme des Mädchens und ihrer Anhänglichkeit. Wir toben herum, arbeiten noch etwas im Garten mit jener traumhaften Ineffizienz, mit der die Kinder aus jeder Arbeit ein Abenteuer machen.
Wir haben keine Lust mehr und setzen uns auf die Treppe. Der Junge beschäftigt sich mit den Trümmern eines Gartenhauses. Sie kommt mir wie selbstverständlich auf den Schoß, ich nehme sie in den Arm und sie schließt die Augen, liegt ganz entspannt da.
Ein weiter Weg war es. Noch vor vier Monaten habe ich sie nicht wahr nehmen wollen, gefesselt von Schuldgefühlen, kalt wie ein Komet jenseits der Plutobahn. Wer von uns hat zögernd angefangen, die riesige Distanz zu überbrücken?
Machen wir den Tanz?
Ja, flüstere ich ihr ins Ohr.
Trag mich! – Nein, da hin!
Ich setze sie vorsichtig ab, kichernd zieht sie die Beine an und sagt, dass ich sie nicht mit dem Hosenboden auf die Erde setzen dürfe. So nehme ich sie wieder auf den Arm.
Dreh mich!
Sie klammert sich mit Armen und Beinen an mich, ich beginne mich zu drehen, sie lehnt sich zurück und genießt die Geschwindigkeit.
Jetzt springen wir!
Wir fassen uns an den Händen, springen auf und ab und drehen uns dabei. Außer Atem sinke ich wieder auf die Treppe. Die Kinder setzen sich dazu.
Schließlich klemme ich beide unter je einen Arm und trage sie an ihr Gartentor.
Kommst du noch mit rein?
Ich erkläre ihr, dass das unmöglich sei, wenn die Eltern das nicht wollen.
Dann gehen wir noch bei uns in den Garten. Komm mit!
Eine Wahl bleibt mir nicht. Beide zerren mich zum Tor hinein und wir toben noch etwas in ihrem Hof. Zum Glück ist die Mutter auch da, so kommt es nicht zu einer Erwischt!Situation.
Heimlich blicke ich zu ihr hinüber und versuche zu ergründen, ob sie meine Anwesenheit missbilligt. Erleichtert bemerke ich, dass sie sogar lächelt, als das Mädchen wieder an mir hoch zu klettern versucht.
Ich setze die Kleine wieder ab. Aber sie will weiter toben und klammert sich wieder an mir fest. Ahnt sie, wie ich die Berührung genieße?
Sie lässt los und ich muss ihr versprechen, hier auf sie zu warten. Eine quälend lange halbe Minute stehe ich mit der Mutter allein im Hof. Sie scheint mich nicht mehr zu bemerken. Trotzdem kommt mir meine eigene Anwesenheit hier so unpassend vor, als wäre ich gerade hier als Eindringling ertappt worden.
Wenn sie mich jetzt ansieht, kriege ich einen knallroten Kopf! Zum Glück kommt es nicht dazu. Aber was ist, wenn ich mir alles nur einbilde? Was habe ich hier zu suchen? Und was gibt mir das Recht, hier hin zu kommen und mit den Kindern zu spielen? Mir wird der Boden unter den Füßen plötzlich heiß.
Dann kommt das Mädchen mit einem neuen blauen Fahrrad auf mich zu gefahren und erklärt mir stolz die Funktion ihrer Klingel.
Meine Sicherheit kehrt schnell zurück, in ihrer Nähe brauche ich für nichts eine Begründung. Oder ist alles nur eine Illusion, der Wahn eines Perversen, der kein Recht hat, sich Kindern zu nähern? Alles nur subjektiv?
Komm mit! Ich will dir was zeigen.
Jetzt wird’s brenzlich! Es ist schon Dunkel und das Kind fordert mich auf, mit ihr hinter das Haus zu gehen, zum Springbrunnen, der schon lange nicht mehr funktioniert. Was soll ich da? Was wird, wenn ich da im Dunkeln mit ihr gesehen werde? Egal! Ich folge ihr.
Sie wirkt jetzt viel älter, fast erwachsen, auch wenn sie mir nur bis zur Hüfte reicht. Ich erinnere mich an ein Mädchen, das ich verehrte, als ich selber Kind war. Plötzlich ist alles wie früher. Mit ihren Augen sehe ich jetzt den Garten, der voller Rätsel ist: Das Wasserbecken, das ständig tropft aber nie leer wird, die Glaskugel, die schwer und massiv ist und trotzdem schwimmt und die Schaukel, die nie umfällt, auch wenn sie nicht im Boden verankert ist. Aber das größte Rätsel ist ihre Kindheit, deren Magie nun ganz von mir Besitz ergreift.
Wir setzen uns neben das Becken, unsere Hände vollführen auf der glitzernden Wasseroberfläche einen komplizierten Tanz mit gleichen Bewegungen – unmöglich zu sagen, wer es wem nach macht. Dabei sehen wir uns an. Sind das die Augenblicke, für die Faust seine Seele verkaufte?
Jeder Tag an dem wir uns sehen kann der letzte sein. So will ich sie für immer in Erinnerung behalten. Als die Neonbeleuchtung eingeschaltet wird, will ich gehen.
Aber wir müssen noch zur Schaukel!
Sie klettert auf eine Querstange, die als Reck benutzt werden kann und setzt sich darauf. Ich stehe hinter ihr.
Halt mich fest!
Sie schließt die Augen und lässt sich hintenüber fallen. Ich fange sie auf, unsere Gesichter berühren sich fast. Ganz langsam umschließe ich sie mit den Armen, bereit, sofort los zu lassen, wenn sie das nicht mag, und hebe sie herunter. Noch einmal sauge ich ihren Duft ein.
Wie Buddha würde ich sein, habe ich einmal zu einem anderen Kinderliebenden gesagt, wenn ich die Freundschaft eines Mädchens gewinnen könnte. Aber immer wieder kommen die Zweifel. Alles nur Wahn? Wie oft habe ich das geträumt, was ich hier erlebe und bin heulend wach geworden.
Was wird in einem Monat sein, in einem Jahr?
Nein, es ist alles nur ein kurzes Intermezzo, ein Zusammentreffen passender Umstände, was mich glauben lässt, nicht mehr alleine zu sein.
Morgen sind vielleicht davon nur noch ein paar Gänseblümchen übrig, die sie mir manchmal überreicht hat und die ich aufbewahren werde bis sie zu Staub zerfallen sind.
Jetzt ruft die Mutter, der Abend ist für uns zu Ende. Die Kleine scheint mich auf einmal nicht mehr wahr zu nehmen.
Ich sage tschüss und steuere das Gartentor an, kämpfe mit den Tränen.
Es ist alles verflogen wie ein Traum. Jetzt wache ich auf. Wie komme ich dazu, mich so für ein kleines Kind zu interessieren? Ein Verrückter, der irgendwann einmal zur Rede gestellt wird und nichts zu seiner Rechtfertigung sagen kann. Bald bleibt von dem Wunder nur noch das schlechte Gewissen.
Es war doch nur eine Illusion, wahnhaft, subjektiv, hervorgerufen durch einen verzweifelten Wunsch. Ich ziehe das Gartentor hinter mir zu.
Da zupft mich jemand von hinten am Ärmel. Eine winzige Hand schließt sich um meinen linken Ringfinger.
Bitte bleib noch etwas hier!
(September 2000)
Es beginnt zu dämmern. Unschlüssig stehe ich vor meiner Haustür und warte. Worauf? Die Arbeit im Garten ist für heute beendet. Ich finde keinen Vorwand mehr, noch weiter draußen zu bleiben.
Wieder geht ein Tag ohne Kinder zu Ende. Wieder werde ich heute Nacht lange grübeln, ob vorgestern das letzte Mal war...
Da höre ich eine Autotür schlagen. Die helle Stimme eines Jungen reißt mich aus der Lethargie. Dann ruft mich das Mädchen. Ich bin Feuer und Flamme, rufe zurück und laufe, nein, renne auf die Straße.
Kreischend vor Freude rennen mir zwei Kinder entgegen, zerren an meiner Jeans, dass ich fast die Hose verliere. Beiden muss ich versprechen, noch draußen zu bleiben; habe ich je etwas lieber versprochen?
Erst bin ich noch etwas reserviert, so lange die Mutter noch nicht im Haus gegenüber ist. Dann überlasse ich mich dem Zauber der Kinder, berauscht von der Stimme des Mädchens und ihrer Anhänglichkeit. Wir toben herum, arbeiten noch etwas im Garten mit jener traumhaften Ineffizienz, mit der die Kinder aus jeder Arbeit ein Abenteuer machen.
Wir haben keine Lust mehr und setzen uns auf die Treppe. Der Junge beschäftigt sich mit den Trümmern eines Gartenhauses. Sie kommt mir wie selbstverständlich auf den Schoß, ich nehme sie in den Arm und sie schließt die Augen, liegt ganz entspannt da.
Ein weiter Weg war es. Noch vor vier Monaten habe ich sie nicht wahr nehmen wollen, gefesselt von Schuldgefühlen, kalt wie ein Komet jenseits der Plutobahn. Wer von uns hat zögernd angefangen, die riesige Distanz zu überbrücken?
Machen wir den Tanz?
Ja, flüstere ich ihr ins Ohr.
Trag mich! – Nein, da hin!
Ich setze sie vorsichtig ab, kichernd zieht sie die Beine an und sagt, dass ich sie nicht mit dem Hosenboden auf die Erde setzen dürfe. So nehme ich sie wieder auf den Arm.
Dreh mich!
Sie klammert sich mit Armen und Beinen an mich, ich beginne mich zu drehen, sie lehnt sich zurück und genießt die Geschwindigkeit.
Jetzt springen wir!
Wir fassen uns an den Händen, springen auf und ab und drehen uns dabei. Außer Atem sinke ich wieder auf die Treppe. Die Kinder setzen sich dazu.
Schließlich klemme ich beide unter je einen Arm und trage sie an ihr Gartentor.
Kommst du noch mit rein?
Ich erkläre ihr, dass das unmöglich sei, wenn die Eltern das nicht wollen.
Dann gehen wir noch bei uns in den Garten. Komm mit!
Eine Wahl bleibt mir nicht. Beide zerren mich zum Tor hinein und wir toben noch etwas in ihrem Hof. Zum Glück ist die Mutter auch da, so kommt es nicht zu einer Erwischt!Situation.
Heimlich blicke ich zu ihr hinüber und versuche zu ergründen, ob sie meine Anwesenheit missbilligt. Erleichtert bemerke ich, dass sie sogar lächelt, als das Mädchen wieder an mir hoch zu klettern versucht.
Ich setze die Kleine wieder ab. Aber sie will weiter toben und klammert sich wieder an mir fest. Ahnt sie, wie ich die Berührung genieße?
Sie lässt los und ich muss ihr versprechen, hier auf sie zu warten. Eine quälend lange halbe Minute stehe ich mit der Mutter allein im Hof. Sie scheint mich nicht mehr zu bemerken. Trotzdem kommt mir meine eigene Anwesenheit hier so unpassend vor, als wäre ich gerade hier als Eindringling ertappt worden.
Wenn sie mich jetzt ansieht, kriege ich einen knallroten Kopf! Zum Glück kommt es nicht dazu. Aber was ist, wenn ich mir alles nur einbilde? Was habe ich hier zu suchen? Und was gibt mir das Recht, hier hin zu kommen und mit den Kindern zu spielen? Mir wird der Boden unter den Füßen plötzlich heiß.
Dann kommt das Mädchen mit einem neuen blauen Fahrrad auf mich zu gefahren und erklärt mir stolz die Funktion ihrer Klingel.
Meine Sicherheit kehrt schnell zurück, in ihrer Nähe brauche ich für nichts eine Begründung. Oder ist alles nur eine Illusion, der Wahn eines Perversen, der kein Recht hat, sich Kindern zu nähern? Alles nur subjektiv?
Komm mit! Ich will dir was zeigen.
Jetzt wird’s brenzlich! Es ist schon Dunkel und das Kind fordert mich auf, mit ihr hinter das Haus zu gehen, zum Springbrunnen, der schon lange nicht mehr funktioniert. Was soll ich da? Was wird, wenn ich da im Dunkeln mit ihr gesehen werde? Egal! Ich folge ihr.
Sie wirkt jetzt viel älter, fast erwachsen, auch wenn sie mir nur bis zur Hüfte reicht. Ich erinnere mich an ein Mädchen, das ich verehrte, als ich selber Kind war. Plötzlich ist alles wie früher. Mit ihren Augen sehe ich jetzt den Garten, der voller Rätsel ist: Das Wasserbecken, das ständig tropft aber nie leer wird, die Glaskugel, die schwer und massiv ist und trotzdem schwimmt und die Schaukel, die nie umfällt, auch wenn sie nicht im Boden verankert ist. Aber das größte Rätsel ist ihre Kindheit, deren Magie nun ganz von mir Besitz ergreift.
Wir setzen uns neben das Becken, unsere Hände vollführen auf der glitzernden Wasseroberfläche einen komplizierten Tanz mit gleichen Bewegungen – unmöglich zu sagen, wer es wem nach macht. Dabei sehen wir uns an. Sind das die Augenblicke, für die Faust seine Seele verkaufte?
Jeder Tag an dem wir uns sehen kann der letzte sein. So will ich sie für immer in Erinnerung behalten. Als die Neonbeleuchtung eingeschaltet wird, will ich gehen.
Aber wir müssen noch zur Schaukel!
Sie klettert auf eine Querstange, die als Reck benutzt werden kann und setzt sich darauf. Ich stehe hinter ihr.
Halt mich fest!
Sie schließt die Augen und lässt sich hintenüber fallen. Ich fange sie auf, unsere Gesichter berühren sich fast. Ganz langsam umschließe ich sie mit den Armen, bereit, sofort los zu lassen, wenn sie das nicht mag, und hebe sie herunter. Noch einmal sauge ich ihren Duft ein.
Wie Buddha würde ich sein, habe ich einmal zu einem anderen Kinderliebenden gesagt, wenn ich die Freundschaft eines Mädchens gewinnen könnte. Aber immer wieder kommen die Zweifel. Alles nur Wahn? Wie oft habe ich das geträumt, was ich hier erlebe und bin heulend wach geworden.
Was wird in einem Monat sein, in einem Jahr?
Nein, es ist alles nur ein kurzes Intermezzo, ein Zusammentreffen passender Umstände, was mich glauben lässt, nicht mehr alleine zu sein.
Morgen sind vielleicht davon nur noch ein paar Gänseblümchen übrig, die sie mir manchmal überreicht hat und die ich aufbewahren werde bis sie zu Staub zerfallen sind.
Jetzt ruft die Mutter, der Abend ist für uns zu Ende. Die Kleine scheint mich auf einmal nicht mehr wahr zu nehmen.
Ich sage tschüss und steuere das Gartentor an, kämpfe mit den Tränen.
Es ist alles verflogen wie ein Traum. Jetzt wache ich auf. Wie komme ich dazu, mich so für ein kleines Kind zu interessieren? Ein Verrückter, der irgendwann einmal zur Rede gestellt wird und nichts zu seiner Rechtfertigung sagen kann. Bald bleibt von dem Wunder nur noch das schlechte Gewissen.
Es war doch nur eine Illusion, wahnhaft, subjektiv, hervorgerufen durch einen verzweifelten Wunsch. Ich ziehe das Gartentor hinter mir zu.
Da zupft mich jemand von hinten am Ärmel. Eine winzige Hand schließt sich um meinen linken Ringfinger.
Bitte bleib noch etwas hier!
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- Madicken
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Schön !!! Und traurig
.
In vielen Deiner Empfindungen/Gedanken erkenne ich mich und mein Liebesmädchen(erlebnis) wieder. Ganz sicher werde ich unter den Lesern hier nicht der einzige sein, dem es damit so geht.
Seufz.......

In vielen Deiner Empfindungen/Gedanken erkenne ich mich und mein Liebesmädchen(erlebnis) wieder. Ganz sicher werde ich unter den Lesern hier nicht der einzige sein, dem es damit so geht.
Seufz.......
"Wer zeigt ein Kind, so wie es steht ? Wer stellt es ins Gestirn und giebt das Maß des Abstand ihm in die Hand ?
(R.M. Rilke)
“We are all born sexual creatures, thank God, but it's a pity so many people despise and crush this natural gift.”
(Marilyn Monroe)
Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
@Sakura
Schön kombiniert:
Zweifel und Hoffen,
Hoffnung und Realität.
Und trotzdem genug Raum für Eigen- Interpretationen/ Eigen- Vergleiche, was man selbst in solch einer Situation (vielleicht anders?) machen würde.
Danke!
Denker
Schön kombiniert:
Zweifel und Hoffen,
Hoffnung und Realität.
Und trotzdem genug Raum für Eigen- Interpretationen/ Eigen- Vergleiche, was man selbst in solch einer Situation (vielleicht anders?) machen würde.
Danke!
Denker
- Jean Valjean
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
gott, so viel realbezug zu mir selbst!!!
sakura, deine geschichte hat mich echt zum heulen gebracht!
sakura, deine geschichte hat mich echt zum heulen gebracht!
"Wer die Sicherheit der Freiheit vorzieht, wird immer in der Unfreiheit landen – und damit in der schlimmsten Unsicherheit, die dem Menschen widerfahren kann."
Roland Baader
Roland Baader
Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Danke Sakura ....
- GLF-Wahlleitung
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Der Einsendeschlutz ist in elf Stunden und 20 Minuten.
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Re: GLF-Literaturwettbewerb 2012
Das Paradies
Erst vor wenigen Momenten hatte das Bewusstsein wieder Hoheit über Adam erlangt und schon sah es sich mit so mancher Seltsamkeit konfrontiert: Wieso war er soeben auf einer ihm fremden Bank liegend erwacht? Wieso lag diese Bank mitten in dem Innenhof eines Plattenbaus? Wieso stand die Sonne mitten im Winter so hoch am Himmel? Wieso waren seine Hosenbeine und seine Schuhe über und über mit Lehm bedeckt? Wieso schmerzte ihn seine Flanke so sehr? Wieso war sein Kopf hingegen so klar wie nie zuvor?
Nach kurzer Reflexion musste sich Adam eingestehen, dass die meisten dieser Phänomene wohl mit den Bieren des vorigen Abends erklärt werden konnten, aber eines ließ ihn dennoch nicht los: Warum war sein Kopf so unglaublich klar und warum war jeder Gedanke so leicht zu fassen? Entgegen aller Regel summte in seinem Kopf kein schwüler und schwerer Sommerabend, sondern es herrschte ein kühler und reiner Wintermorgen. So angenehm dies auch sein mochte, ließ sich sein Körper diese Wohltat anscheinend nur zu einem schweren Preis abringen. Stattdessen hatte sich nämlich das ganzes Unwohl auf Adams linke Flanke konzentriert, wo es brennend und ziehend wütete.
Unschöne Gedanken kamen Adam da; sollte der Alkohol in seinem Körper nun schon so mächtig sein, dass er vom Kopf abließ und sich dem mächtigeren Gegner Leber annahm? Einiges an Zeit hätte Adam für diese zermürbenden Gedanken wohl noch aufgewendet, hätte er nicht ein mäusegleiches Fiepen vernommen - ohne Widerrede schleuderte ihn dieser Ton aus der Welt seines Kopfes zurück in die Welt des Innenhofs. Langsam - auf seine schmerzende Seite Rücksicht nehmend - setzte Adam sich auf und ließ den Blick kreisen.
Die Bank, auf der er nun saß, bildete mit drei anderen Bänken ein Quadrat. Dieses Quadrat war umgeben von einer hüfthohen Hecke, in der Vögel saßen und sangen. Hinter der Hecke begann eine scheinbar endlose Wiese, die ihr Ende an großen gelben Wänden fand. Diese Wände waren durchsetzt mit vielen neugierigen Fenstern. Inmitten all dieser Dinge – geschützt durch die Wände, die Hecke und die Bänke – stand eine Tischtennisplatte aus Beton. Eigentlich war es hier ganz schön und Adam hatte wohl Lust, sich etwas umzuschauen - vielleicht würde er ja auch die Quelle des Fiepens ermitteln können.
Und tatsächlich - nachdem Adam aufgestanden war und die gröbsten Klumpen Lehm von seiner Kleidung entfernt hatte - war das Fiepen wieder zu hören. An jedem anderen Morgen dieser Art hätte ihn dieser Ton wohl zum Verzweifeln gebracht, doch heute rebellierte sein Kopf nicht gegen ihn, sondern nahm ihn vielmehr durstig auf. So hatte er wachen Kopfes auch zügig die Hecke als Quelle des Tons ausgemacht und beschlossen, diese sich einmal näher anzuschauen. Neugierig und vergnügt ging Adam so auf die Hecke zu und spitze seine Sinne, um auch ja nichts zu verpassen.
Die Hecke war äußerst gut gepflegt und ließ so nur schwer einen Blick ins Innere zu, doch die Idee eines kleinen Schattens konnte man an einer Stelle doch erkennen. Dieser Stelle beugte sich Adam mit seinem Kopf entgegen und blinzelte so vorsichtig in die Hecke hinein. "Hey!", zwischen Blättern, Ästen, und einigen dunklen Haarfransen schauten ihn zwei grüne Augen böse an: "Was willst du?!" Während Adam überlegte, was er überhaupt hier wollte, begann sich das Wesen hinter den grünen Augen, langsam aus der Hecke zu schälen. Dabei unterbrachen die grünen Augen nie den bösen Blick, den sie Adam entgegenwarf, wobei man aber merkte, dass sie das einiges an Mühe kostete; immer wieder blitzte ausbrechend ein anderer Blick durch diesen maskenhaften Ausdruck.
Das Wesen hatte das Schälen beendet und stand nun als Mädchen vor Adam. Sie war wohl neun oder zehn Jahre alt, aber für ihr Alter recht klein gewachsen und auch sonst schmal - man hatte das Gefühl, jeder Windstoß könne sie umblasen. Ihre Haut war auffallend blass, umso stärker setzten sich davon ihre leuchtenden grünen Augen und das dunkle, glatte Haar ab, das zurückhaltend ihr schönes Gesicht umrahmte. Adam fühlte sich an stille Bilder erinnert, die in schlichten Rahmen einen tiefen Eindruck hinterlassen, aber von goldenen, verschnörkelten Rahmen erdrückt werden. Dieser Eindruck verstärkte sich bloß noch durch ihre gänzlich schwarze Kleidung.
"Nun?!", das Mädchen erinnerte Adam daran, dass er ihr noch eine Antwort schuldete, da er aber beim besten Willen nicht erklären konnte, was nun seine Nase in einer ihm fremden Hecke in einem ihm fremden Innenhof zu suchen hatte, entschloss er sich dazu, diese Frage zu übergehen und den Spieß umzudrehen: "Hallo, mein Name ist Adam und wie heißt du?" "Eva. Aber nun antworte endlich!" "Warum ich in die Hecke geschaut habe? Aber das ist doch ein ganz alltäglicher Vorgang - zumindest im Gegensatz zu dem, was du getan hast. Sitzt dort alleine in der Hecke und fiepst vor dich hin - bist du etwa ein Spätzchen?" "Nein", kam es schon etwas gnädiger zurück, "aber schau, was es dort gibt." Nun schon grinsend griff Eva in ihre Hosentaschen und holte zwei große Hände voll Brombeeren hervor. "Willst du?" Bescheiden nahm Adam eine der kleinsten aus ihren Händen und bedankte sich. "Aber,", Evas Stimme verdüsterte sich, "das muss ein Geheimnis bleiben. Mein Vater erlaubt mir nämlich nicht, die Brombeeren zu essen?". "Aber warum denn das?" "Weil es verboten ist." "Nun gut, ich werde es nicht verraten, aber du solltest deine Hände waschen, bevor du nach Hause gehst - schau doch bloß, wie rot sie sind!"
"Oh, du hast Recht." Mit diesen Worten begann sie zu kauen und zu schmatzen und ließ wenig später einige glänzenden Spuckebälle aus ihrem Mund in ihre geöffneten Hände tropfen. Nun begann sie diese in ihren Händen zu zerreiben, der gewünschte säubernde Effekt stellte sich aber nicht ein, ganz im Gegenteil hatte sich die Spucke mit dem Brombeersaft zu einer klebrigen und zähen Masse verbunden, die sich fest an den Körper schmiegte. Bald waren so nicht nur Evas Hände, sondern auch ihre Unterarme bedeckt mit roter Soße. Allzu putzig sah es aus, wie sie immer mehr Spucke auf ihren Armen verteilte und immer heftiger rieb, so die Sache aber bloß noch verschlimmerte und immer verzweifelter dreinblickte - da konnte Adam sich einfach nicht zurückhalten und lachte bald schon, dass es ihn nur so krümmte. So vertieft Eva auch in ihre Arbeit war, bemerkte sie das Gebaren Adams bald und rief ihn so halb belustigt, halb grimmig an: "Hey! Mach dich nicht lustig." Als aber auch das keinen Eindruck auf Adam machte, nahm sie kurz Anlauf sprang an Adam hoch und patschte ihm blitzschnell ihre beiden Hände ins Gesicht. "Schwurrp", mit einem seltsamen Geräusch lösten sich Eva Hände aus seinem Gesicht und ließen einen verdutzen und erröteten Adam zurück.
Gerade wollte er seine nun wohl bestehende Ähnlichkeit zu einem berühmten Volleyball der Filmgeschichte erfragen, als ein kreischendes und langgezogenes "Eeeeeevaa" den Innenhof durchschnitt. Der Schrei klang so bedrohlich, dass Adam sofort zusammenzuckte, aber das war nichts gegen die Reaktion Evas, die fast zusammenbrach, zu zittern begann und nun noch blasser ausschaute als zuvor. Adam folgte ihrem starren Blick hin zu einem der vielen Fenster, die in den Innenhof schauten - und tatsächlich drang durch eines von ihnen eine gigantische Unterhemdenbeule, die verziert wurde durch einen nikotingelben Rauschebart, über diesem Duo prangte ein roter Ball, dem eine gewisse Ähnlichkeit mit der Abendsonne nicht abzusprechen war. Adam schaute zurück zu Eva und sah, wie sie sich zitternd zu ihm umwendete. Ihre Blicke trafen sich und Adam fiel auf, dass ihr Augen nichts mehr von dem vorherigen tiefen Grün hatten, sondern ganz ein kaltes Grau von ihnen Besitz genommen hatte. "Wer ist das?", fragte Adam. Eva schien das aber gar nicht mehr zu hören und griff bloß seine Hand: "Komm!"
Eva war zwar klein, aber sie rannte schnell, sehr schnell. Zügig liefen sie Hand in Hand über einen Trampelpfad, der erst durch die Hecke drang und dann direkt auf eine Tür in einer der gelben Wände zusteuerte. Kurz bevor sie zusammen durch die Tür schlüpften und so den gelben Innenhof endlich verließen, schaute Adam sich noch einmal um: Der Unterhemdenmensch hatte mittlerweile auf der Tischtennisplatte Position bezogen und hüpfte dort wie ein Flummi wütend auf und ab, in der rechten Hand trug er einen Teppichklopfer, mit dem er immer wieder wütend in Adam und Evas Richtung zeigte und dabei unverständlich vor sich hin murmelte. Alle Vögel aus den Hecken hatten sich in die Luft erhoben und flogen in irrsinnigen Manövern um dieses Ensemble. Gleichzeitig hatten sich all die zuvor geschlossenen Fenster in den gelben Wänden geöffnet; aus ihnen schauten nun Tiere aller Art angewidert dem flüchtenden Paar entgegen und stießen Flüche in der Zunge ihrer jeweiligen Gattung aus.
Draußen war es kalt, es wehte ein scharfer Wind und der Himmel war so grau wie Evas Augen; nichts war mehr zu sehen von der hochstehenden Sonne und Brombeeren gab es hier auch keine, doch Eva schien trotzdem erleichtert. Sie zitterte nun nicht mehr aus Angst, sondern wegen der Kälte, Adam spürte das und drückte sie fester an sich. Bald hatte sich Eva beruhigt und Adam fand den Mut zu fragen: "Eva, wer war das?" "Das war mein Vater." "Das war dein Vater?! Wieso ist er denn bloß so?" "Ich weiß nicht, meine Eltern waren nie sehr nett zu mir." Da Evas Stimme brüchig wurde und sie zu Boden blickte, merkte Adam, dass es der Worte genug war. Er schaute sich um und sah, dass sie an einer Straße standen, neben der Straße verlief ein kleiner Graben - er wusste, dass es nicht viel war, aber es war das einzige in der Umgebung, das etwas Schutz vor dem Wind bot. Behutsam führte er Eva und sich in die Tiefen des Grabens. Sie legten sich zusammen auf seine Jacke, um sich ein wenig vor dem nassen und lehmigen Untergrund zu schützen. Eng beisammen schliefen sie ein.
Als Adam aufwachte und die Augen öffnete, ging sein erster Blick direkt in den Himmel. Dieser war immer noch so grau wie zuvor, doch floss er nun nicht mehr gemächlich das Firmament entlang, sondern jagte wie ein reißender Strom wild vorbei. Gleichsam wütend heulte der Wind über ihren Graben hinweg und verursachte einen ohrenbetäubenden Lärm. Als er sich zu Eva drehte, war Adam dementsprechend überrascht, sie schlafend zu sehen. Ihr Gesicht war sogar gänzlich unbewegt und bildete so einen absurden Kontrast zu der Bewegung der Welt um sie herum. Auch Adam selbst fühlte sich bis ins Tiefste unruhig. Wie um einen kleinen Strahl der Ruhe Evas erhaschen zu können, strich ihr Adam so über das Gesicht. Doch die Unruhe in Adam wuchs dadurch nur noch mehr, denn ihr Gesicht war ganz kühl und fast nicht mehr menschlich. Hastig rüttelte er sie, zu seiner Erleichterung öffnete Eva sogleich die Augen und schaute ihn an - sie waren nun fast schwarz. "Adam!" "Eva, du musst zurück." "Ich weiß, aber ich möchte nicht." "Du musst." "Ja."
Von der Kälte waren ihre Körper ganz steif und sie brauchten einige Zeit, um aus dem Graben zu klettern. Doch auch das schafften sie irgendwann und die wenigen Schritte zur kleinen Tür in der überragenden gelben Wand waren auch schnell gegangen. Nun standen sie dort und wollten noch etwas sagen, aber es fiel ihnen schwer. "Adam, weißt du, wie ich mich fühle?" "Wie?" "Ich bin früher oft auf meine Knie gefallen und da hat mir meine Mutter dann immer Pflaster daraufgeklebt, danach war alles wieder gut. Bloß das Abziehen später tat immer so doll weh. Und jetzt gerade fühle ich mich wie bei dem Abziehen, aber nicht nur das, ich habe auch das Gefühl, dass die Wunde darunter noch nicht geheilt ist und immer noch blutet." "Du bist stark, Eva, sie wird auch so heilen. Bestimmt!" Doch ihn traf bloß ein zweifelnder Blick.
Die letzte Umarmung war viel zu kurz und ließ einen Adam zurück, der sich wunderte, weshalb er rote Tränen weinte.
Ende
Erst vor wenigen Momenten hatte das Bewusstsein wieder Hoheit über Adam erlangt und schon sah es sich mit so mancher Seltsamkeit konfrontiert: Wieso war er soeben auf einer ihm fremden Bank liegend erwacht? Wieso lag diese Bank mitten in dem Innenhof eines Plattenbaus? Wieso stand die Sonne mitten im Winter so hoch am Himmel? Wieso waren seine Hosenbeine und seine Schuhe über und über mit Lehm bedeckt? Wieso schmerzte ihn seine Flanke so sehr? Wieso war sein Kopf hingegen so klar wie nie zuvor?
Nach kurzer Reflexion musste sich Adam eingestehen, dass die meisten dieser Phänomene wohl mit den Bieren des vorigen Abends erklärt werden konnten, aber eines ließ ihn dennoch nicht los: Warum war sein Kopf so unglaublich klar und warum war jeder Gedanke so leicht zu fassen? Entgegen aller Regel summte in seinem Kopf kein schwüler und schwerer Sommerabend, sondern es herrschte ein kühler und reiner Wintermorgen. So angenehm dies auch sein mochte, ließ sich sein Körper diese Wohltat anscheinend nur zu einem schweren Preis abringen. Stattdessen hatte sich nämlich das ganzes Unwohl auf Adams linke Flanke konzentriert, wo es brennend und ziehend wütete.
Unschöne Gedanken kamen Adam da; sollte der Alkohol in seinem Körper nun schon so mächtig sein, dass er vom Kopf abließ und sich dem mächtigeren Gegner Leber annahm? Einiges an Zeit hätte Adam für diese zermürbenden Gedanken wohl noch aufgewendet, hätte er nicht ein mäusegleiches Fiepen vernommen - ohne Widerrede schleuderte ihn dieser Ton aus der Welt seines Kopfes zurück in die Welt des Innenhofs. Langsam - auf seine schmerzende Seite Rücksicht nehmend - setzte Adam sich auf und ließ den Blick kreisen.
Die Bank, auf der er nun saß, bildete mit drei anderen Bänken ein Quadrat. Dieses Quadrat war umgeben von einer hüfthohen Hecke, in der Vögel saßen und sangen. Hinter der Hecke begann eine scheinbar endlose Wiese, die ihr Ende an großen gelben Wänden fand. Diese Wände waren durchsetzt mit vielen neugierigen Fenstern. Inmitten all dieser Dinge – geschützt durch die Wände, die Hecke und die Bänke – stand eine Tischtennisplatte aus Beton. Eigentlich war es hier ganz schön und Adam hatte wohl Lust, sich etwas umzuschauen - vielleicht würde er ja auch die Quelle des Fiepens ermitteln können.
Und tatsächlich - nachdem Adam aufgestanden war und die gröbsten Klumpen Lehm von seiner Kleidung entfernt hatte - war das Fiepen wieder zu hören. An jedem anderen Morgen dieser Art hätte ihn dieser Ton wohl zum Verzweifeln gebracht, doch heute rebellierte sein Kopf nicht gegen ihn, sondern nahm ihn vielmehr durstig auf. So hatte er wachen Kopfes auch zügig die Hecke als Quelle des Tons ausgemacht und beschlossen, diese sich einmal näher anzuschauen. Neugierig und vergnügt ging Adam so auf die Hecke zu und spitze seine Sinne, um auch ja nichts zu verpassen.
Die Hecke war äußerst gut gepflegt und ließ so nur schwer einen Blick ins Innere zu, doch die Idee eines kleinen Schattens konnte man an einer Stelle doch erkennen. Dieser Stelle beugte sich Adam mit seinem Kopf entgegen und blinzelte so vorsichtig in die Hecke hinein. "Hey!", zwischen Blättern, Ästen, und einigen dunklen Haarfransen schauten ihn zwei grüne Augen böse an: "Was willst du?!" Während Adam überlegte, was er überhaupt hier wollte, begann sich das Wesen hinter den grünen Augen, langsam aus der Hecke zu schälen. Dabei unterbrachen die grünen Augen nie den bösen Blick, den sie Adam entgegenwarf, wobei man aber merkte, dass sie das einiges an Mühe kostete; immer wieder blitzte ausbrechend ein anderer Blick durch diesen maskenhaften Ausdruck.
Das Wesen hatte das Schälen beendet und stand nun als Mädchen vor Adam. Sie war wohl neun oder zehn Jahre alt, aber für ihr Alter recht klein gewachsen und auch sonst schmal - man hatte das Gefühl, jeder Windstoß könne sie umblasen. Ihre Haut war auffallend blass, umso stärker setzten sich davon ihre leuchtenden grünen Augen und das dunkle, glatte Haar ab, das zurückhaltend ihr schönes Gesicht umrahmte. Adam fühlte sich an stille Bilder erinnert, die in schlichten Rahmen einen tiefen Eindruck hinterlassen, aber von goldenen, verschnörkelten Rahmen erdrückt werden. Dieser Eindruck verstärkte sich bloß noch durch ihre gänzlich schwarze Kleidung.
"Nun?!", das Mädchen erinnerte Adam daran, dass er ihr noch eine Antwort schuldete, da er aber beim besten Willen nicht erklären konnte, was nun seine Nase in einer ihm fremden Hecke in einem ihm fremden Innenhof zu suchen hatte, entschloss er sich dazu, diese Frage zu übergehen und den Spieß umzudrehen: "Hallo, mein Name ist Adam und wie heißt du?" "Eva. Aber nun antworte endlich!" "Warum ich in die Hecke geschaut habe? Aber das ist doch ein ganz alltäglicher Vorgang - zumindest im Gegensatz zu dem, was du getan hast. Sitzt dort alleine in der Hecke und fiepst vor dich hin - bist du etwa ein Spätzchen?" "Nein", kam es schon etwas gnädiger zurück, "aber schau, was es dort gibt." Nun schon grinsend griff Eva in ihre Hosentaschen und holte zwei große Hände voll Brombeeren hervor. "Willst du?" Bescheiden nahm Adam eine der kleinsten aus ihren Händen und bedankte sich. "Aber,", Evas Stimme verdüsterte sich, "das muss ein Geheimnis bleiben. Mein Vater erlaubt mir nämlich nicht, die Brombeeren zu essen?". "Aber warum denn das?" "Weil es verboten ist." "Nun gut, ich werde es nicht verraten, aber du solltest deine Hände waschen, bevor du nach Hause gehst - schau doch bloß, wie rot sie sind!"
"Oh, du hast Recht." Mit diesen Worten begann sie zu kauen und zu schmatzen und ließ wenig später einige glänzenden Spuckebälle aus ihrem Mund in ihre geöffneten Hände tropfen. Nun begann sie diese in ihren Händen zu zerreiben, der gewünschte säubernde Effekt stellte sich aber nicht ein, ganz im Gegenteil hatte sich die Spucke mit dem Brombeersaft zu einer klebrigen und zähen Masse verbunden, die sich fest an den Körper schmiegte. Bald waren so nicht nur Evas Hände, sondern auch ihre Unterarme bedeckt mit roter Soße. Allzu putzig sah es aus, wie sie immer mehr Spucke auf ihren Armen verteilte und immer heftiger rieb, so die Sache aber bloß noch verschlimmerte und immer verzweifelter dreinblickte - da konnte Adam sich einfach nicht zurückhalten und lachte bald schon, dass es ihn nur so krümmte. So vertieft Eva auch in ihre Arbeit war, bemerkte sie das Gebaren Adams bald und rief ihn so halb belustigt, halb grimmig an: "Hey! Mach dich nicht lustig." Als aber auch das keinen Eindruck auf Adam machte, nahm sie kurz Anlauf sprang an Adam hoch und patschte ihm blitzschnell ihre beiden Hände ins Gesicht. "Schwurrp", mit einem seltsamen Geräusch lösten sich Eva Hände aus seinem Gesicht und ließen einen verdutzen und erröteten Adam zurück.
Gerade wollte er seine nun wohl bestehende Ähnlichkeit zu einem berühmten Volleyball der Filmgeschichte erfragen, als ein kreischendes und langgezogenes "Eeeeeevaa" den Innenhof durchschnitt. Der Schrei klang so bedrohlich, dass Adam sofort zusammenzuckte, aber das war nichts gegen die Reaktion Evas, die fast zusammenbrach, zu zittern begann und nun noch blasser ausschaute als zuvor. Adam folgte ihrem starren Blick hin zu einem der vielen Fenster, die in den Innenhof schauten - und tatsächlich drang durch eines von ihnen eine gigantische Unterhemdenbeule, die verziert wurde durch einen nikotingelben Rauschebart, über diesem Duo prangte ein roter Ball, dem eine gewisse Ähnlichkeit mit der Abendsonne nicht abzusprechen war. Adam schaute zurück zu Eva und sah, wie sie sich zitternd zu ihm umwendete. Ihre Blicke trafen sich und Adam fiel auf, dass ihr Augen nichts mehr von dem vorherigen tiefen Grün hatten, sondern ganz ein kaltes Grau von ihnen Besitz genommen hatte. "Wer ist das?", fragte Adam. Eva schien das aber gar nicht mehr zu hören und griff bloß seine Hand: "Komm!"
Eva war zwar klein, aber sie rannte schnell, sehr schnell. Zügig liefen sie Hand in Hand über einen Trampelpfad, der erst durch die Hecke drang und dann direkt auf eine Tür in einer der gelben Wände zusteuerte. Kurz bevor sie zusammen durch die Tür schlüpften und so den gelben Innenhof endlich verließen, schaute Adam sich noch einmal um: Der Unterhemdenmensch hatte mittlerweile auf der Tischtennisplatte Position bezogen und hüpfte dort wie ein Flummi wütend auf und ab, in der rechten Hand trug er einen Teppichklopfer, mit dem er immer wieder wütend in Adam und Evas Richtung zeigte und dabei unverständlich vor sich hin murmelte. Alle Vögel aus den Hecken hatten sich in die Luft erhoben und flogen in irrsinnigen Manövern um dieses Ensemble. Gleichzeitig hatten sich all die zuvor geschlossenen Fenster in den gelben Wänden geöffnet; aus ihnen schauten nun Tiere aller Art angewidert dem flüchtenden Paar entgegen und stießen Flüche in der Zunge ihrer jeweiligen Gattung aus.
Draußen war es kalt, es wehte ein scharfer Wind und der Himmel war so grau wie Evas Augen; nichts war mehr zu sehen von der hochstehenden Sonne und Brombeeren gab es hier auch keine, doch Eva schien trotzdem erleichtert. Sie zitterte nun nicht mehr aus Angst, sondern wegen der Kälte, Adam spürte das und drückte sie fester an sich. Bald hatte sich Eva beruhigt und Adam fand den Mut zu fragen: "Eva, wer war das?" "Das war mein Vater." "Das war dein Vater?! Wieso ist er denn bloß so?" "Ich weiß nicht, meine Eltern waren nie sehr nett zu mir." Da Evas Stimme brüchig wurde und sie zu Boden blickte, merkte Adam, dass es der Worte genug war. Er schaute sich um und sah, dass sie an einer Straße standen, neben der Straße verlief ein kleiner Graben - er wusste, dass es nicht viel war, aber es war das einzige in der Umgebung, das etwas Schutz vor dem Wind bot. Behutsam führte er Eva und sich in die Tiefen des Grabens. Sie legten sich zusammen auf seine Jacke, um sich ein wenig vor dem nassen und lehmigen Untergrund zu schützen. Eng beisammen schliefen sie ein.
Als Adam aufwachte und die Augen öffnete, ging sein erster Blick direkt in den Himmel. Dieser war immer noch so grau wie zuvor, doch floss er nun nicht mehr gemächlich das Firmament entlang, sondern jagte wie ein reißender Strom wild vorbei. Gleichsam wütend heulte der Wind über ihren Graben hinweg und verursachte einen ohrenbetäubenden Lärm. Als er sich zu Eva drehte, war Adam dementsprechend überrascht, sie schlafend zu sehen. Ihr Gesicht war sogar gänzlich unbewegt und bildete so einen absurden Kontrast zu der Bewegung der Welt um sie herum. Auch Adam selbst fühlte sich bis ins Tiefste unruhig. Wie um einen kleinen Strahl der Ruhe Evas erhaschen zu können, strich ihr Adam so über das Gesicht. Doch die Unruhe in Adam wuchs dadurch nur noch mehr, denn ihr Gesicht war ganz kühl und fast nicht mehr menschlich. Hastig rüttelte er sie, zu seiner Erleichterung öffnete Eva sogleich die Augen und schaute ihn an - sie waren nun fast schwarz. "Adam!" "Eva, du musst zurück." "Ich weiß, aber ich möchte nicht." "Du musst." "Ja."
Von der Kälte waren ihre Körper ganz steif und sie brauchten einige Zeit, um aus dem Graben zu klettern. Doch auch das schafften sie irgendwann und die wenigen Schritte zur kleinen Tür in der überragenden gelben Wand waren auch schnell gegangen. Nun standen sie dort und wollten noch etwas sagen, aber es fiel ihnen schwer. "Adam, weißt du, wie ich mich fühle?" "Wie?" "Ich bin früher oft auf meine Knie gefallen und da hat mir meine Mutter dann immer Pflaster daraufgeklebt, danach war alles wieder gut. Bloß das Abziehen später tat immer so doll weh. Und jetzt gerade fühle ich mich wie bei dem Abziehen, aber nicht nur das, ich habe auch das Gefühl, dass die Wunde darunter noch nicht geheilt ist und immer noch blutet." "Du bist stark, Eva, sie wird auch so heilen. Bestimmt!" Doch ihn traf bloß ein zweifelnder Blick.
Die letzte Umarmung war viel zu kurz und ließ einen Adam zurück, der sich wunderte, weshalb er rote Tränen weinte.
Ende