von dasletztemal » 11.05.2013, 02:19
Nun lebe ich alleine. Selbstständig, eigenständig, eigenverantwortlich. Ich musste für mich sorgen. Das war ich nicht gewohnt. Ich ging fast jeden Tag einkaufen - ich war spontan. Ich konnte nicht weit in die Zukunft planen, ich lebte von Tag zu Tag.
Da waren Mitbewohner, ich lächelte ihnen zu, wechselte ein paar Worte, fragte wie die Waschmaschine funktioniert. Das war's, eine gelegentliche Begegnung und dann verschwand ich in meinem Zimmer oder war auf dem Weg zur Bushaltestelle, auf den Weg zu der Universität. Ich merkte wie sich alle sehr gut untereinander kannten, sich oft in der Küche trafen und zusammen etwas kochten und aßen. Sie waren alle "vernetzt", sie verstanden sich, wie es in einer Wohngemeinschaft wohl so ist. Es vergingen Monate - ich gliederte mich nie ein, war immer außen vor. Ich fand es nicht schlimm, mir wäre das Gegenteil sicher unangenehm. Ich ging ihnen aus dem Weg.
Ich war auch sehr sensibel gegenüber der gesamten Nachbarschaft - zumindest bezüglich aller Kinder in meiner Nähe und gleich nebenan wohnte sie. Das eine Mädchen, das mein gesamtes Leben auf den Kopf stellen sollte - sowieso positiv als auch negativ, aber das war allein meine Schuld. Es war das, was ich daraus machte. Aber ich erzähle es besser von Anfang an.
Eines Tages an einem warmen Sommertag, spielte sie mit einem anderen Mädchen auf unserem Grundstück, mit Wasserpistolen und Wasserbomben und ich kam vorbei, ich strahlte, ich war aufmerksam, sie lachten mich an und sogleich verfolgten sie mich kichernd mit einer Wasserbombe und ich stieg spotan in ihr Spiel ein, lief davon, lachte, alberte mit.
Wir waren eingermaßen nass, saßen im Gras und lernten und gegenseitig kennen. Die Mutter öffnete plötzlich das Fenster vom angrenzenden Grundstück aus. Wir guckten uns an - wir hatten Gesichter mit Erklärungsnot. Bevor wir irgendetwas sagten, sprach die Mutter: "Ist schon OK. Wollt ihr etwas zu trinken?" und kam einige Minuten später heraus mit einer Pallette Orangensaft. Mein Gesicht muss peinlich rot gewesen sein, als ich lächelnd und dankend ein Glas zu trinken entgegennahm und sogleich am Strohalm saugte. Ich schaute zu den beiden Mädchen und wir schlürften vergnügt zusammen - ab jetzt durften wir sogar mit dem Segen der Mutter spielen. Alles schien so perfekt, unzerstörbar und fröhlich. Und ich stürzte mich in diesen neuen Kontakt ohne zu wissen, was ich mir einhandeln würde. Auf naive Weise sah ich nichts Schlimmes dabei und doch war es eine schlechte Entscheidung. Oder? Doch ... ich glaube schon. Aber dazu müsste man mehr wissen.
Wir trafen und jetzt des Öfteren - vor allem weil unser Grundstück für Sommerspiele viel mehr geeignet war, als das kleinere Familiengrundstück. Sei es mit Kreide auf Asphalt zu malen - auf unserem Parkplatz unserer Wohnsiedlung - oder den großzügigen Platz mit jeder Art von Ball zu spielen. Das verleihte mir die perfekte Ausrede mitzuspielen, weil ich ja sozusagen Anwohner dieses Grundstücks bin. Sie hatte natürlich nichts dagegen - im Gegenteil, sie suchte mich regelmäßig auf und ich schielte regelmäßig aus dem Fenster. Wir verabredeten und zwar nie konkret - aber ich wusste je mehr Zeit ich in meiner Wohnung verbrachte, desto höher die Chance, dass ich sie draußen sah, wenn ich aus der Terasse herausguckte. [An dieser Stelle muss ich ernsthaft weinen - Ich erinnere mich an so viele Zusammenkünfte draußen, ihr Lachen, ihr Aufsehen zu mir, ihr Austrecken der Hand und die Worte: "Komm, ich will dir was zeigen!" und ich zögerte nie, ich vertraute ihr wie sonst niemanden, ich ging blind in die Situation, sie war der Mensch wofür ich lebte - und ich war abhängig von ihr, mein Glück war abhängig von ihr.
Ich kannte eigentlich nur ihre Mutter und der Vater war eher ein Randphänomen. Aber das sollte sich bald ändern. Immer, wenn ich ihn sah, dann rufte er sie zurück. Er beachtete mich nicht, sah mich nicht an. Einmal sah ich ihn beim Zurückkehren von der Uni von der Nähe und grüßte ihn. Er würdigte mich keines Blickes und auch sagte er nichts. Erst nach mehreren Monaten wurde er mir wirklich bewusst, denn er war nur spät Abend oder am Wochenende da. Klar, denn er arbeitete und die Sache mit ihr und mir, bekam er wohl nur eher nebenbei und nach einiger Zeit mit.
Das wurde aber tatsächlich zum Problem. Es fing damit an, dass wir wieder an unserem Lieblingsbaum waren und dort herumkletterten - spielten, dass ein Schiff war auf den Wellen des Meers - sie saß auf dem Ast und ich schüttelte, wenn ein Sturm kam. Sie gab die Steuerkommandos - und wie ein Wunder schafften wir es durch jeden Sturm. Einmal sah ihr Vater uns und rief sie überaus wütend zurück. Er sah uns von weitem auf dem Baum herumräkeln, nicht zusammen, jeder auf deinem Ast, auf seiner Station und er rief:" XXX, Zeit für Abendbrot! Komm her! Du hast vergessen die Hasen zu füttern!"
Ich wusste ganz genau, dass Abendbrot eigentlich erst ein einer halben Stunde war - und die Hasen werden erst danach gefüttert. Das Zurückrufen war ein eiskalter Vorwand. Das war mir glasklar. Und ich fühlte sofort einen großen kalten unangenehmen Mix an Schuldgefühlen... ich war Schuld, dass sie von mir weggerufen wurde, sie bekam jetzt alles ab, was für mich bestimmt war.... es war das Schlimmste was er tun konnte. Er bestrafte sie für unserere Gemeinsamtkeit, anstatt mich am Kragen zu packen und mir eine reinzuhauen. Wirklich - wahrscheinlich wäre es gefühlsmäßig angenehmer gewesen, hätte er mich einfach in einem privaten Moment zusammengeschlagen. Stattdessen hat er sie bestraft. vor meinen Augen, es war schrecklich, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Kissen war vollgeweint und ich musste es waschen, ich schmiss meine Kuscheltiere in den Schrank - ich bin doch nur jemand, der es Kindern schwer macht. Wozu bin ich noch gut?
Die folgenden Tage waren nicht leichter - einmal kam sie, wurde wohl von ihrem Vater vorgeschickt, und musste mir vor Tränen beichten, dass wir nicht mehr spielen durften. Es schmerzte so sehr - weil ich spürte, wie sie Schuldgefühle in sich trug - sie dachte, sie wäre Schuld, sie hätte mich nie als Spielgefährte sehen dürfen und dafür bekam sie Ärger von ihrem Vater. Es zeriss mich - ich schaute ihr noch unter Tränen in die Augen und sagte, dass es mir Leid täte, ich sagte ich wäre Schuld, ich habe dir das alles eingebrockt, sage deinem Vater, dass ich keine Zeit mehr haben werde...
Ich muss sagen - mein Studium hat darunter gelitten, dass ich ständig an sie dachte und keinen Moment mit ihr verpassen wollte. Aber mein Studium leidet nun genauso darunter sie verloren zu haben.
Nur manchmal sehe ich sie noch fröhlich spielen mit ihren Freundinnen und fühle mich ein wenig erleichtert, aber einsam bleibe ich trotzdem.
Meine Wohnsituation hat sich wenig verändert. Ich grüße freundlich, aber kenne meine Mitbewohner kaum, jedenfalls weniger als ich sie je kennengelernt habe, zu den Zeiten in denen wir uns näher kennenlernten konnten, im Gras, auf der Wiese, auf unserem Lieblingsbaum auf dem wir spielen konnten - wir konnten alles sein, jede Erfahrunh war unwiederholbar und einzigartig, wir waren glücklich. Zumindest diese Erinnerung kann uns keiner nehmen - hoffe ich. Ich hoffe sie behält mich positiv in Erinnerung. Nicht als einen Fehler, als jemanden, den sie nicht hätte treffen dürfen, aber als einen guten Freund und Wegbegleiter. Und, wenn ich sie sehe, dann bin ich mir dessen sicher. Denn wir nicken und grinsen uns jedesmal kurz zu in all der vergangenen Erinnerung. Auch, wenn die Zeit, die wir miteinander teilen dürfen und können, nur das Vorübergehen ist, das kurze Sehen beim aneinander vorbeigehen, weiß ich, dass es eine gute Zeit war und immer bleiben wird. Das gibt mir ein wenig Hoffnung und Treibstoff zum Überleben.
Nun lebe ich alleine. Selbstständig, eigenständig, eigenverantwortlich. Ich musste für mich sorgen. Das war ich nicht gewohnt. Ich ging fast jeden Tag einkaufen - ich war spontan. Ich konnte nicht weit in die Zukunft planen, ich lebte von Tag zu Tag.
Da waren Mitbewohner, ich lächelte ihnen zu, wechselte ein paar Worte, fragte wie die Waschmaschine funktioniert. Das war's, eine gelegentliche Begegnung und dann verschwand ich in meinem Zimmer oder war auf dem Weg zur Bushaltestelle, auf den Weg zu der Universität. Ich merkte wie sich alle sehr gut untereinander kannten, sich oft in der Küche trafen und zusammen etwas kochten und aßen. Sie waren alle "vernetzt", sie verstanden sich, wie es in einer Wohngemeinschaft wohl so ist. Es vergingen Monate - ich gliederte mich nie ein, war immer außen vor. Ich fand es nicht schlimm, mir wäre das Gegenteil sicher unangenehm. Ich ging ihnen aus dem Weg.
Ich war auch sehr sensibel gegenüber der gesamten Nachbarschaft - zumindest bezüglich aller Kinder in meiner Nähe und gleich nebenan wohnte sie. Das eine Mädchen, das mein gesamtes Leben auf den Kopf stellen sollte - sowieso positiv als auch negativ, aber das war allein meine Schuld. Es war das, was ich daraus machte. Aber ich erzähle es besser von Anfang an.
Eines Tages an einem warmen Sommertag, spielte sie mit einem anderen Mädchen auf unserem Grundstück, mit Wasserpistolen und Wasserbomben und ich kam vorbei, ich strahlte, ich war aufmerksam, sie lachten mich an und sogleich verfolgten sie mich kichernd mit einer Wasserbombe und ich stieg spotan in ihr Spiel ein, lief davon, lachte, alberte mit.
Wir waren eingermaßen nass, saßen im Gras und lernten und gegenseitig kennen. Die Mutter öffnete plötzlich das Fenster vom angrenzenden Grundstück aus. Wir guckten uns an - wir hatten Gesichter mit Erklärungsnot. Bevor wir irgendetwas sagten, sprach die Mutter: "Ist schon OK. Wollt ihr etwas zu trinken?" und kam einige Minuten später heraus mit einer Pallette Orangensaft. Mein Gesicht muss peinlich rot gewesen sein, als ich lächelnd und dankend ein Glas zu trinken entgegennahm und sogleich am Strohalm saugte. Ich schaute zu den beiden Mädchen und wir schlürften vergnügt zusammen - ab jetzt durften wir sogar mit dem Segen der Mutter spielen. Alles schien so perfekt, unzerstörbar und fröhlich. Und ich stürzte mich in diesen neuen Kontakt ohne zu wissen, was ich mir einhandeln würde. Auf naive Weise sah ich nichts Schlimmes dabei und doch war es eine schlechte Entscheidung. Oder? Doch ... ich glaube schon. Aber dazu müsste man mehr wissen.
Wir trafen und jetzt des Öfteren - vor allem weil unser Grundstück für Sommerspiele viel mehr geeignet war, als das kleinere Familiengrundstück. Sei es mit Kreide auf Asphalt zu malen - auf unserem Parkplatz unserer Wohnsiedlung - oder den großzügigen Platz mit jeder Art von Ball zu spielen. Das verleihte mir die perfekte Ausrede mitzuspielen, weil ich ja sozusagen Anwohner dieses Grundstücks bin. Sie hatte natürlich nichts dagegen - im Gegenteil, sie suchte mich regelmäßig auf und ich schielte regelmäßig aus dem Fenster. Wir verabredeten und zwar nie konkret - aber ich wusste je mehr Zeit ich in meiner Wohnung verbrachte, desto höher die Chance, dass ich sie draußen sah, wenn ich aus der Terasse herausguckte. [An dieser Stelle muss ich ernsthaft weinen - Ich erinnere mich an so viele Zusammenkünfte draußen, ihr Lachen, ihr Aufsehen zu mir, ihr Austrecken der Hand und die Worte: "[i]Komm, ich will dir was zeigen![/i]" und ich zögerte nie, ich vertraute ihr wie sonst niemanden, ich ging blind in die Situation, sie war der Mensch wofür ich lebte - und ich war abhängig von ihr, mein Glück war abhängig von ihr.
Ich kannte eigentlich nur ihre Mutter und der Vater war eher ein Randphänomen. Aber das sollte sich bald ändern. Immer, wenn ich ihn sah, dann rufte er sie zurück. Er beachtete mich nicht, sah mich nicht an. Einmal sah ich ihn beim Zurückkehren von der Uni von der Nähe und grüßte ihn. Er würdigte mich keines Blickes und auch sagte er nichts. Erst nach mehreren Monaten wurde er mir wirklich bewusst, denn er war nur spät Abend oder am Wochenende da. Klar, denn er arbeitete und die Sache mit ihr und mir, bekam er wohl nur eher nebenbei und nach einiger Zeit mit.
Das wurde aber tatsächlich zum Problem. Es fing damit an, dass wir wieder an unserem Lieblingsbaum waren und dort herumkletterten - spielten, dass ein Schiff war auf den Wellen des Meers - sie saß auf dem Ast und ich schüttelte, wenn ein Sturm kam. Sie gab die Steuerkommandos - und wie ein Wunder schafften wir es durch jeden Sturm. Einmal sah ihr Vater uns und rief sie überaus wütend zurück. Er sah uns von weitem auf dem Baum herumräkeln, nicht zusammen, jeder auf deinem Ast, auf seiner Station und er rief:" [i]XXX, Zeit für Abendbrot! Komm her! Du hast vergessen die Hasen zu füttern![/i]"
Ich wusste ganz genau, dass Abendbrot eigentlich erst ein einer halben Stunde war - und die Hasen werden erst danach gefüttert. Das Zurückrufen war ein eiskalter Vorwand. Das war mir glasklar. Und ich fühlte sofort einen großen kalten unangenehmen Mix an Schuldgefühlen... ich war Schuld, dass sie von mir weggerufen wurde, sie bekam jetzt alles ab, was für mich bestimmt war.... es war das Schlimmste was er tun konnte. Er bestrafte sie für unserere Gemeinsamtkeit, anstatt mich am Kragen zu packen und mir eine reinzuhauen. Wirklich - wahrscheinlich wäre es gefühlsmäßig angenehmer gewesen, hätte er mich einfach in einem privaten Moment zusammengeschlagen. Stattdessen hat er sie bestraft. vor meinen Augen, es war schrecklich, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Kissen war vollgeweint und ich musste es waschen, ich schmiss meine Kuscheltiere in den Schrank - ich bin doch nur jemand, der es Kindern schwer macht. Wozu bin ich noch gut?
Die folgenden Tage waren nicht leichter - einmal kam sie, wurde wohl von ihrem Vater vorgeschickt, und musste mir vor Tränen beichten, dass wir nicht mehr spielen durften. Es schmerzte so sehr - weil ich spürte, wie sie Schuldgefühle in sich trug - sie dachte, sie wäre Schuld, sie hätte mich nie als Spielgefährte sehen dürfen und dafür bekam sie Ärger von ihrem Vater. Es zeriss mich - ich schaute ihr noch unter Tränen in die Augen und sagte, dass es mir Leid täte, ich sagte ich wäre Schuld, ich habe dir das alles eingebrockt, sage deinem Vater, dass ich keine Zeit mehr haben werde...
Ich muss sagen - mein Studium hat darunter gelitten, dass ich ständig an sie dachte und keinen Moment mit ihr verpassen wollte. Aber mein Studium leidet nun genauso darunter sie verloren zu haben.
Nur manchmal sehe ich sie noch fröhlich spielen mit ihren Freundinnen und fühle mich ein wenig erleichtert, aber einsam bleibe ich trotzdem.
Meine Wohnsituation hat sich wenig verändert. Ich grüße freundlich, aber kenne meine Mitbewohner kaum, jedenfalls weniger als ich sie je kennengelernt habe, zu den Zeiten in denen wir uns näher kennenlernten konnten, im Gras, auf der Wiese, auf unserem Lieblingsbaum auf dem wir spielen konnten - wir konnten alles sein, jede Erfahrunh war unwiederholbar und einzigartig, wir waren glücklich. Zumindest diese Erinnerung kann uns keiner nehmen - hoffe ich. Ich hoffe sie behält mich positiv in Erinnerung. Nicht als einen Fehler, als jemanden, den sie nicht hätte treffen dürfen, aber als einen guten Freund und Wegbegleiter. Und, wenn ich sie sehe, dann bin ich mir dessen sicher. Denn wir nicken und grinsen uns jedesmal kurz zu in all der vergangenen Erinnerung. Auch, wenn die Zeit, die wir miteinander teilen dürfen und können, nur das Vorübergehen ist, das kurze Sehen beim aneinander vorbeigehen, weiß ich, dass es eine gute Zeit war und immer bleiben wird. Das gibt mir ein wenig Hoffnung und Treibstoff zum Überleben.